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Wladimir Klitschko (l.), ehemaliger ukrainischer Profiboxer, und sein Bruder Vitali Klitschko, Bürgermeister von Kiew

© Laurent Gillieron/KEYSTONE/dpa

Wladimir Klitschko in Davos: „Der Krieg wird solange dauern, wie die Welt Handel mit Russland treibt“

Der ehemalige Profiboxer und Bruder des Bürgermeisters von Kiew fordert eine vollständige Isolation Russlands. So lief der erste Tag des Weltwirtschaftsforums.

Ein Marshall-Plan für die Ukraine – mit diesem Vorschlag hatte der Präsident des Weltwirtschaftsforums, Børge Brende, schon vor Beginn der Konferenz die Stimmungslage gesetzt: Nach vorne soll es gehen, der Blick auf Lösungen gerichtet, weniger auf darauf, was derzeit alles schief läuft. Denn das ist mit dem Krieg in der Ukraine, dem Klimawandel und der Corona-Pandemie derzeit eine ganze Menge.

Im schweizerischen Davos hat die Jahrestagung des Weltwirtschaftsforums (WEF) am Montag nun begonnen. 2500 Teilnehmer aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft wollen dabei über Lösungen für internationale Probleme diskutieren.

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Die Eröffnungsrede am Montag hielt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, der dafür digital zugeschaltet wurde. Selenskyj forderte darin „maximal wirksame Sanktionen“ gegen Russland, nötig sei etwa ein Embargo für russische Energieträger. Es dürfe „keinen Handel mit Russland“ mehr geben, ermahnte er das Plenum. Die Welt müsse einen „Präzedenzfall“ schaffen.

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Und auch Selenskyj richtete den Blick schon auf die Zeit nach dem Krieg. Er lud ausländische Unternehmen ein, sich nach dem Ende des Krieges am Wiederaufbau der zerstörten ukrainischen Städte zu beteiligen.

Zur Finanzierung solle auch eingefrorener russischer Besitz verwendet werden, schlug er vor. Mit Blick auf drohende Hungerkrisen in der Welt forderte Selenskyj zudem Verhandlungen über den Zugang zu blockierten ukrainischen Seehäfen, um von dort dringend benötigte Lebensmittel mit Schiffen ausfahren zu können.

Klitschko-Brüder fordern Ausschluss von Olympia

Auch die Klitschko-Brüder sprachen am ersten Tag in Davos. Wladimir Klitschko forderte dabei ebenfalls eine vollständige Isolation Russlands. „Der Krieg wird solange dauern, wie die Welt Handel mit Russland treibt“, sagte der 46-Jährige. Er forderte zudem einen Ausschluss russischer Athleten von Olympischen Spielen. „Das hat nichts mit der Nationalität oder den Athleten zu tun, aber sie repräsentieren das aggressive Regime Russlands“, sagte er. Sein ebenfalls anwesender Bruder Vitali, Bürgermeister von Kiew, sagte zum erbitterten Widerstand gegen die russischen Angreifer: „Wir Ukrainer verteidigen unsere Kinder, Familien und die Zukunft unserer Kinder – und die russischen Soldaten kämpfen für Geld.“

Abgesehen vom Krieg Russlands ging es am ersten Tag des Treffens, das am Donnerstag endet, unter anderem um Fragen der internationalen Energieversorgung. Und auch ein Davos-Dauerbrenner, die Balance zwischen wirtschaftlichem Profit und sozialer Gerechtigkeit, spielte eine Rolle.

Habeck fordert mehr Zusammenarbeit

So auch bei Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Er sehe, vier miteinander verbundene Krisen, wie er bei seinem Auftritt in Davos sagte – die hohe Inflation in vielen Ländern, eine Energiekrise, Lebensmittelknappheit und die Klimakrise. „Wir können die Probleme nicht lösen, wenn wir uns nur auf eins der Probleme konzentrieren“, warnte Habeck. „Wenn aber keins der Probleme gelöst wird, dann sorge ich mich wirklich davor, dass wir uns in eine globale Rezession hineinbewegen.“

Robert Habeck sprach sich in Davos für mehr europäische Zusammenarbeit aus.
Robert Habeck sprach sich in Davos für mehr europäische Zusammenarbeit aus.

© REUTERS/Arnd Wiegmann

Eine solche Rezession hätte gravierende Auswirkungen nicht nur auf den Klimaschutz, sondern auf die globale Stabilität insgesamt, so Habeck weiter. Wenn jedes Land sich nur noch um sich selbst kümmere, verschärfe das jedoch die Krise. „Wir müssen die Märkte offen halten“, sagte der Wirtschaftsminister: Zugleich aber müssten sich die Regeln der Märkte ändern. Es gehe nicht um De-Globalisierung, sondern um mehr Zusammenarbeit und Solidarität.

Der russische Angriff auf die Ukraine hat auch die weltweiten Energiemärkte ins Wanken gebracht. Der Abschied von fossilen Brennstoffen stehe aber nicht im Widerspruch dazu, sich jetzt akut um die Energie-Versorgungssicherheit zu kümmern, sagte Habeck in Davos. Gleichzeitig forderte Habeck mehr europäische Geschlossenheit bei der Diskussion um ein Öl-Embargo gegen Russland. „Wir sehen das Schlechteste von Europa“, sagte Habeck. Er erwarte von allen, auch Ungarn, dass sie an einer Lösung arbeiteten.

Polen beendet Gas-Zusammenarbeit mit Russland

In den Auftakttag in Davos platzte auch die Meldung, dass Polen bereits einen Schritt weiter geht. Die polnische Regierung hat beschlossen, ihren schon seit 1993 geltenden Gasliefervertrag mit Russland zu kündigen. „Nach fast 30 Jahren kann man sagen, dass die Gasbeziehungen zwischen Polen und Russland aufgehört haben zu existieren“, verkündete Naimski im öffentlich-rechtlichen Polnischen Radio und auf Facebook. Ministerin Moskwa erklärte auf Twitter: „Die Aggression Russlands gegen die Ukraine hat die Entschlossenheit der polnischen Regierung bestätigt, völlig unabhängig von russischem Gas zu werden. Wir haben immer gewusst, dass Gazprom kein zuverlässiger Partner ist.“ Davon ist auch die nach Deutschland führende Jamal-Pipeline betroffen, die für die deutsche Gasversorgung aber keine große Rolle spielt.

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Dass all die Krisen Deutschland hart treffen, zeigten zwei neue Konjunkturberichte, die am Montag vorgestellt wurden. So traut der Internationale Währungsfonds (IWF) Deutschland nur eine vergleichsweise schwache Erholung von der Coronavirus-Pandemie zu. Das Wachstum in diesem Jahr dürfte sich auf rund zwei Prozent abkühlen, teilte der IWF in seinem Deutschland-Bericht in Berlin mit.

2021 waren es noch 2,9 Prozent. Im kommenden Jahr sollten es dann etwas mehr als zwei Prozent sein. Es gebe zudem angesichts der Lieferkettenprobleme weitere Risiken, die diese Prognose bedrohten. Auch nach Einschätzung der Bundesbank in ihrem Monatsbericht wird die deutsche Wirtschaft im laufenden zweiten Quartal „allenfalls leicht zulegen“. (mit dpa und Reuters)

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