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Das Weltraumteleskop Hubble.

© NASA

30 Jahre Hubble: Das Weltraumteleskop änderte den Blick auf die Welt

Vor 30 Jahren startete das Weltraumteleskop Hubble – mit gehörigen Schwierigkeiten. Eine Würdigung zum Geburtstag.

Jedes Forschungsgerät steht unter Rechtfertigungsdruck: Sind die Millionen oder gar Milliarden an Steuergeld es wert, hierfür investiert zu werden? Gerade in der Grundlagenforschung, die Anwendungen eher „nebenbei“ hervorbringt – man denke etwa an W-Lan – , ist der Nutzen schwer zu beziffern.

Mit diesem Druck waren auch die Projektverantwortlichen des Weltraumteleskops „Hubble“ konfrontiert. Sie hatten Pech, nach erheblichen Verzögerungen und steigenden Kosten mussten sie ein Fiasko verkünden: Das Teleskop liefert nur unscharfe Bilder.

Seit 1993 kann Hubble auch scharf sehen

Heute, 30 Jahre nach dem Start, sieht es ganz anders aus. Dank einer Reparatur im All im Jahr 1993 kann Hubble scharf sehen. Mithilfe der Bilder gelangen Astronominnen und Astronomen zahlreiche Entdeckungen.

Nicht nur die Fachwelt ist begeistert, Hubbles Bilder erreichen Millionen Menschen, zeigen ihnen die Schönheit des Nachthimmels, der an vielen Orten der Erde infolge der Lichtverschmutzung kaum noch zu sehen ist, regen zum Träumen an und werfen philosophische Fragen auf nach dem Woher und Wohin.

Ein Klassiker unter den Hubble-Fotos: "Mystic Mountain", eine Säule aus Gas und Staub, drei Lichtjahre hoch, im "Carina-Nebel". Ein Blick in ein sehr aktives Sternentstehungsgebiet.
Ein Klassiker unter den Hubble-Fotos: "Mystic Mountain", eine Säule aus Gas und Staub, drei Lichtjahre hoch, im "Carina-Nebel". Ein Blick in ein sehr aktives Sternentstehungsgebiet.

© NASA7ESA/Hubble SM4 ERO Team

Die Idee eines Weltraumteleskops ist fast 100 Jahre alt. Bereits 1923 hatte sie Hermann Oberth in seinem Buch „Die Rakete zu den Planetenräumen“ aufgeworfen. Der US-Astrophysiker Lyman Spitzer griff sie 1946 wieder auf und formulierte drei Hauptargumente.

Ideen zu Weltraumteleskopen gibt es seit fast 100 Jahren

Unsere Atmosphäre „schluckt“ einen großen Teil bestimmter Wellenlängen wie UV-Licht oder Infrarotstrahlung, ein Teleskop im All kann auch diese erfassen. Da oben gibt es keine „Seeing“-Effekte, also das scheinbare Flackern der Sterne durch Luftunruhe, was zu unscharfen Bildern führt. Und überhaupt würde ein Weltraumteleskop unabhängig vom Wetter arbeiten können.

Benannt nach Edwin Hubble

Erst Mitte der Siebzigerjahre einigen sich Nasa und Esa, es gemeinsam anzugehen. 1983 wird es benannt nach Edwin Hubble; er hatte gezeigt, dass sich das Universum immer weiter ausdehnt. 1985 ist das Weltraumteleskop endlich fertig.

Es ist ein gewaltiger Trumm geworden, 13 Meter lang, 11 Tonnen schwer. Mit dem Spaceshuttle soll er in eine erdnahe Umlaufbahn gelangen. Nachdem sich 1986 die „Challenger“-Katastrophe ereignet, bleiben die Shuttles zwei Jahre am Boden. Am 24. April 1990 hebt schließlich die „Discovery“ mit dem Teleskop in der Ladebucht ab.

Dieses Bild zeigt Galaxien, die bis zu zehn Millionen Jahre alt sind.
Dieses Bild zeigt Galaxien, die bis zu zehn Millionen Jahre alt sind.

