zum Hauptinhalt
Der Hauptsitz der Berliner Bank in der Hardenbergstraße.

© Mike Wolff

Weil das Geschäft immer schwieriger wird: Wie Berlins Banken kämpfen

Die Marke „Berliner Bank“ verschwindet in den nächsten zwei Jahren vom Markt. Auch andere Institute müssen langfristig in der Stadt Filialen schließen oder verkleinern.

Von Carla Neuhaus

Es ist eine über 65-jährige Geschichte, die nun zu Ende geht. Nach und nach wird in den kommenden Monaten an den Filialen der Berliner Bank der gelbe Schriftzug abgeschraubt. Zum Teil wird er ersetzt werden – durch das blaue Logo der Deutschen Bank. Denn die hat beschlossen: Bis Ende 2017 soll die Marke „Berliner Bank“ aus dem Stadtbild verschwunden sein.

Dass die Deutsche Bank ihre Berliner Regionaltochter aufgibt, hat einen Grund: Konzernchef John Cryan muss sparen, um im globalen Wettbewerb mitzuhalten. 9000 Stellen will er deshalb abbauen, 200 Filialen schließen. So hat er angeordnet, jede Abteilung, jede Zweigstelle auf ihre Sinnhaftigkeit hin zu überprüfen. Eine kleine Regionalmarke in Berlin scheint da ein Luxus zu sein, den man sich nicht mehr leisten kann – oder will.

Regionalität zählt nicht mehr

Die Deutsche Bank versucht daraus keine große Sache zu machen, spricht offiziell von einer „Markenintegration“: Die Marke „Berliner Bank“ gehe schlichtweg in der der Deutschen Bank auf. Doch wäre das tatsächlich so einfach: Man hätte diesen Schritt längst abhaken können. Schließlich hat die Deutsche Bank die Berliner Bank bereits 2006 übernommen. Seitdem hat sie zwar im Hintergrund vieles angeglichen – von der IT, mit der die Angestellten arbeiten, bis hin zu den Konditionen fürs Girokonto. Doch nach außen sind Deutsche Bank und Berliner Bank bewusst weiter als separate Institute aufgetreten: auf der einen Seite die internationale Großbank, auf der anderen Seite das in Berlin verwurzelte Regionalinstitut. Damit hat man vor allem einem Rechnung getragen – dass sich etliche Kunden einst auch deshalb für die Berliner Bank entschieden haben, weil sie das „Berliner“ im Namen trägt, eben kein global agierender Großkonzern ist.

Entsprechend ist die Aufgabe der Marke „Berliner Bank“ eine Kehrtwende. Und sie zeigt, wie sehr sich das Bankgeschäft wandelt. So hat die Chefin der Berliner Bank, Stefanie Salata, die Daseinsberechtigung ihres Instituts bis zuletzt immer wieder mit dem Argument der Regionalität verteidigt. Jetzt sagt sie: „Mit Blick auf den Berliner Markt und das geänderte Kundenverhalten ist es sinnvoll, die Stärken der beiden Marken zu bündeln.“

Wie überall in Deutschland kommen auch in Berlin immer weniger Kunden in die Bankfiliale, um sich beraten zu lassen. Vieles, was sie früher vor Ort erledigt haben, machen sie längst online. Dass die Banken erst jetzt darauf reagieren, hat zwei Gründe: Zum einen mussten sie erst einmal die Finanzkrise verkraften. Zum anderen ist es gar nicht so einfach, Bankfilialen durch Apps auf dem Smartphone zu ersetzen.

Deutschland gilt als „overbanked“

Die Banker sind hin und her gerissen: Einerseits sehen sie, dass weniger Kunden in die Filiale kommen. Andererseits wollen sie diejenigen nicht verlieren, die es weiterhin tun. Zu groß ist die Angst, Kunden an die Konkurrenz zu verlieren. Denn der Wettbewerb ist enorm. Wie hart umkämpft der Berliner Bankenmarkt ist, zeigt ein Abstecher zum Mehringdamm. Dort, an der Kreuzung Yorckstraße/Gneisenaustraße haben die Anwohner die Qual der Wahl: Die Deutsche Bank sitzt schräg gegenüber von der Berliner Bank, ein paar Meter weiter die Berliner Volksbank gegenüber der Commerzbank, um die Ecke die Berliner Sparkasse.

