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Prospektion mit dem Georadar. Im Hintergrund die Fassade des ersten eigenständigen Gebäudes des Instituto di Corrispondenza Archeologica von 1836 mit dem Terrakottagiebel des Bildhauers Emil Wolff (1802–1879).

© Foto B. Ullrich, Eastern Atlas.

190 Jahre Deutsches Archäologisches Institut: Europäisch von Beginn an

Das DAI gräbt in Rom auf dem Kapitol seine eigene Geschichte aus

Das Deutsche Archäologische Institut (DAI) ist inzwischen so alt, dass es nach seiner eigenen Geschichte graben kann. Als am 21. April 1829 in Rom ein illustrer Kreis von europäischen Wissenschaftlern, Künstlern und Diplomaten mit der Gründung des Instituto di Corrispondenza Archeologica den Grundstein für das spätere Deutsche Archäologische Institut legte, hätte niemand gedacht, dass später einmal ihre Nachfahren auf dem kapitolinischen Hügel in Rom die eigene Geschichte ausgraben würden.

Gegründet wurde das Institut, um das Wissen über das Altertum zu diskutieren, Artefakte zu sammeln und eine große Bibliothek anzulegen. Mit dem internationalen Austausch und den internationalen Kontakten prägte das Institut von Beginn an die Arbeitsweise des DAI bis heute. So entstand ein einzigartiges wissenschaftliches Institut für Altertumskunde, das es bisher in dieser Form auf der Welt nicht gab. „Das Institut war sehr bedeutend für die Genese der Archäologie als wissenschaftlicher Disziplin“, bemerkt dazu Ortwin Dally, der heute die Abteilung Rom des DAI leitet.

Maßgeblich an der Gründung beteiligt war unter anderem der preußische Botschaftssekretär beim Heiligen Stuhl Christian Karl Josias von Bunsen. Schon 1817 hatte er für den Sitz der preußischen Gesandtschaft beim Heiligen Stuhl von der in Finanznot geratenen alteingesessenen Familie Caffarelli Räume für die Gesandtschaft in ihrem Palazzo auf dem Kapitol gemietet.

Von Bunsen hatte rasch Schritte hin zu einer Inbesitznahme des weitläufigen Geländes auf der Südhälfte des Kapitols durch Preußen eingeleitet und nicht nur eine Gesandtschaftskapelle im Palazzo Caffarelli, sondern auch 1836 ein protestantisches Krankenhaus und direkt daneben das erste eigene Institutsgebäude, die Casa Tarpea in Form eines kleinen Tempels mit einem Terrakottagiebel bauen lassen. Hinter diesem schmucken, noch heute erhaltenen Vorraum für die Sammlungsobjekte befand sich eine langgestreckte Bibliothek, auch das zu dieser Zeit einmalig auf der Welt. Die Archäologie sollte sich erst flächendeckend in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als wissenschaftliche Disziplin an den Universitäten entwickeln. Die Zentrale des Instituts war bereits 1833 nach Berlin verlegt worden.

"Urmutter der anderen deutschen Institute in Rom"

„Das DAI ist so etwas wie die die Urmutter der anderen deutschen Institute in Rom!, erzählt Dally, „dazu gehören die Bibliotheca Hertziana für die Kunsthistoriker, die Villa Massimo für die Künstler und das Deutsche Historische Institut.“ Als nach der Reichseinigung 1871 auch die deutsche Botschaft im noch jungen Nationalstaat Italien auf dem Kapitol über dem ehemaligen Jupiterheiligtum, dem Staatsheiligtum des alten Rom, residierte und die deutsche Fahne weithin sichtbar wehte, war die Dominanz allgegenwärtig. 1877 bezog das Institut, das 1874 in Kaiserlich-Deutsches Archäologisches Institut umbenannt und dem Auswärtigen Amt unterstellt wurde, einen neuen größeren Bau auf dem Kapitol. Im Ersten Weltkrieg mussten alle deutschen Institutionen mit dem Kriegseintritt Italiens 1915 den Kapitol-Hügel verlassen. Unter Mussolini wurde in der ehemaligen preußischen Gesandtschaftskapelle ein Museum des Faschismus, das Museo Mussolini eingerichtet und der Bibliotheksflügel des ersten Instituts abgerissen, um einem Garten im Stil der Zeit zu weichen.

„Es ist eine große Ehre für uns, dass die italienischen Kollegen der Sovrintendenza Capitolini al Beni Culturali nun die südliche Kapitolhälfte neu erforschen wollen und uns angeboten haben, daran mitzuwirken, was nicht selbstverständlich ist“, bemerkt Dally. Heute gehe es darum, die Topografie des Heiligtums des Jupiter Optimus Maximus zu erforschen. Das schließt Untersuchungen zum Jupitertempel, zum Palazzo Caffarelli und zu den Institutsgebäuden ein.

„Wir tragen jetzt die Spuren von Mussolinis Garten ab und haben dort ziemlich schnell die Mauern der Bibliothek unseres ersten Institutsgebäudes gefunden“, sagt Dally. Unter der Bibliothek stießen die Archäologen auf ein gewaltiges Fundament eines weiteren Tempels aus dem Heiligtum sowie auf ein riesiges Depositum mit über 2000 Dachterrakotten. „Das war eine Riesenüberraschung. Sie gehören zu Bauten, die abgetragen und vermutlich rituell bestattet wurden“, sagt Dally. Jetzt gehe es darum, die Dachterrakotten einzelnen Bauten zuzuordnen. Die Italiener haben in der ehemaligen preußischen Kapelle den Fußboden herausgenommen und darunter den Jupitertempel freigelegt. Gesteinsproben sind entnommen worden, um zu prüfen, ob die Steine des Tempels nicht aus der Umgebung stammen könnten, was die Bedeutung des Tempels erhöhen würde. Mit der Arbeit auf dem kapitolinischen Hügel wird die Abteilung Rom neben weiteren Grabungen in Italien, Tunesien und Algerien die nächsten zehn bis fünfzehn Jahre beschäftigt sein.

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