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Alter Glanz. Opel verliert weiter an Marktanteilen.

© imago/Belga

Weitere 2100 Jobs betroffen: Warum der Stellenabbau bei Opel größer wird als gedacht

Trotz hohem Gewinn bekommt Opel Druck von der Muttergesellschaft PSA. Denn in vielen anderen Bereichen stecken die Rüsselsheimer weiter in der Krise.

Opel steht vor allem im Stammwerk in Rüsselsheim vor weiteren tieferen Einschnitten. Darauf haben sich Geschäftsleitung und Gesamtbetriebsrat am Dienstag verständigt.

Das Programm für das freiwillige Ausscheiden wird für weitere maximal 2100 Beschäftigte geöffnet. Die Maßnahme ist eine Reaktion auf die schwierige Marktlage, strengere Abgasvorschriften und auf mögliche Belastungen durch die Fusion der Muttergesellschaft PSA mit FiatChrysler.

Im Gegenzug wird die Frist für betriebsbedingte Kündigungen von 2023 auf Ende 2025 verlängert. Zugleich wird die Auslastung des Stammwerkes in Rüsselsheim im Zwei-Schicht-Betrieb durch die Produktion des Mittelklassemodells Astra als Limousine ab 2021 und als Kombi ab 2022 gesichert. Daneben läuft dort das Top-Modell Insignia vom Band.

Durch die Maßnahmen, über die Opel-Personalchef Ralph Wangemann und Betriebsratschef Wolfgang Schäfer-Klug am Dienstag in einer Betriebsversammlung in Rüsselsheim informierten, wird die Zahl der Beschäftigen von Opel in Europa von derzeit knapp 30000 auf rund 28 000 sinken.

In einem weiteren Schritt könnten möglicherweise zusätzlich noch einmal 2000 Stellen durch ein ausgeweitetes freiwilliges Abfindungsprogramm wegfallen, heißt es in Opel-Kreisen. Nehmen 1000 das Angebot an werde die Frist für betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2027 verlängert, sollten noch einmal 1000 dazu kommen sogar bis Ende 2029.

Das freiwillige Abfindungsangebot gilt für alle Standorte, also auch für die Werke in Eisenach und in Kaiserslautern. Allerdings bedarf es einer doppelten Freiwilligkeit: Sowohl der oder die Beschäftigte müssen zustimmen also auch Opel. Insofern dürfte der Abbau vor allem am Stammsitz in Rüsselsheim stattfinden, wo das Werk nicht ausgelastet ist und deshalb seit Monaten Kurzarbeit gilt.

Experte Dudenhöffer erwartet sinkende Verkaufszahlen

Besonders im Bau von Prototypen und im Werkzeugbau soll es Einschnitte geben. Insgesamt sind in Rüsselsheim im Werk, der Verwaltung und dem Entwicklungszentrum rund 12 000 Menschen beschäftigt. In Eisenach dagegen ist Opel mit der Produktion des Modells GrandlandX dem Vernehmen nach mehr als ausgelastet. Das Komponentenwerk Kaiserslautern bleibt wichtig. Dort könnte zudem eine Produktion von Batterien angesiedelt werden, hat Opel-Chef Michael Lohscheller mehrfach durchblicken lassen.

„Mit der Vereinbarungen sorgen wir für eine weitere deutliche Verbesserung unserer Wettbewerbsfähigkeit“, sagt Lohscheller. Der Opel-Chef steht unter starkem Druck von Carlos Tavares, dem Chef der französischen Opel-Mutter PSA.

Auch wenn Opel 2019 mit vermutlich weit mehr als einer Milliarde Euro einen Rekord-Betriebsgewinns erwirtschaftet haben dürfte – im ersten Halbjahr waren es 859 Millionen – arbeiten die Opel-Werke in Deutschland nicht so effizient wie die PSA-Werke in Frankreich.

Zudem sorgt die Fusion von PSA mit FiatChrysler für Druck. Auch die Brexit-Folgen sind unklar. Daneben kämpft Opel mit Absatzproblemen in Deutschland und in Europa. 2019 wurden hierzulande knapp 215 900 Opel-Modelle neu zugelassen, ein Minus von mehr als fünf Prozent. Der Marktanteil ging auf sechs Prozent zurück. In den ersten elf Monaten schrumpften die Neuzulassungen von Opel und der britischen Schwestermarke Vauxhall in Europa um sechs Prozent auf 768 500, der Marktanteil lag bei nur 5,4 Prozent.

Für Beobachter kommen die neuerlichen Einschnitte beim traditionsreichen Automobil-Hersteller nicht überraschend. „Die Nachfrage ist weiter allgemein schwach. Und Opel verliert bis heute Marktanteile.

In Deutschland ist man fast auf einem historischen Tiefstand“, sagt Jürgen Pieper, Branchenkenner beim Bankhaus Metzler. „Auch die Fusion von PSA mit FiatChrysler spielt eine Rolle, weil weitere Überschneidungen kommen dürften.“

Skeptisch ist auch Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen. Von Opel werde es weiter schlechte Nachrichten geben, noch mehr Stellen würden gestrichen, die Überkapazitäten im neuen Konzern PSA-FiatChrysler seien riesig. Zudem erwartet Dudenhöffer sinkende Verkäufe. Seinen Berechnungen zufolge sind seit der Übernahme durch PSA im Herbst 2017 bei Opel rund 8 000 Stellen weggefallen. Das Unternehmen sei weiter ein Sanierungsfall und schreibe nur Gewinne, weil Kapazitäten abgebaut und Arbeitsplätze gestrichen würden. Pieper dagegen sieht Opel auf dem richten Weg. Er lobt die neuen Modelle, die die Rüsselsheimer auf den Markt bringen und von denen es jeweils auch eine elektrische Variante geben soll.Rolf Obertreis

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