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Zahlreiche Menschen gehen mit Mund-Nasen-Bedeckung dicht gedrängt durch die Innenstadt in Hannover.

© dpa/Hauke-Christian Dittrich

Update

Wird das Geschenkeshoppen zur Gefahr?: Wie Geschäfte mit dem Kundenandrang im Dezember umgehen wollen

In Innenstädten bilden sich Menschenansammlungen und Schlangen vor Läden. Der Einzelhandel sieht keine Infektionsgefahr – und die Polizei in der Pflicht.

Am Schnäppchentag Black Friday waren die Einkaufsmeilen in einigen deutschen Städten gut gefüllt: So sind sich in Bielefeld die Passanten in der Innenstadt an einigen Stellen sehr nahegekommen und haben die Abstandsregeln nicht mehr eingehalten. Auch seien teilweise keine Maske getragen worden, sagte ein Sprecher der Bielefelder Stadtverwaltung am Freitag.

Ähnliche Situationen waren am Black Friday in Köln zu beobachten. Vor den Geschäften in der Innenstadt warteten die Kunden in den Schlangen dicht an dicht und das Ordnungsamt musste einschreiten, damit die Passanten weiterhin Abstand halten und Infektionen mit dem Coronavirus vorbeugen.

Im Kölner Einkaufszentrum „Rheincenter“ verhängte das Management wegen des großen Andrangs sogar einen Einlassstopp, um Chaos zu vermeiden. Seit Beginn des Teil-Shutdowns hat es in der Kölner Innenstadt offenbar nicht mehr so viele Menschen auf engem Raum gegeben.

Das erste Adventswochenende könnte damit ein Vorgeschmack gewesen sein, auf das, was in den Wochen bis Weihnachten in den Innenstädten los ist. Denn wenn demnächst Millionen Deutsche in der Vorweihnachtszeit zum Geschenkeshoppen ausschwärmen, stellt sich die Frage: Kann der Einzelhandel Menschenansammlungen ausreichend verhindern und darauf achten, dass Kunden die Corona-Regeln einhalten?

Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE), sagte auf Tagesspiegel-Anfrage am Montag lediglich: „Der Einzelhandel hat bereits in den vergangenen Monaten bewiesen, dass seine Hygienekonzepte funktionieren.“ Der HDE ist der Spitzenverband des deutschen Einzelhandels. Einkaufen sei auch in Pandemie-Zeiten sicher. „Wir rechnen im Weihnachtsgeschäft damit, dass viele Kunden eher online Geschenke einkaufen“, erklärte Genth.

Genth: „Der Handel kann nicht die Ersatz-Polizei spielen“

Weil die innenstädtischen Händler in den vergangenen Wochen immer weniger Kunden zählten, seien große Menschenansammlungen vermeidbar. Der HDE habe zudem bereits „vor längeren Schlangen vor einigen Geschäften gewarnt“, bevor Bund und Länder die Quadratmeterregelung in der vergangenen Woche verschärften. Künftig darf sich ab einer Ladenfläche von 800 Quadratmetern nur noch ein Kunde pro 20 Quadratmeter aufhalten.

Kunden mit Mund-Nasen-Schutz laufen an Geschäften in einem Berliner Kaufhaus vorbei.
Kunden mit Mund-Nasen-Schutz laufen an Geschäften in einem Berliner Kaufhaus vorbei.

© REUTERS/Fabrizio Bensch

Diese Regelung ist eine von vielen verschärften Corona-Maßnahmen, auf die sich die Regierungschefs zur Eindämmung der Pandemie geeinigt haben. Auf die Frage, ob Geschäfte auch auf den Mindestabstand zwischen Kunden achten können, antwortete HDE-Hauptgeschäftsführer Genth: „Generell stellen wir fest, dass sich die Kunden sehr gut an die Regeln halten.“

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Viele Handelsunternehmen hätten zusätzliches Personal engagiert, das die Einhaltung der Corona-Regeln sicherstellt. „Der Handel kann aber nicht die Ersatz-Polizei spielen.“ Das würde gerade die innenstädtischen Händler, die unter „massiven Umsatzrückgängen leiden“, überfordern. „Hier ist oft auch schlicht kein Geld mehr da, um Sicherheitsdienste zu engagieren.“

Einzelhandel drängt auf verkaufsoffene Sonntage

Genth weist bei der Durchsetzung der Corona-Regeln auf die Verantwortung von Ordnungsämtern und Polizei hin. Laut Genth wäre es zudem „sinnvoll, Sonntagsöffnungen zu ermöglichen, um das Weihnachtsgeschäft zu entzerren“.