© NASA7ESA/H. Teplitz/M. Rafelski/A. Koekemoer/R. Windhorst/Z. Levay

Die Erwartungen sind gewaltig. Hubble soll elektromagnetische Wellen vom UV-Bereich über sichtbares Licht bis hin zu Infrarotstrahlung aufnehmen. Auf der Beobachtungsliste steht praktisch alles, was der Kosmos zu bieten hat: Sterne, Nebel, Galaxien, Schwarze Löcher in allen erdenklichen – und hoffentlich erkennbaren – Entfernungen.

Die ersten Bilder von Hubble enttäuschten

Doch die ersten Bilder enttäuschen, sie sind unscharf. Als Ursache stellt sich heraus, dass der 2,4 Meter große Hauptspiegel nicht perfekt geschliffen war. Der Rand war um eine fünzigstel Haaresbreite zu flach.

Welch ein Drama: Weil für den Spiegel neue Fertigungsmethoden verwendet wurden, hatte die Nasa einen Reservespiegel herstellen lassen. Der war jedoch auf dem Boden geblieben, da der Fehler zu spät entdeckt wurde. Für die Wartung von Hubble waren ohnehin weitere Shuttleflüge vorgesehen.

Ein einzigartiger Datenschatz für die Forschung

Nun diskutieren die Verantwortlichen, ob bei der nächsten Mission die Spiegel getauscht werden. Das wird verworfen, zu aufwendig. Stattdessen montieren Astronauten Ende 1993 ein Korrektursystem, das endlich hochwertige Bilder ermöglicht.

Der Pferdekopfnebel. Aufgenommen im nahen Infrarot. Damit sind Einblicke in stellare Nebel und deren innere Struktur möglich.
Der Pferdekopfnebel. Aufgenommen im nahen Infrarot. Damit sind Einblicke in stellare Nebel und deren innere Struktur möglich.

©  NASA/ESA/Hubble Heritage Team

Für die Forschung sammelt Hubble einen einzigartigen Datenschatz. Schon 1994 verfolgte Hubble, wie der Komet „Shoemaker-Levy 9“ in Jupiter einschlug und lieferte Bilder von ungekannter Qualität.

Anhand der Aufnahmen von veränderlichen Sternen vom Typ der Cepheiden, deren Helligkeit regelmäßig schwankt, haben Wissenschaftler die beschleunigte Ausdehnung des Universums mit großer Genauigkeit ermittelt. Der Wert liegt übrigens deutlich über dem theoretisch berechneten, was neue Fragen für die Forschung aufwirft.

Hubble macht extrem entfernte Galaxien sichtbar

Weiterhin hat Hubble Bilder von Staubscheiben an zahlreichen jungen Sternen gemacht. Schon lange hatten Astronomen vermutet, dass Planetensysteme wie unser Sonnensystem aus einer solchen Scheibe heraus entstehen. Die Belege lieferte das Weltraumteleskop.

Krebsnebel. In beeindruckender Detailschärfe ist dieser Nebel in 6500 Lichtjahren Entfernung zu sehen. Das Bild besteht aus 24 Einzelaufnahmen.
Krebsnebel. In beeindruckender Detailschärfe ist dieser Nebel in 6500 Lichtjahren Entfernung zu sehen. Das Bild besteht aus 24 Einzelaufnahmen.

© d

Mittels Langzeitbeobachtungen in scheinbar sternenlosen Regionen hat Hubble extrem weit entfernte Galaxien sichtbar gemacht. Manche davon sind 400 bis 600 Millionen Jahre nach dem Urknall entstanden.

Inzwischen hat das Teleskop Alterserscheinungen

Für die breite Öffentlichkeit wurde Hubble „unser Auge im All“. Fantastische Aufnahmen von Galaxienhaufen, solaren Nebeln oder Planeten wurden und werden in Magazinen, Zeitungen und Online-Beiträgen veröffentlicht. Unter www.hubblesite.org gibt es zahlreiche Bilder, die man herunterladen kann, oft um anschauliche Erklärungen ergänzt.

