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Im chinesischen Wuhan wird wieder produziert.

© dpa

Zum Schutz der Bevölkerung: Was der Shutdown die Wirtschaft kostet

Geschäfte geschlossen, die Produktion gestoppt - und das für Wochen. So etwas hat es in der Nachkriegszeit nicht gegeben. Die Folgen sind verheerend.

Von Carla Neuhaus

Ein Großteil der deutschen Wirtschaft ist derzeit wie eingefroren. Geschäfte sind geschlossen, Veranstaltungen abgesagt, bei den Industriekonzernen stehen ganze Werke still. Volkswagen hat die Produktion in Europa für zwei bis drei Wochen komplett gestoppt. Ähnlich sieht es bei BMW, Daimler und Opel aus. Für die Lufthansa sowie den Reisekonzern Tui rechnen Beobachter bereits mit einer Teilverstaatlichung.

Kleine Betriebe geraten ebenso unter enormen Druck. Neben Gastronomen und Einzelhändlern trifft das inzwischen auch Handwerker, die theoretisch weiterarbeiten dürfen. „Die noch zuletzt prall gefüllten Auftragsbücher leeren sich in einem Tempo und Umfang, dass es für viele Betriebe, die noch vor wenigen Wochen sehr gut dastanden, jetzt bereits ans Eingemachte geht“, sagt, Holger Schwannecke, Generalsekretär des Handwerksverbands ZDH. „Die Umsätze brechen ein, die Kunden bleiben weg und Aufträge werden in einem bislang noch nie da gewesenen Ausmaß storniert.

Einen solchen Stillstand der Wirtschaft hat es in der Nachkriegszeit noch nicht gegeben. „Die Kosten werden voraussichtlich alles übersteigen, was aus Wirtschaftskrisen oder Naturkatastrophen der letzten Jahrzehnte in Deutschland bekannt ist“, sagt Clemens Fuest, Präsident des Münchner Ifo-Instituts.

Was das die Unternehmen kostet

Zusammen mit seinen Mitarbeitern hat er nachgerechnet. Ein Stillstand von zwei Monaten würde die Unternehmen mindestens 255 Milliarden Euro kosten. Dabei unterstellen sie jedoch, dass sich die Wirtschaft schnell wieder erholt. Dauert das hingegen länger, weil Unternehmen in der Zwischenzeit pleite gehen und Konsumenten sich weiterhin zurückhalten, fielen die Kosten sehr viel höher aus: Bei fast 500 Milliarden Euro könnten sie dann liegen. Und je länger der Shutdown dauert, desto gewaltiger wird die Rechnung. Bei drei Monaten Stillstand steigen die Kosten bereits auf 350 bis 730 Milliarden Euro. Jede Woche, um die der Shutdown verlängert wird, kostet er die deutsche Wirtschaft zwischen 25 bis 57 Milliarden Euro.

Wie stark die Wirtschaft schrumpft

Um eine Rezession kommt Deutschland also kaum herum. Die Frage ist einzig, wie stark sie ausfällt. Der Freiburger Ökonom Lars Feld, der auch im Sachverständigenrat der Bundesregierung sitzt, hält einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um zehn Prozent für realistisch. Zum Vergleich: 2019 legte es noch 0,6 Prozent zu, was schon sehr wenig war.

Volkswagen hat die Produktion in Wolfsburg eingestellt. Der Parkplatz ist leer.
Volkswagen hat die Produktion in Wolfsburg eingestellt. Der Parkplatz ist leer.

© imago images/Jan Huebner

Folgen haben wird das auch für den Arbeitsmarkt. Zwar schicken viele Unternehmen ihre Mitarbeiter jetzt in Kurzarbeit – mehr als sechs Millionen Arbeitnehmer könnten davon letztlich betroffen sein. Dennoch werden viele Firmen Arbeitsplätze abbauen müssen. Das Ifo-Institut rechnet damit, dass durch die Corona-Krise 1,8 Millionen Menschen ihren Job verlieren werden. „Das stellt die Zustände auf dem Höhepunkt der Finanzkrise in den Schatten“, sagt Fuest. 

Wie viele Firmen pleite gehen

Unklar ist derzeit noch, wie viele Unternehmen die Bundesregierung mit den beschlossenen Hilfszahlungen und Förderkrediten am Leben halten kann. Vor allem im Handel fürchten viele Betriebe um ihre Existenz. Pro Tag entgehen den deutschen Einzelhändlern, deren Geschäfte geschlossen bleiben, derzeit 1,15 Milliarden Euro an Umsätzen. Mehrere Wochen lange ohne Einnahmen Gehälter, Miete und Versicherungen weiterzubezahlen ist da schlicht nicht möglich – dafür fehlen vielen die Rücklagen. Ohne staatliche Hilfe bedeute das für zahlreiche Händler die Insolvenz, heißt es beim Handelsverband HDE.

Pleite gehen werden darüber hinaus viele Firmen, die schon vor der Corona-Krise Probleme hatten, sich aber dank günstiger Kredite über Wasser gehalten haben. Ein erstes Beispiel dafür ist die Restaurantkette Vapiano. Sie ist nach dem Börsengang zu schnell gewachsen, hat in immer mehr Ländern Restaurants aufgemacht, von denen längst nicht alle Gewinn gemacht haben. Als jetzt auch noch aufgrund von Corona die Gäste ausblieben, die Läden schließlich ganz schließen mussten, war das Unternehmen pleite. Andere dürften folgen. Am Dienstag meldete mit der Steakhauskette Maredo bereits die nächste Firma Insolvenz an.

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