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Rund 300 Millionen Pakete wurden 2019 zurückgeschickt. In diesem Jahr dürften es mehr sein.

© Tom Weller/dpa

Vorschlag von Sachverständigenrat: Kunden sollen Retouren bei mangelfreien Produkten selber zahlen

Das Gremium empfiehlt dem Justizministerium eine Gesetzesänderung zu Ungunsten der Verbraucher. Die vielen Retouren belasteten die Umwelt zu stark.

Der Onlinehandel boomt – doch wo Kunden von Schnäppchentagen und kostenlosen Rücksendungen profitieren, leidet mitunter die Umwelt. Der Sachverständigenrat für Verbraucherfragen (SVRV) hat am Montag insbesondere die „Retourenproblematik im Onlinehandel“ kritisiert und dem Bundesverbraucherschutzministerium (BMJV) Lösungsansätze für einen nachhaltigeren Onlinehandel vorgestellt. Ratsmitglied Hans-Wolfgang Micklitz forderte hierfür „eine Verantwortungsübernahme der Wirtschaft, der Politik, aber auch der Verbraucher selbst“.

Der Sachverständigenrat schlägt unter anderem vor, Verbraucher zur Kostenübernahme für „Retouren von mangelfreien Produkten“ zu verpflichten – bisher zahlen sie dafür oftmals überhaupt nichts. „Fast 60 Prozent der Unternehmen würden gerne Rücksendegebühren erheben, sehen aber aus Wettbewerbsgründen hiervon ab“, erklärte das unabhängige Beratergremium des BMJV. Die Sachverständigen verwiesen auf eine Studie der Universität Bamberg von 2019, derzufolge bereits eine Mindestrücksendegebühr von drei Euro zu 16 Prozent weniger Retouren führen würde.

„Mit ein paar Klicks bequem von zu Hause bestellen und Waren ohne großen Aufwand kostenlos zurückschicken, gehört für viele mehr denn je zum Konsumalltag“, sagte Verbraucherschutz-Staatssekretär Christian Kastrop dem „Handelsblatt“. Doch dieses Konsumverhalten habe „Schattenseiten, denen wir uns stellen müssen, wenn man etwa an den Retouren-Boom, das dadurch gesteigerte Verkehrsaufkommen und die Vernichtung von Neuware denkt“.

Aus Sicht des Sachverständigenrates braucht es auch „eine offene gesellschaftliche Debatte“ und mehr Aufklärung der Verbraucher. Für sie sei es „nahezu ausgeschlossen“, sich einen Überblick über die komplexen nationalen und internationalen Anforderungen etwa an Rohstoffgewinnung und Wiederverwertung zu verschaffen „und herauszufinden, unter welchen Bedingungen die im Onlinehandel gekauften Produkte hergestellt und transportiert werden“.

Die Sachverständigen kritisieren auch, dass sich Nachhaltigkeitsaspekte bislang hauptsächlich im Umweltrecht und kaum im Verbraucherrecht fänden. Deutschland steht aus ihrer Sicht vor der „Herkulesaufgabe“, beide Bereiche zu verbinden. (AFP)

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