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Kreditausfälle können auch die Deutsche Bank belasten.

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Vor der Hauptversammlung: Wie hart trifft die Coronakrise die Deutsche Bank?

Kreditausfälle und sinkende Provisionen: Die Coronakrise belastet die Geldhäuser. Die Deutsche Bank trifft sie mitten im Umbau.

Von Carla Neuhaus

Glaubt man Paul Achleitner, ist die Corona-Pandemie für die Deutsche Bank eine Chance. „In der letzten großen Krise vor zwölf Jahren waren Banken das Problem“, sagt er. „Diesmal können und wollen wir Teil der Lösung sein.“

So steht es in seiner vorab veröffentlichten Rede, die der Aufsichtsratschef der Deutschen Bank bei der Hauptversammlung an diesem Mittwoch halten will. Die Bank, die in den letzten Jahren in so viele Skandale wie kaum eine andere verwickelt war, hofft ausgerechnet in Zeiten der Pandemie auf einen Neuanfang. Ein gewagtes Unterfangen.

Denn die Coronakrise trifft Deutschlands größtes Geldinstitut mitten im Umbau. Vorstandschef Christian Sewing hat dem Institut schon lange vor dem Auftauchen des Virus ein umfangreiches Sparprogramm verordnet. 18.000 Jobs baut er derzeit ab, bis Ende 2022 will er damit durch sein.

Verhandlungen über Abfindungen gehen weiter

Zwischenzeitlich hätten sie die Gespräche mit den betroffenen Mitarbeitern wegen Corona gestoppt, berichtet Sewing in seiner für Mittwoch vorbereiteten Rede. Inzwischen gingen die Verhandlungen etwa über Abfindungen aber weiter. „Das ist immer schmerzhaft, und es ist ganz besonders schmerzhaft in diesen Zeiten“, sagt Sewing. „Aber wir müssen in diesem Umfeld an unseren Kostenprogrammen festhalten.“

Deutsche-Bank-Chef Sewing baut weiter Stellen ab. Das soll die Bank langfristig stabiler machen.
Deutsche-Bank-Chef Sewing baut weiter Stellen ab. Das soll die Bank langfristig stabiler machen.

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Zumal die Probleme der Deutschen Bank durch Corona nicht kleiner geworden sind. Im Gegenteil. Zwar mag Achleitner Recht behalten und sich das Image der Bank dank der starken Unterstützung von Firmen mit Krediten verbessern. Doch finanziell wird die Pandemie die Deutsche Bank belasten. Ein Dilemma, vor dem alle Geldhäuser stehen.

„Die größten Sorgen machen mir als Aufseher die Kreditrisiken, die im dritten Quartal einschlagen werden“, sagte Bundesbank-Vorstand Joachim Wuermeling kürzlich. Zwar hält er die deutschen Banken derzeit für stabil. Doch was kommt auf sie zu, wenn in den nächsten Wochen und Monaten vermehrt Unternehmen ihre Kredite nicht mehr bedienen können?

Die Coronakrise könnte Banken besonders treffen

Mit manchen Firmen werden die Banker einen Aufschub der Zahlungen vereinbaren können. Andere hingegen werden Pleite gehen. Zehn Prozent der deutschen Unternehmen, so die Prognosen, könnten aufgrund von Corona Insolvenz anmelden müssen. Für die Banken heißt das: Sie bekommen einen großen Teil ihres Geldes nicht zurück. Felix Hufeld, Chef der Finanzaufsicht Bafin, vermutet deshalb, dass der Bankensektor mit am stärksten von der Coronakrise betroffen sein wird.

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Die Institute bereiten sich darauf vor und legen Geld zur Seite. Allein die Deutsche Bank hat ihre Risikovorsorge im ersten Quartal mehr als verdreifacht. 506 Millionen Euro hat sie nun gebunkert, unter anderem für den Fall, dass Kredite ausfallen. 260 Millionen Euro davon sollen in direktem Zusammenhang mit der Coronakrise stehen. Und glaubt man Analysten, ist das erst der Anfang. Für das gesamte Jahr, schätzen sie, könnte die Deutsche Bank zwei Milliarden Euro für Kreditausfälle benötigen.

Reicht die Risikovorsorge der Deutschen Bank aus?

Noch versucht Sewing allerdings, Optimismus zu verbreiten. „Unser Kreditbuch ist risikoarm und gut diversifiziert“, sagt er. „Die Hälfte unserer Darlehen haben wir in Deutschland vergeben, und rund 60 Prozent davon sind gut besicherte private Baufinanzierungen.“ Andere Banken hätten bereits sehr viel mehr Geld für Kredite zur Seite legen müssen.

Steht die Deutsche Bank also besser da als die Konkurrenz oder war die einfach schlauer? „In der Tat erscheint die Risikovorsorge der Deutschen Bank im Vergleich zu anderen europäischen Banken und auch im historischen Vergleich niedrig“, sagte kürzlich Alexandra Annecke von der Fondsgesellschaft Union Investment im Gespräch mit dem Handelsblatt. Dafür könne es gute Gründe geben. „Aber natürlich schwingt immer auch ein bisschen Zweifel mit, ob sich die Bank mehr Risikovorsorge für den Moment schlicht nicht leisten kann oder will.“

Seit acht Jahren leitet Paul Achleitner den Aufsichtsrat der Deutschen Bank.
Seit acht Jahren leitet Paul Achleitner den Aufsichtsrat der Deutschen Bank.

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Schließlich muss die Deutsche Bank gerade vor allem eins: Sparen. Die Zahlen für das erste Quartal haben Beobachter zwar positiv überrascht. Doch so gut dürfte es nicht weiter gehen. Verdient hat das Geldinstitut vor allem im Geschäft mit Anleihen und Derivateoptionen: Sie hat also davon profitiert, dass Unternehmen versucht haben, sich abzusichern und mehr Geld bei Anlegern einzusammeln.

Doch ob dieses Geschäft so gut weiterläuft, ist fraglich. Und auch im klassischen Bankgeschäft dürfte es in den nächsten Monaten noch schwieriger werden, Geld zu verdienen. Weil die Zinsen seit Jahren extrem niedrig sind, sind die Institute auf Provisionen angewiesen, wie sie zum Beispiel beim Verkauf von Fonds anfallen. Doch dort dürfte kaum etwas zu holen sein. In den meisten Geschäftsbereichen dürften die Provisionserträge „drastisch zurückgehen“, schreibt die Deutsche Bank in ihrem letzten Zwischenbericht.

Das Institut hat auch deshalb gerade erst Negativzinsen für vermögende Privatkunden eingeführt. Wer ein neues Konto eröffnet und darauf mehr als 100.000 Euro parkt, muss dafür seit dieser Woche ein „Verwahrentgelt“ bezahlen. Auch mit Maßnahmen wie dieser will Sewing die Bank wohl auf das vorbereiten, was in der Corona-Krise noch auf sein Institut zukommt. Er sagt: „Wir können zwar nicht die Stärke des Sturms bestimmen, wohl aber die Stabilität unseres Schiffs.“

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