Deutschland ist „overbanked“, sagen die Experten: Es gibt zu viele Banken, zu viele Filialen. So lange die Institute dank hoher Zinsen gut verdient haben, war dieses Überangebot kein Problem. Doch diese Zeiten sind vorbei: Um die Wirtschaft zu stützen, hält die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen seit Jahren niedrig – und es ist keine Trendwende in Sicht. Dadurch sinken jedoch die Erträge der Banken. Sie verdienen ihr Geld vor allem an der Zinsmarge: also daran, dass sie für Kredite einen höheren Zins verlangen, als sie den Sparern für das angelegte Geld zahlen. Sind die Sparzinsen wie derzeit nahezu bei Null, während der Kreditzins weiter sinkt, fällt die Marge der Bank automatisch immer kleiner aus.

Rund 125 000 Jobs sind in Gefahr

Laut der Unternehmensberatung Bain & Company klafft in den Bilanzen der deutschen Institute deshalb schon jetzt eine Lücke von 25 Milliarden Euro. „Banken, die in Zukunft erfolgreich sein wollen, müssen jetzt gegensteuern und ihr Geschäftsmodell anpassen“, sagt Berater Wilhelm Schmundt. Die Banken müssen sparen. Und ihr größter Kostenpunkt sind nun mal Filialen und Mitarbeiter. Die Berater schätzen, dass deshalb bis 2025 bundesweit 125 000 Arbeitsplätze im Bankwesen abgebaut werden müssen, 11 000 Filialen schließen.

Kommt es tatsächlich so, wird das auch Berlin treffen. Angefangen hat der Filialabbau hier bereits in den Außenbezirken. Auch durch Übernahmen sind immer wieder Zweigstellen aus dem Stadtbild verschwunden. So wurden nach der Übernahme der Dresdner Bank durch die Commerzbank etliche Filialen zusammengelegt. Die 14 Zweigstellen der Norisbank, die seit 2006 zur Deutschen Bank gehört, sind geschlossen worden. Die Berliner Bank hat seit dem Verkauf an die Deutsche Bank 2006 die Zahl ihrer Filialen von 60 auf 38 reduziert.

Doch auch dort, wo Zweigstellen erhalten bleiben, bauen die Banken um. Wurden Kunden früher an allen Standorten zu allen Themen beraten, konzentrieren die Institute ihr Angebot heute stärker. Wer zum Beispiel einen Immobilienkredit aufnehmen will, wird bei der Berliner Sparkasse an einem anderen Standort beraten als Kunden, die einen Konsumentenkredit brauchen. Zudem setzen die Institute verstärkt auf Videoberatung – etwa die Commerzbank oder die Berliner Bank. Experten sind dann nicht mehr vor Ort, sondern werden bei Bedarf per Bildschirm zugeschaltet. Doch: So bedrückend dieser Wandel erscheint – er kann für die Stadt auch eine Chance sein.

Berlin ist ein Testmarkt

So ist Berlin für die Großinstitute ein Testmarkt. Die Deutsche Bank betreibt mit „Q110“ in der Friedrichstraße zum Beispiel eine „Filiale der Zukunft“, und die Commerzbank erprobt in Charlottenburg ein neues Filialkonzept, das in den nächsten Jahren bundesweit ausgerollt werden soll. Außerdem lagern Institute verstärkt Dienstleistungen aus: Die Deutsche Bank hat hier zum Beispiel ihr Risikomanagement angesiedelt. 500 Angestellte arbeiten dort, 150 weitere Stellen sind noch offen. Außerdem baut das Großinstitut an der Otto-Suhr-Allee gerade einen neuen „Campus“, auf dem 2500 Mitarbeiter Platz haben sollen – Verwaltung, Risikomanagement und Callcenter werden hier zusammengezogen.

Ob das auch eine Chance für die Mitarbeiter der Berliner Bank sein wird? In der Filiale zu arbeiten, ist schließlich etwas anderes, als im Callcenter Beschwerden entgegenzunehmen. Zumindest anbieten will die Deutsche Bank ihnen den Wechsel.

Zur Startseite