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Reiseziel über Jahrtausende: Göbekli Tepe war vor 12.000 Jahren Pilger- und ist heute Touristenziel

© Deutsches Archäologisches Institut

Älteste Kultstätte der Welt: Göbekli Tepe - das türkische Stonehenge

In Göbekli Tepe graben deutsche und türkische Forscher die älteste Kultstätte der Welt aus. Mit einer Ausstellung in der türkischen Botschaft werden nun Ergebnisse präsentiert: Die türkische Pilgerstätte könnte bedeutender als Stonehenge oder Gizah werden.

Als der Mensch sesshaft wurde, hat er Schafe domestiziert und Ackerfurchen gezogen. Dann hat er gefeiert – mit einem Talent zum Monumentalen, das Forscher bisher nicht für möglich hielten. Der Fund der einzigartigen Kultstätte Göbekli Tepe, ältester Steintempel der Welt, lässt diesen Schluss zu.

Und entzückt die Fachwelt: „Was in Sanliurfa steht, fordert uns auf, die frühe Menschheitsgeschichte umzuschreiben“, sagt Friederike Fless, Präsidentin des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI). Seit 1995 erforscht das DAI das auf einem Bergzug nahe der südtürkischen Stadt Sanliurfa gelegene Göbekli Tepe. Nun präsentiert das Institut gemeinsam mit dem türkischen Kulturministerium eine Ausstellung über den Fortschritt der Ausgrabung in der türkischen Botschaft Berlin. Der Fund zeigt auf, welchen Einschnitt Göbekli Tepe für den bisherigen Wissensstand über die Jungsteinzeit bedeuten kann: Der Mensch war vermutlich viel früher weit entwickelt.

Göbekli Tepe entstand vor rund 12.000 Jahren als ein mit mehreren ovalen Kultstätten bebauter Wallfahrtsort. Rund 20 Anlagen hat das Forscherteam ausgemacht, sechs sind bereits ausgegraben. Die Untersuchungen zeigen, dass Göbekli Tepe keine Wohnstatt war, sagt Grabungsleiter Klaus Schmidt. Der „bauchige Hügel“, wie die türkische Übersetzung lautet, diente allein dem Ritus. So konserviert das Bergheiligtum „bedeutende und sehr frühe Zeugnisse einer hochentwickelten Kultur“, sagt Schmidt.

Göbekli Tepe könnte bedeutender werden als Stonehenge oder die Pyramiden

Riesige T-förmige Steinquader mit verzierten Tier- und Menschenreliefs bilden im Oval die Kultstätten, zwei freistehende Quader stehen zusätzlich in der Mitte. Die Reliefs lassen auf eine hochentwickelte Bildsprache schließen, meint Schmidt. Und freut sich über den perfekten Zustand der Quader: Die Kultstätten wurden nach längerer Nutzung mit Tierknochen und Feuersteinen aufgefüllt. In dem Ruinenhügel blieben die Räume so perfekt erhalten. In seiner Bedeutung steht Göbekli Tepe Orten wie Stonehenge, Troja oder den Pyramiden in nichts nach – und ist zudem gut 5000 Jahre älter als die anderen Ritusorte.

Der Archäologe Schmidt hat Göbekli Tepe durch Zufall im Oktober 1994 entdeckt, als er auf dem Hügel Pfeilspitzen entdeckte. Zunächst stand eine Ausgrabung außer Frage, an dem Ort wurde ein muslimischer Friedhof vermutet. Was sich als Falschdiagnose herausstellte, wurde zum Startschuss für eine lang angelegte deutsch-türkische Kooperation: Seit 20 Jahren graben Archäologen beider Länder gemeinsam an Göbekli Tepe, die Ausstellung in der Botschaft zeigt nun den Stand der Forschung zur Bedeutung der Kultstätte. „Der Ort hat eine Schlüsselfunktion in der Wandlung vom Wildhüter zum Bauern“, sagt Schmidt. Er sei eine „Schaltstelle der Geschichte“.

Im türkischen Kulturministerium ist man darauf sichtbar stolz. Zur Ausstellungseröffnung wurden Bildbände gedruckt, Grabungsleiter Schmidt wurde vom türkischen Kultusminister mit einem ziselierten Tee-Service beschenkt.

Das war nicht immer so: Türkische Behörden verwehrten andernorts in der Vergangenheit öfter Grabungsgenehmigungen oder ignorierten ihr historisches Erbe. Beim Empfang wies Schmidt denn auch auf das Schicksal von Nevali Cori hin. Die neolithische Siedlung wurde 1991 vom Atatürk-Staudamm überflutet.

In Göbekli Tepe üben sich beide Seiten in Einigkeit. „Wir versuchen die Gratwanderung zwischen Sichtbarmachung und Bewahrung“, sagt Schmidt. Bis Ende des Jahres soll ein Sonnensegel die freigelegte Grabung schützen – und für Touristen attraktiver machen.

Die Ausstellung ist Mo-Fr in der Türkischen Botschaft Berlin, Tiergartenstraße 19-21 zu sehen.

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