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Weinstöcke am steilen Hang eines Weinbergs am Ufer der Mosel.

© IMAGO

Wirtschaft im Schnell-Check: Was kann Rheinland-Pfalz außer Wein?

90 Prozent der deutschen Wein-Exporte kommen aus Rheinland-Pfalz. Doch das Rückgrat der Wirtschaft des Bundeslandes sind andere Bereiche. Die Probleme auch.

Sucht man in den vergangenen Tagen nach Wirtschaftsnachrichten aus Rheinland-Pfalz, stößt man als erstes auf Meldungen wie diese: „Spargel in Rheinland-Pfalz etwas später dran als 2020“. Das meldete dpa am Freitag, und in der Tat sind Wein- und Agrarthemen häufig das erste, was mit der pfälzischen Wirtschaft verbunden wird. Doch welche Schaffenskraft steckt wirklich zwischen Rhein und Mosel?

Wie so häufig ist der erste Eindruck nicht ganz falsch. Deutschlands Weinanbau hat tatsächlich einen Schwerpunkt in Rheinland-Pfalz. Mit dem Ahrtal, dem Mittelrhein, der Mosel, der Nahe, Rheinhessen und der Pfalz liegen sechs der 13 ausgewiesenen Weingebiete der Bundesrepublik im von Mainz aus regierten Bundesland; so viele wie in keinem anderen.

Rund 10.000 Betriebe sorgen hier für knapp 70 Prozent der gesamten deutschen Weinmenge. Im Durchschnitt werden im Land laut dem Wirtschaftsministerium zwischen fast 6,5 Millionen Hektoliter Wein geerntet. Von den Weinexporten Deutschlands stammen sogar 90 Prozent aus Rheinland-Pfalz. Mit einer Anbaufläche von 17.100 Hektar nimmt der Riesling am meisten Platz im Land ein.

Was gibt es außer Wein?

Doch auch in Rheinland-Pfalz spielt die Landwirtschaft mit Blick auf die gesamte Wertschöpfung nur eine kleine Rolle. Am Bruttoinlandsprodukt hatte sie vor der Coronakrise nur einen Anteil von 1,7 Prozent, was allerdings noch immer deutlich mehr ist als die 0,9 Prozent im Bundesdurchschnitt. 66 Prozent des BIP entfallen auf Dienstleistungen, 22 Prozent auf die Industrie.

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Vor der Coronakrise zeigte die wirtschaftliche Entwicklung jedoch deutlich nach unten. Während die Wirtschaft bundesweit 2019 immerhin noch um 0,6 Prozent wuchs, schrumpfte sie in Rheinland-Pfalz um 1,3 Prozent. Die größten Arbeitgeber der Region sind der Chemiekonzern BASF in Ludwigshafen, Daimler in Wörth und Germersheim sowie der Pharmakonzern Boehringer Ingelheim.

Die Verschuldung der Kommunen als größtes Problem

Es gibt aber regionale Unterschiede. „Im südlichen Teil ist etwa die Arbeitslosenquote relativ hoch“, sagt Christian Oberst, Regionalexperte vom Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln. „An der Region ist der Aufschwung des letzten Jahrzehnts etwas vorbei gegangen.“ Städte wie Pirmasens oder Zweibrücken entwickelten sich zwar gut, in der Fläche komme das aber nicht immer an. So sei auch in den westlichen Teilen des Bundeslandes etwa die Breitbandversorgung noch sehr schwach entwickelt.

Das größte Problem ist laut Oberst allerdings die Regionalverschuldung. „Viele Kommunen sind sehr überschuldet“, erklärt der Experte. In Hessen habe das Land die Kommunen entschuldet, um ihnen Handlungsfähigkeit zurückzugeben. „Das wäre jetzt nach der Coronakrise umso wichtiger“, sagt Oberst. „Wenn nahezu alle Gemeinden überschuldet sind, deutet das darauf hin, dass etwas im Finanzausgleich schief läuft.“

Im Wahlkampf drehte sich viel um Corona-Maßnahmen und die Wiedereröffnung der Geschäfte. Als ländlich geprägter Raum spielt auch Tourismus eine große Rolle – und wurde von der Pandemie hart getroffen. Oberst sieht darin aber eine Chance: „Hier läge in der Corona- Zeit mit eingeschränkten Reisemöglichkeiten Potenzial, sich als Naherholungsgebiet zu profilieren.“

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