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Zurück zur Natur: Es darf gepflanzt werden. Wer es klug angeht, trägt zum Umweltschutz bei.

© Cornelia Pithart/ Getty Images, iStockphoto

Zurück zur Natur: So pflanzen Sie nachhaltig

Die Gartensaison ist eröffnet: Es darf gepflanzt werden. Wer es klug angeht, trägt zum Umweltschutz bei.

Von Maris Hubschmid

Hornveilchen oder Osterglocke? Flieder oder Schwarzkirsche? In deutschen Gartencentern werden dieser Tage Entscheidungen von großer Tragweite getroffen. Der Frühling hat begonnen, und wer keine Zeit hat, in die Natur zu fahren, holt sich die Natur nach Hause. Dabei hält der Trend zum Gärtnern nun schon seit mehreren Jahren an: Mehr als acht Milliarden Euro gaben die Deutschen vergangenes Jahr für Blumen und Grünpflanzen aus, das waren durchschnittlich 107 Euro pro Person. Laut dem Marktforschungsunternehmen GfK sind die Ausgaben privater Haushalte für den Garten damit noch mal um 1,9 Prozent gestiegen.

Woher die Lust am Gärtnern kommt

In einer Welt, in der viele Menschen in Räumen und an Bildschirmen arbeiten, gewinnen kleine Oasen an Bedeutung, sagt Biopsychologe Peter Walschburger. „Blumen sind kostbar, auch weil sie einen Kontrast zum Alltag darstellen.“ Viele Berufe sind so abstrakt geworden, dass es keine Beziehung zum Ergebnis der Tätigkeit gibt. Wer gärtnert, sieht das Produkt seiner Arbeit. „Händler zielen genau auf diese Sehnsucht ab“, erklärt Doreén Pick von der Hochschule Merseburg. Zum Beispiel mit Werbespots, in denen Menschen geradezu wollüstig im Garten wühlen und eine Stimme sagt: Du lebst.

Hauptsache essbar

Doch auch in einer immergrünen Branche gibt es Trends. Aktuell sind das laut dem Verband deutscher Gartencenter zum Beispiel Hochbeete. Gerade auf dem stark begrenzten Raum eines Stadtbalkons ermöglichen die mehrgeschossigen Pflanzregale üppige Blumenpracht und Pflanzvielfalt. Wer in der Stadt den Luxus eines Gärtchens hat, findet im Handel eine große Auswahl an jungen Bäumen, denn die Nachfrage nach Pflanzen, an denen man lange Freude hat, steigt. Ob Kugelbirke oder Weißbuche: Jetzt ist die richtige Zeit, sie zu setzen. Besonders populär sind Obstbäume von Apfel bis Zwetschge. Bei Hellweg in der Schöneberger Yorckstraße preisen Plakate Beerenobst als Pflanze des Monats an. Nutzpflanzen nehmen auch wegen des gestiegenen Ernährungsbewusstseins einen immer größeren Stellenwert in deutschen Gärten ein.

Herbert Lohner vom Naturschutzbund BUND empfiehlt, verstärkt heimische und historische Sorten zu berücksichtigen. Die gedeihen nicht nur ideal unter hiesigen Bedingungen, sie tragen auch zur Erhaltung der Artenvielfalt bei. Und unterstützen die regionale Wirtschaft: Baumarkt- und Discounterware wird häufig aus den Niederlanden, Italien, Belgien und Spanien importiert. Wer Pflanzen direkt bei der Gärtnerei bezieht, bekomme oft robustere, weiter entwickelte Exemplare, heißt es beim Branchenverband, und verbessere nicht zuletzt durch den geringen Transportweg die Chancen, dass sie schnell Wurzeln schlagen.

Per Klick zur Kletterrose

Rasant gedeihen inzwischen allerdings auch die Umsätze im Internet. „15 Prozent aller Ausgaben im Garten-Markt werden mittlerweile online getätigt“, sagt Christian Koch von der GfK. Konnte sich vor zehn Jahren wohl kaum einer vorstellen, Primeln über das Internet zu bestellen, sind Verpackungssysteme und Logistik inzwischen so ausgefeilt, dass viele Konsumenten die Warenauswahl und den Komfort bei Online-Käufen zu schätzen wissen. Vor allem, wenn es bedeutet, dass man den 70-Kilo-Sack Erde nicht selber in den vierten Stock schleppen muss.

Der richtige Boden

Dabei braucht keineswegs jeder Spross seine eigene Spezialerde. Viele Produkte seien reine Geldmacherei, warnen Verbraucherschützer. Allerdings sollte, wer Nutzpflanzen für den Verzehr anbaut, darauf achten, dass in der Erde keine giftigen Zierpflanzen-Dünger enthalten sind. Das Bundesumweltministerium rät, auf Blumenerde mit Torf zu verzichten. Torf bindet große Mengen Kohlendioxid, außerdem werden bei seiner Gewinnung die Moore zerstört. Pflanzen und Tiere verlieren ihren Lebensraum. Bioerde ist leider keine Lösung: Auch sie enthält Torf.

Ein Paradies für Tiere

Einige Blumensorten wie Fette Henne, Schlüsselblume, Pfingstrose oder Beerensträucher ziehen Schmetterlinge besonders an. Mischhecken blühen nicht nur zu verschiedenen Jahreszeiten, sie schaffen auch mehr ökologische Nischen für Kleintiere. Und hätte jeder Berliner lediglich einen Lavendeltopf vor dem Fenster, wären die Bienenvölker der Region gerettet.

„Sterile, glatte, preußisch korrekte Gärten sehen nicht nur leblos aus, sie sind es auch“, sagt BUND-Experte Koch. Aus Umweltsicht ist der faule Gärtner der beste Gärtner.

Regeln für den Balkon: Jeder darf gärtnern

Ein Balkon bedeutet für viele Städter ein kleines Stück Freiheit. Aber eben nur ein kleines Stück: Wer ihn rege nutzt, sollte einige Dinge beachten.

So darf Gießwasser streng genommen nicht auf andere Balkone geraten. Beschweren sich Nachbarn über regelmäßige Sturzgüsse von oben, muss der Verursacher mit Sanktionen durch den Vermieter rechnen. Untertöpfe sind Pflicht, alternativ können wasserspeichernde Blumenkästen eine Lösung sein. Die Pflanzen dürfen nicht so wuchern, dass sie die Sicht anderer Mieter beeinflussen oder durch herabfallende Blätter und Blüten deren Balkone beschmutzen. Rankpflanzen wie Clematis oder Efeu müssen unter Umständen genehmigt werden, weil sie Spuren an der Hauswand hinterlassen können. Auch, wenn Vögel von den Pflanzen angezogen werden und Kot auf Fassade oder Fensterbänke fällt, kann die Hausverwaltung Bewohner nötigen, das Gewächs wieder zurückzuschneiden oder ganz abzuschaffen.

Blumenkübel sichern

Befestigen Sie Blumenkästen unbedingt sicher: Wird bei Sturm ein Topf vom Balkon geweht, ist der Mieter schadenersatzpflichtig. Das kann richtig teuer werden, wenn Autos Schaden nehmen oder Menschen durch die herabstürzenden Gegenstände verletzt werden.

Die gute Nachricht: Jeder hat das Recht, seinen Balkon zu bepflanzen – selbst dann, wenn im Mietvertrag etwas anderes steht.

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