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Eine Pause am Gründonnerstag könnte Industriekonzerne Milliarden kosten.

© REUTERS

Zwangspause schürt Zukunftsängste: So reagiert die Wirtschaft auf Lockdown und Ruhetage

Händler und Hoteliers sind verzweifelt - trotz neuer Hilfen. Die Industrie fürchtet Milliardenkosten, sollten die Maschinen an Gründonnerstag ruhen.

Von Carla Neuhaus

Natürlich seien die Maßnahmen für manche bitter, sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) am Dienstag. Dennoch sei die Verlängerung des Lockdowns richtig: „Wir müssen jetzt die dritte Welle brechen, bevor sie ihren Höhepunkt erreicht.“ Betrieben, die nun weitere Wochen auf die Öffnung warten müssen, stellte Altmaier zusätzliche Finanzhilfen in Aussicht. Über die Details werde in den kommenden Tagen entschieden. „Wir wollen, dass diese Unternehmen eine wirtschaftliche Perspektive haben“, sagte Altmaier.

Daran aber haben etliche Betriebe inzwischen Zweifel. „Mit diesen Beschlüssen sind wir nun endgültig im freien Fall“, sagte Uwe Mazura, der Hauptgeschäftsführer der deutschen Textil- und Modeindustrie. Vom Handelsverband heißt es: „Die Politik hat sich mit diesem Beschluss leider von der Lebensrealität der Menschen entfernt.“ Der Verband warnt vor einer „Pleitewelle“ und forderte, dass die zugesagten zusätzlichen Hilfen rasch kommen. „Wenn die Bundesregierung dieses Mal nicht schnell und passgenau liefert, ist es für bis zu 120000 Geschäfte zu spät.“ Auch im Gastgewerbe wachsen „Verzweiflung und Zukunftsängste“, wie Dehoga-Präsident Guido Zöllick erklärte. Mehr als 70 Prozent der Betriebe bangten inzwischen um ihre Existenz.

Die Industrie warnt vor "irreparablen Schäden"

Selbst aus der Industrie, die bisher vergleichsweise gut durch die Krise gekommen ist, kommt Kritik. „Die Sorge in der Breite der Wirtschaft vor langanhaltenden, irreparablen Schäden wächst“, sagte BDI-Präsident Siegfried Russwurm. Er zeigte wenig Verständnis, Teile der Wirtschaft noch länger herunterzufahren: „Wir können nicht einen Lockdown verkünden und gleichzeitig ungenutzte Impfstoffe in Kühlschränken aufbewahren.“

Verspricht neue Hilfen: Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier.
Verspricht neue Hilfen: Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier.

© dpa

Neben der Verlängerung des Lockdowns hat die Bundesregierung der Wirtschaft auch eine Zwangspause über Ostern verordnet. Gründonnerstag soll ein zusätzlicher Ruhetag wären. Das trifft nicht nur die Supermärkte sondern auch die produzierenden Betriebe. Die Maschinenbauer warnen vor einem Produktionsstopp am Tag vor Karfreitag. Das stelle die Firmen vor „große organisatorische Herausforderungen“. Für den einzelnen Betrieb bedeutet das: Arbeitspläne müssen umgeworfen werden, Maschinen angehalten und Kunden womöglich vertröstet werden. Gerade für weltweit vernetzte Betriebe ist ein zusätzlicher Tag Stillstand ein Problem: „International tätige Industrieunternehmen kann man nicht mal eben nach Belieben an- oder ausschalten“, heißt es bei den Verbänden der deutschen Möbelindustrie. Wie sie fürchten auch andere Branchen immense Kosten. Allein die Metall- und Elektroindustrie rechnet vor, dass sie ein zusätzlicher freier Tag rund 4,45 Milliarden Euro Umsatz und etwa eine Milliarde für trotzdem gezahlte Löhne kosten würde.

Gleichzeitig sind auch für die Betriebe noch viele Fragen offen. Was ist zum Beispiel mit Angestellten, die derzeit im Homeoffice arbeiten? Sollen auch sie frei bekommen, wie es sich zum Beispiel Ministerpräsident Winfried Kretschmann für Baden-Württemberg vorstellt? Und was ist etwa im Pflegern oder Krankenschwestern, die dennoch arbeiten müssen? Bekommen sie dann einen Feiertagszuschlag? All das müssen die Länder klären. Carla Neuhaus (mit dpa, AFP)

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