Das Teleskop selbst hat so einige Alterserscheinungen. Seitdem die Spaceshuttles 2011 außer Dienst gestellt wurden, gibt es kein Raumfahrzeug mehr, um Menschen zu dem Teleskop zu bringen.

Ein Blick auf den Jupiter, eine der jüngsten Hubble-Aufnahmen (2019). Gestochen scharf erscheint der „Große Rote Fleck“. Ein Sturm etwa so groß wie unsere Erde.
Ein Blick auf den Jupiter, eine der jüngsten Hubble-Aufnahmen (2019). Gestochen scharf erscheint der „Große Rote Fleck“. Ein Sturm etwa so groß wie unsere Erde.

©  NASA/ESA/A. Simon/M. H. Wong

Seitdem heißt es Daumen drücken, dass es weiter hält. Bisher konnten Probleme, etwa mit Gyroskopen, die zur Lageregelung dienen, gelöst werden. Offiziell will die Nasa bis Juni 2021 den Betrieb des Teleskops sicherstellen, eine Verlängerung ist nicht ausgeschlossen.

Technisch wird Hubble noch gut zehn Jahre am Himmel bleiben. Aktuell ist die Umlaufbahn 540 Kilometer über der Erde, doch die dünne Restatmosphäre bremst, wodurch die Höhe abnimmt. Entweder das Teleskop wird mithilfe eines Raumschiffs nochmals angehoben oder das Schiff wird genutzt, um Hubble gezielt zum Absturz zu bringen.

Über einen Nachfolger von Hubble wird seit langem diskutiert

Über einen Nachfolger für Hubble wird seit den Neunzigerjahren diskutiert – im üblichen Spannungsdreieck zwischen Ansprüchen der Wissenschaft, technischer Machbarkeit und den finanziellen Ressourcen.

2015 begann die Endfertigung des „James Webb Space Telescope“, benannt nach einem früheren Nasa-Administrator. Markant ist der 6,5 Meter große Hauptspiegel, der aus 18 Elementen besteht. Das JWST soll vor allem Infrarotastronomie betreiben, diese Form der Strahlung eignet sich besonders, um die Entstehung von Sternen, Planeten und Galaxien zu untersuchen. Das Teleskop soll noch weiter ins All, noch näher an den Anfang des Universums schauen können – in eine Zeit bis rund 200 Millionen Jahre nach dem Urknall.

Neuer Blick auf Saturn. In Falschfarben dargestellt ist die reflektierte Infrarotstrahlung. So erschließen sich den Forschern Details zur Atmosphäre Saturns.
Neuer Blick auf Saturn. In Falschfarben dargestellt ist die reflektierte Infrarotstrahlung. So erschließen sich den Forschern Details zur Atmosphäre Saturns.

©  E. Karkoschka/NASA/ESA

Auch bei diesem Großgerät gab es teils erhebliche Verzögerungen und Kostensteigerungen. Aktuell stehen rund neun Milliarden Dollar auf der Rechnung, die von der Nasa, der Esa und der kanadischen Raumfahrtagentur in unterschiedlichen Anteilen getragen werden.

Offiziell soll JWST im März 2021 starten

Damit ist JWST in der gleichen Größenordnung wie Hubble. Offiziell wird noch der März 2021 als Starttermin geführt. Ob der im Zusammenhang mit der Coronavirus-Krise, wo viele Einrichtungen geschlossen oder heruntergefahren werden, zu halten ist, bleibt fraglich., zu halten ist, bleibt fraglich.

Eine Anfrage des Tagesspiegels hierzu hatte das Nasa-Hauptquartier kürzlich nur ausweichend beantwortet. Kleiner Lichtblick: Ostern wurde der Test zum Auffalten des Hauptspiegels erfolgreich abgeschlossen. Eines Tages wird das JWST endlich startklar sein.

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