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Mehr Handel, weniger Streit. Die WTO wünscht sich eine Beilegung des Konflikts zwischen China und den USA.

© Panos Tomadakis/dpa

Welthandelsorganisation: Wachstumsprognose für 2019 drastisch gesenkt

Schuld sind der Handelsstreit der USA mit China, aber auch die Volatilität auf den Finanzmärkten und der Shutdown der US-Regierung tragen dazu bei.

Die Befürchtungen vieler Manager und Ökonomen bewahrheiten sich: Der anhaltende Handelskonflikt zwischen den Wirtschaftssupermächten USA und China wirkt sich schon jetzt negativ auf den weltweiten Warenaustausch aus. „Wir sind nicht in einer guten Verfassung“, betont der Generaldirektor der Welthandelsorganisation, Roberto Azevêdo, am Dienstag in Genf. Der Brasilianer sprach von „hoher Unsicherheit“ durch den protektionistischen Schlagabtausch zwischen Amerikanern und Chinesen, der weitgehend von US-Präsident Donald Trump angezettelt wurde. Diese Unsicherheit wirkt sich negativ auf Investitionen und Konsum aus. „Die ganze Welt verliert“, warnt Azevêdo, dessen WTO globale Handelsregeln aufstellt und überwacht.

Der WTO-Chef präsentiert Entwicklungen, die keinen Anlass zur Zuversicht geben: Ist der Welthandel 2017 noch um 4,6 Prozent gewachsen, lag das Plus im vergangenen Jahr schon nur noch bei drei Prozent. Und für 2019 hat die WTO ihre Prognose nochmal drastisch nach unten korrigiert. Die Organisation geht davon aus, dass der Welthandel in diesem Jahr nur noch um 2,6 Prozent zulegen wird – vor einem Jahr hatte sie für 2019 noch mit einem Plus von vier Prozent gerechnet. Ein positiver Trend wird laut Azevêdo nur einsetzen, wenn es an der Handelsfront zu einer Beruhigung kommt.

WTO appelliert an USA und China

Derzeit versuchen die USA und China den bilateralen Konflikt mit den globalen Auswirkungen zu entschärfen. Azevêdo appelliert an die beiden Länder, ökonomische Vernunft walten zu lassen. Dabei ist der WTO-Chef durchaus von Eigennutz getrieben: Je länger sich die USA und China beharken und WTO-Regeln umgehen, desto mehr leidet die Autorität der in Genf beheimateten Organisation. Besonders drastisch wird die WTO von den USA bedroht. Die Amerikaner sperren sich gegen die Neubesetzung von Richterstellen beim WTO-Berufungsgericht und riskieren somit die Funktionsfähigkeit der gesamten WTO-Gerichtsbarkeit.

Dass die USA und China die Hauptverantwortung für den um sich greifenden Protektionismus tragen, belegt die WTO mit Zahlen: Zwischen Mitte Mai und Mitte Oktober 2018 verhängten die größten Wirtschaftsmächte (G20) Strafzölle und andere restriktive Maßnahmen, die Handelsgüter im Wert von 481 Milliarden US-Dollar betrafen. Das ist laut WTO der höchste jemals von ihr berechnete Wert. Allein der Konflikt der USA mit China zieht Handelsgüter im Wert von 350 Milliarden US-Dollar in Mitleidenschaft.

Wie der Brexit sich auswirkt, lassen die Ökonomen offen

Das erlahmende Wachstum des Warenaustauschs lässt sich nicht nur auf den Zwist zurückführen. Die WTO-Ökonomen nennen auch die schwächer werdende globale Wirtschaftsleistung, die Volatilität auf den Finanzmärkten und den Shutdown der US-Regierung.

Wie der mögliche Brexit Großbritanniens den Welthandel beeinflusst, lassen die WTO-Ökonomen offen. Allerdings wagen die Genfer Fachleute eine Aussage: In den meisten Brexit-Szenarien wird es zu geringeren Investitionen in Großbritannien kommen. Und damit dürfte auch die Handelskraft der Briten sinken.

Jan Dirk Herbermann

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