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Online oder im geschmückten Geschäft? Der Weihnachtseinkauf wird sich in diesem Jahr verändern.

© imago images/Arnulf Hettrich

Zwischen neuen Rekorden und Insolvenzen: Das Corona-Weihnachtsgeschäft treibt die Spaltung des Handels auf die Spitze

245 Euro wollen die Deutschen für Geschenke ausgeben. Damit dürfte der Weihnachtsumsatz steigen - doch nicht für alle Händler. Grüne fordern einen Krisengipfel.

Auf der ersten Blick sieht es so aus, als habe der zweite Lockdown den Einzelhandel verschont. Anders als Restaurants, Hotels und beispielsweise Fitnessstudios dürfen Geschäfte geöffnet bleiben, hatten die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten in der vergangenen Woche entschieden. Der Handelsverband Deutschland (HDE) blickt dennoch äußerst skeptisch auf das kommende Weihnachtsgeschäft voraus. „Die Politik appelliert an die Kunden, zuhause zu bleiben“, kritisierte Hauptgeschäftsführer Stefan Genth am Donnerstag. „In der Folge können die Geschäfte mit Blick auf extrem sinkende Kundenfrequenzen vielerorts nicht mehr überleben.“

Dabei geben die Kunden in diesem Jahr voraussichtlich nicht unbedingt weniger Geld für Geschenke aus. Insgesamt rechnet der Verband mit einem Umsatzplus von 1,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. 104 Milliarden Euro geben die Verbraucher demnach im Weihnachtsgeschäft aus. Viel mehr wird diese Zugewinn die Kluft im Handel noch weiter verstärken: Zwischen einzelnen Branchen ebenso wie zwischen Online- und Offline-Geschäft. Die Weihnachtsumsätze im Online-Handel werden nach HDE-Prognose nämlich um 19 Prozent auf dann über 17 Milliarden Euro zulegen.

Eine Umfrage des Verbandes unter stationären Händlern zeichnete hingegen ein anderes Bild. So rechnen über 80 Prozent der Geschäfte in Innenstadtlage aufgrund des Teil-Lockdowns mit einem Sinken der Kundenfrequenz. Sogar in Hauptgeschäftslagen gehen 76 Prozent der Händler von deutlichen Umsatzeinbußen aus. „Die Kunden kaufen auch in der Coronakrise Geschenke, sie shoppen, aber deutlich mehr online und gehen seltener in die Innenstädte“, kommentiert Genth.

Probleme beim Modehandel

Die Konsumtrends der Coronazeit werden sich laut der Umfrage auch in der Weihnachstzeit fortschreiben. So rechnen etwa Möbelhändler, Baumärkte und der Lebensmittelhandel mit guten Geschäften. Ganz anders sieht es etwa beim Modehandel aus. 89 Prozent der Bekleidungshändler gehen davon aus, in dieser Weihnachtssaison weniger umzusetzen als im Vorjahr. Bei Schuh- und Lederwaren sagen das sogar 97 Prozent und auch Spielwaren- und Kosmetikhändler rechnen mit deutlich schlechterem Absatz. Die Lage für den Bekleidungshandel sei „sehr dramatisch“, sagte auch der Präsident des Handelsverbandes Textil (BTE), Steffen Jost. In den ersten Tagen des Lockdowns seien von den Geschäften Umsatzeinbrüche von bis zu 80 Prozent gemeldet worden.

Für einige Branchen ist der Lockdown gerade zu dieser Jahreszeit existenzbedrohend. So machen etwas Buchhändler knapp ein Viertel ihres Jahresumsatzes in den Monaten November und Dezember. Auch bei Uhren, Schmuck, Unterhaltungselektronik, Kosmetik und Spielwaren wird mehr als ein Fünftel in der Vorweihnachtszeit erwirtschaftet.

245 Euro pro Jahr für Geschenke

Genth forderte deshalb die Bundesregierung auf, ihr aktuelles Nothilfeprogramm für geschlossene Gastronomie- und Hotelbetriebe auch für Einzelhändler zu öffnen und die Schwelle für den Bezug von Überbrückungshilfen durch den Einzelhandel zu senken. Zudem müsse im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) klargestellt werden, dass eine Pandemie-Lage ein Grund für Mietminderung sein kann.

Im Schnitt wollen die Deutschen in diesem Jahr etwa 245 Euro pro Kopf für Weihnachtsgeschenke locker machen, hat der HDE berechnet. Geschenkidee Nummer eins bleibt der Gutschein, gefolgt von Spielwaren, Büchern und Schreibwaren. Der Gutschein bietet dabei auch eine Gelegenheit, auch temporär geschlossene Geschäfte und Restaurants zu unterstützen. Für das Jahr 2020 insgesamt rechnet der HDE mit einem Umsatzanstieg von 1,5 Prozent auf rund 552 Milliarden Euro. Dennoch können als Folge der Corona-Pandemie bis zu 50.000 Einzelhandelsstandorte in den Innenstädten verloren gehen, so eine Schätzung des Verbandes.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte sich erst vor wenigen Wochen mit Handelsvertretern, darunter auch dem HDE, getroffen und Strategien zur Stärkung der Innenstädte besprochen. So sollen in den kommenden Wochen Konzepte und Hilfsstellungen von öffentlicher Seite entwickelt werden. Bei der Digitalisierung soll Händlern mit rund 100 Millionen Euro geholfen werden.

Die Grünen fordern angesichts der dramatischen Entwicklung infolge der Coronkrise einen erneuten Innenstadt-Krisen-Gipfel. In einem Antrag, der am Freitag im Bundestag beraten werden soll, sprechen sie sich zudem dafür aus, den Immobilien- und Bodenkaufs durch Kommunen zu fördern. Ein Städtebau-Notfallfonds in Höhe von 500 Millionen Euro soll nach den Vorstellungen der Abgeordneten den Städten die Möglichkeit geben, innovative Konzepte unter Mitwirkung der Bevölkerung zu entwickeln, gezielt leerstehende Immobilien anzukaufen und die Ansiedlung gemeinnütziger Institutionen zu fördern. Für das diesjährige Weihnachtsgeschäft kommen diese Initiativen allerdings zu spät.

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