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AhA: Warum brennt ein Docht nicht sofort ab?

Die Kerzen am Adventskranz sind angezündet, die erste von ihnen brennt schon seit drei Wochen. Natürlich nicht ununterbrochen, sondern immer mal wieder.

Die Kerzen am Adventskranz sind angezündet, die erste von ihnen brennt schon seit drei Wochen. Natürlich nicht ununterbrochen, sondern immer mal wieder. Ihr Docht macht das bereitwillig mit. In all den Stunden ist er nur unwesentlich kürzer geworden.

Der geflochtene Baumwollfaden ist die Seele der Kerze. Seine Dicke, Länge und Beschaffenheit entscheiden darüber, wie viel Wachs aufgesaugt wird, in der Hitze der Flamme verdampft und verbrennt. Er reguliert auch, wie viel Wachs im Teller der Kerze flüssig wird und somit als frischer Brennstoff zur Verfügung steht, um den Kreislauf aufrechtzuerhalten.

„Was bei einer Kerze verbrennt, ist das Wachs und nicht der Docht“, sagt Alfred Flint, Chemiedidaktiker an der Universität Rostock. „Der Docht dient dazu, das geschmolzene Wachs durch Kapillarkräfte nach oben zu ziehen. Das geschieht durch dieselben Kräfte, die dafür sorgen, dass sich ein Küchentuch mit Wasser vollsaugt.“

In der hohen Temperatur der Flamme verdampfen zunächst die Wachsmoleküle, lange Ketten aus Kohlenwasserstoffen. Anschließend werden sie in ihre Fragmente aufgespalten. Das heiße Gas breitet sich schnell aus. Bei Kontakt mit dem Sauerstoff der Luft reagieren kleine Kohlenwasserstoffeinheiten zu Kohlendioxid und Wasserdampf. Die dabei frei werdende Energie heizt die Flamme auf. Bei Temperaturen von rund 800 Grad Celsius verwandelt sich der Saum der Flamme in einen bläulich schimmernden Kelch.

Nah am Docht, wo es an Sauerstoff mangelt, ist die Temperatur etwa 200 Grad niedriger. Deswegen sollte der Docht gekrümmt sein. Nur dann reicht seine Spitze in die heißere Zone hinein, in der auch er bei Kontakt mit Sauerstoff ganz langsam von der Spitze her abbrennt. So wird der Docht peu à peu kürzer.

Steht er dagegen gerade, bildet sich an seinem Ende womöglich ein unschöner, schwarzer Klumpen. Dieser kann abfallen und bei schlanken Kerzen schlimmstenfalls einen Brand verursachen. Daher gilt das Flechten und Imprägnieren des Dochts als hohe Kunst.

Ein schlecht geflochtener Docht kann einknicken. Und wenn ihm nicht die richtigen anorganischen Substanzen beigemischt werden, glüht er nach dem Ausblasen der Kerze noch lange weiter. Dann löst sich der vorweihnachtliche Kerzenschein schnell in Rauch auf.

Eine Sammlung der „Aha-Kolumnen“ ist unter dem Titel „Wissenschaft im Strandkorb“ (160 S., 14 Euro 90) im Piper-Verlag erschienen.

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