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Außengelände der Tönnies Lebensmittel GmbH & Co. KG in Rheda-Wiedenbrück Nordrhein-Westfalen. Rheda-Wiedenbrück Nordrhein-Westfalen Deutschland

© imago images/Kirchner

Update

7000 Menschen unter Quarantäne: Tönnies stoppt Schlachtbetrieb nach Corona-Ausbruch mit über 600 Infizierten

In einer Tönnies-Fleischfabrik gibt es einen erneuten Corona-Großausbruch. Das Unternehmen vermutet, osteuropäische Gastarbeiter hätten das Virus in den Betrieb gebracht.

Wegen des Corona-Ausbruchs ist der Schlachtbetrieb bei Tönnies in Rheda-Wiedenbrück gestoppt. Die Schlachtungen seien bereits am Mittwochmittag eingestellt worden, nun würden weitere Bereiche nach und nach heruntergefahren, teilte das Unternehmen mit. Wie lange der Produktionsbereich geschlossen bleibe, müssten die Behörden nach Lage entscheiden

Inzwischen seien wohl bereits 675 Infektionen bestätigt worden. Weitere Ergebnisse stünden auch noch aus. Über 7000 Personen würden unter Quarantäne gestellt. Die Zeitungen „Westfalen-Blatt“ und „Neue Westfälische“ hatten zuvor darüber berichtet.

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Am Nachmittag gaben der Kreis und die Firma Tönnies eine gemeinsame Pressekonferenz. Das NRW-Gesundheitsministerium kündigte zudem an, im Gesundheitsausschuss des Landtages ausführlich zu informieren. Am Dienstag hatte das Unternehmen von 128 positiv auf das Virus getesteten Mitarbeitern gesprochen und Maßnahmen zugesagt, die Ausbreitung einzudämmen.

Die Gesundheit der Mitarbeiter habe oberste Priorität, sagte Dr. Vielstädte von Tönnies. Er entschuldigte sich im Namen der Firma für den Ausbruch und hoffe, „das Virus aus dem Betrieb zu halten.“ Die Schlachtung wurde gestoppt, der Betrieb wird weiterhin heruntergefahren.

400 Getestete hätten wenig Symptome gezeigt

Was konkret den Vorfall ausgelöst habe, konnten der Firmenvertreter nicht nennen. Er fügte hinzu, die vorwiegend osteuropäischen Werkarbeiter könnten das Virus bei langen Wochenendaufhalten in ihrer Heimat in das Werk hineingetragen haben. Trotz intensiver Testungen, auch aufgrund der neu erlassenen Reisefreiheit, konnte man einen neuen Infektionsherd nicht verhindern. „Eine Erkenntnis ist sicherlich, dass sich das Virus in gekühlten Räumen schneller ausbreitet“. Von den 400 positiv getesteten Mitarbeitern hätten nur wenige auffällige Symptome gezeigt.

Der Kreis Gütersloh kündigte am Mittwochnachmittag an, alle Schulen und Kitas bis zu den Sommerferien zu schließen. Auch der FC Gütersloh stellte seinen Trainingsbetrieb vorläufig ein, meldete Radio Gütersloh. Auch die Postfilialen in Herzebrock-Clarholz und Oelde sollen geschlossen werden, da dort viele Tönnies-Mitarbeiter ein- und ausgehen. Auch die #BlackLivesMatter-Demonstration soll abgesagt werden.

In den gekühlten Räumen sei die Übertragung offensichtlich höher, sagte ein Unternehmenssprecher.
In den gekühlten Räumen sei die Übertragung offensichtlich höher, sagte ein Unternehmenssprecher.

© imago images/teutopress

Scharfe Kritik übte die oppositionelle SPD im Landkreis Gütersloh. Man sehe sich in seiner zuletzt geäußerten Skepsis bestätigt, wird die SPD-Fraktionsvorsitzende Liane Fülling von der „Neuen Westfälischen Zeitung“ zitiert. Sie frage sich, wieso man erst Dienstag mit den Testungen wieder angefangen habe. Zudem äußerte sie den Verdacht, CDU-Landrat Sven-Georg Adenauer habe sich von den Tönnies-Vertretern „einlullen“ lassen. Sie bezweifle, dass die Verhinderung eines Shutdown für den Kreis noch möglich sei.

Bei einem großangelegten Coronavirus-Reihentest durch die Gesundheitsbehörden nach einem Ausbruch in einer Fleischfabrik im Kreis Coesfeld im Mai waren bei Tönnies zunächst nur wenige Fälle festgestellt worden.

Nach Unternehmensangaben wurde allerdings bei späteren Tests ein Infektionsherd identifiziert. Obwohl alle Kontaktpersonen vorsorglich in Quarantäne geschickt worden seien, habe es weitere Infektionen in dem Schweinefleisch-Zerlegebetrieb gegeben.

Auch NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) stellte sich hinter den Betrieb. Auf die Frage eines Journalisten, was der Fall Tönnies über die Lockerungen der vergangenen Wochen sage, antwortete er: „Nichts. Das sind Bulgaren und Rumänen, die eingereist sind. Wir können lokal reagieren.“

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Der Landrat des Kreises Gütersloh, Sven-Georg Adenauer, zeigte sich schockiert über den sprunghaften Anstieg: „Die Firma muss ihre Produktion runterfahren, soweit es eben geht“, sagte der CDU-Politiker der „Neuen Westfälischen“. Jetzt gelte es zu schauen, wo die Betroffenen und ihre Kinder untergebracht seien.

Im Kreis Gütersloh stieg die Sieben-Tages-Inzidenz am Montag bereits auf 25,3 an. Das heißt: Es gibt 25,3 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner. Ab 50 Neuinfektionen auf 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen würden bisherige Lockerungen teilweise wieder aufgehoben werden. (dpa, Tsp)

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