Der Deutsche Städtetag scheint nicht alarmiert, was die bevorstehende Weihnachtszeit in den Innenstädten angeht: „Wir sehen, dass sich die allermeisten Menschen angemessen verhalten und auch in den Einkaufsstraßen auf die notwendigen Abstände und das Maskentragen achten, um Infektionen zu vermeiden“, sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy dem Tagesspiegel.

Es werde noch wichtiger, die Weihnachtseinkäufe nicht erst kurz vor Heiligabend in überfüllten Straßenzügen zu erledigen. Gleichzeitig sei es „wichtig und richtig, die Geschäfte in den Städten vor Ort zu unterstützen und die Geschenke dort zu kaufen“, um auch nach der Krise attraktive Geschäfte in den Städten zu haben.

Darüber hinaus mahnt Dedy mit Blick auf Verstöße gegen die Corona-Regeln in Innenstädten: „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ordnungsämter können nicht überall sein.“ Eine lückenlose Kontrolle bei Verstößen gegen die Regeln sei nicht möglich.

Während der Coronakrise wollen mehr Menschen als im Vorjahr online Geschenke shoppen, wie eine Umfrage zeigt.
Während der Coronakrise wollen mehr Menschen als im Vorjahr online Geschenke shoppen, wie eine Umfrage zeigt.

© dpa/Markus Scholz

KaDeWe will Kunden mit Hostessen leiten

Vor dem KaDeWe in Berlin könnten sich bald ebenfalls lange Warteschlagen bilden, denn auf seinen derzeitigen 60.000 Quadratmetern Verkaufsfläche kann das Kaufhaus nach den verschärften Regelungen nur noch knapp 3000 Kunden empfangen. Timo Weber, Manager des KaDeWe, zeigt sich bislang mit der Kundschaft zufrieden, die sich „diszipliniert an die Abstands- und Hygieneregeln“ halte.

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Hostessen sollen um die Weihnachtszeit und den Jahreswechsel den Kunden an der Delikatessen-Theke zeigen, wo sie sich anstellen sollen – um die Zeit werde es traditionell recht voll bei der Feinkostauswahl.

Die Coronakrise trübt die Kauflaune in der Vorweihnachtszeit in jedem Fall deutlich ein, wie aus der jährlichen repräsentativen Umfrage der Berliner Sparkasse hervorgeht: Fast jeder Dritte will weniger Geld für Weihnachtsgeschenke ausgeben als im Vorjahr.

Den Zahlen nach will darüber hinaus nicht einmal jeder Dritte in diesem Jahr seine Geschenke „überwiegend bis ausschließlich“ im stationären Einzelhandel besorgen, während 43 Prozent „hauptsächlich“ online einkaufen.

Erweiterte Maskenpflicht und weniger verfügbare Quadratmeter für größere Geschäfte

Bund und Länder einigten sich in der vergangenen Woche angesichts steigender Infektionszahlen unter anderem auf schärfere Maßnahmen für den Einzelhandel: So gilt die Maskenpflicht künftig auch vor Geschäften und auf Parkplätzen.

Weihnachtseinkäufe sollen nach dem Willen der Regierungschefs unter der Woche getätigt werden. Außerdem darf sich in Geschäften ab einer Ladenfläche von insgesamt 800 Quadratmetern nicht mehr als ein Kunde pro 20 Quadratmeter Verkaufsfläche aufhalten. Für kleinere Geschäfte gilt weiterhin die Regelung: Pro 10 Quadratmeter Verkaufsfläche darf sich ein Kunde im Laden aufhalten.

Die Geschäfte sollen ein entsprechendes Einlassmanagement organisieren. Ob sich Menschenansammlungen mit den vorgesehenen Regelungen während des Weihnachtsgeschäfts vermeiden lassen, muss sich noch zeigen.

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