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Erste Wahl. Die Hälfte aller Nutzer vergleicht Preise zuerst bei Google.

© REUTERS/Arnd Wiegmann

Wie man im Netz den besten Preis findet: Schnäppchen 2.0

Wer im Internet Preise vergleicht, findet oft gute Angebote. Doch die Portale sind wenig transparent.

Die EU-Kommission droht Google mit einer Milliardenstrafe. Ausgerechnet bei Anfragen zu Produktpreisen soll die Suchmaschine Nutzer getäuscht haben. Google habe den hauseigenen Preisvergleichsdienst Google Shopping bevorzugt gelistet, lautet der Vorwurf aus Brüssel. Gibt ein User beispielsweise „günstige iPads“ in die Suchmaske von Google ein, erscheinen Angebote von Google Shopping zuerst und hervorgehoben durch einen Kasten. Nutzern würde so suggeriert, Google Shopping biete die günstigsten Preise, kritisiert EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager, dabei sei das häufig nicht der Fall. Google weist die Vorwürfe zurück. Der Wettbewerb unter den verschiedenen Preissuchmaschinen sei äußert lebendig, gibt der Konzern zu bedenken. Der Konflikt „Brüssel vs. Silicon Valley“ ist noch längst nicht entschieden. Doch Verbraucher müssen sich fragen, wie vertrauenswürdig vermeintlich neutrale Suchmaschinen wirklich sind. Verändert ein Vergleichsportal seinen Algorithmus so, dass nicht der Händler mit dem besten Angebot oben steht, sondern einer, der dafür zahlt, kostet das den Verbraucher womöglich bares Geld.

DAS GESCHÄFTSMODELL

Preissuchmaschinen wie Idealo oder Billiger.de suchen im Netz nach Angeboten verschiedener Online-Händler und machen sie so für Kunden leichter vergleichbar. Dabei listen die Portale in der Regel nicht alle verfügbaren Anbieter auf, sondern nur jene, die dafür bezahlen. Klickt der Nutzer auf ein Angebot, wird er auf die Seite des Händlers weitergeleitet und die Suchmaschine kassiert eine Provision. Wie hoch der Betrag ist, erfahren Nutzer meist nicht, das regeln Verträge der Suchportale mit einzelnen Händlern. Bernd Skiera, Professor für Electronic Commerce an der Uni Frankfurt, schätzt die Provision auf 19 bis 25 Cent je Weiterleitung. Einzelne Anbieter, darunter der Dienst Kelkoo, bieten Händlern zudem an, sich gegen Gebühren eine bessere Position im Ranking zu kaufen und verdienen so zusätzlich. Für Nutzer sind die Suchmaschinen zunächst kostenlos. Kunden könnten allerdings davon ausgehen, dass die Gebühren für Händler indirekt auf die Verbraucherpreise aufgeschlagen würden, erklärt Skiera.

DER MARKT

Laut einer Allensbach-Studie nutzten 2014 rund 25,3 Millionen Deutsche das Internet gelegentlich bis häufig, um Preise zu vergleichen. Insgesamt hat das Netz als Marktplatz an Bedeutung zugenommen, der Anteil des Online-Versands am Einzelhandel liegt inzwischen bei über elf Prozent. Knapp ein Fünftel aller Online-Käufe kommen über Suchmaschinen zustande, zeigen Zahlen des E-Commerce-Verbandes BEVH. Dabei nimmt die Nutzung über mobile Geräte zu, laut einer Umfrage suchten 15 Prozent der Smartphone-Nutzer mehrmals am Tag nach Produktinformationen. Für Händler zählt die Kooperation mit Suchmaschinen heute zu einem festen Posten in den Vertriebsausgaben. Bei Banken, schätzt ein Insider, machen Anwerbungen über Vergleichsportale inzwischen einen Anteil im zweistelligen Prozentbereich aus.

VOR- UND NACHTEILE

„Online-Preisvergleiche sind grundsätzlich super für die Verbraucher“, meint Michaela Schröder, Online-Expertin beim Bundesverband der Verbraucherzentralen. Und warnt trotzdem: „Problematisch ist aber, dass der Preis, den die Suchmaschine anzeigt, oft nicht der tatsächliche Preis ist.“ Häufig würden beispielsweise die teils hohen Versandkosten nicht erfasst. Zudem seien gelistete Preise manchmal nicht mehr aktuell. „Das macht den Vergleich für Verbraucher schwieriger, als die vermeintlich übersichtliche Suchmaschine vermuten lässt“, sagt Schröder.

Experte Bernd Skiera weist zudem darauf hin, dass für Verbraucher nicht ersichtlich ist, wie viele Händler eine Suchmaschine eigentlich erfasst – und wie viele Konkurrenten mit eventuell billigeren Angeboten durchs Raster fallen.

IM PRAXISTEST

Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hat Preissuchmaschinen getestet (http://www.vz-nrw.de/preissuchmaschinen) und herausgefunden: Online-Vergleiche unterbieten gängige Ladenpreise mit Leichtigkeit. Das wirklich günstigste Angebot aber finden einzelne Portale nicht immer – und leisten sich bei der Auflistung von Suchergebnissen häufig Fehler zum Nachteil der Verbraucher. Bei jeder vierten Abfrage hatten die Tester der Verbraucherzentrale Ungereimtheiten zu bemängeln. So stimmten teilweise die bei der Suchmaschine angezeigten Preise für Produkt und Versand nicht mit den tatsächlichen Kosten beim Händler überein oder waren Artikel nicht vorrätig. In einigen Fällen tauchten auf der Ergebnisliste Modelle auf, die das Team aus NRW gar nicht gesucht hatte. Insgesamt neun Preisvergleichsseiten haben die Verbraucherschützer getestet. Im Ergebnis lagen die online ermittelten Preise rund 30 Prozent niedriger als die Preisempfehlungen der Hersteller. Besonders zuverlässig bei der Suche half das Portal Idealo, als wenig hilfreich stellten sich Evendi, Google und Kelkoo heraus. Sonderangebote aus den Prospekten großer Händler knackte keine Suchmaschine verlässlich.

Derzeit erarbeiten Verbraucherverbände, Suchmaschinen, Händler und Politiker auf EU-Ebene gemeinsam einen Kriterienkatalog mit Mindestanforderungen für die Suchmaschinen. An mehr Offenheit sind auch die Portale interessiert, schließlich ist das Vertrauen der Kunden ihr Grundkapital. Mit Empfehlungen der EU ist erst in einigen Jahren zu rechnen. Derweil empfehlen die Verbraucherzentralen, auf der Suche nach günstigen Angebot immer mehrere Portale zu nutzen.

Lea Frehse

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