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Für schwach- und mittelradioaktive Stoffe ist das Endlager Schacht Konrad in Salzgitter im Bau.

© Silas Stein/p-a/dpa

Vor den Landtagswahlen im Osten: Die Endlagersuche für Atommüll könnte der AfD in die Hände spielen

Die Suche nach einem Atommüll-Lagerort wird zum Wahlkampfthema. Der Bund setzt auf Aufklärungsveranstaltungen.

Welche Probleme die Suche nach einem Endlager für Atommüll noch bereiten könnten, zeigt ein Blick in den Osten. Im Januar machte der Bürgermeister von Bautzen, Alexander Ahrens (SPD), seinem Unmut Luft. Aufgrund der Granitvorkommen sei die gesamte Südhälfte der Oberlausitz „in einem Topf, in dem niemand sein möchte“, so Ahrens zur Sächsischen Zeitung.

Seit geraumer Zeit wird nach einem geeigneten Standort für die Endlagerung des deutschen Atommülls gesucht. Welche Probleme die Suche noch bereiten könnte, zeigt dieser Tage ein Blick in den Osten Deutschlands. Im Januar machte der Bürgermeister von Bautzen, Alexander Ahrens (SPD), seinem Unmut Luft. Aufgrund der Granitvorkommen sei die gesamte Südhälfte der Oberlausitz für ein Endlager geeignet, gab er zu. Dennoch will er keines bei sich.

Dann sei da die Frage der Beteiligung bei der Endlagersuche, denn echte Mitbestimmung sehe die Suche nicht vor. Doch sein Kernargument war politischer Natur: „Es ist für mich untragbar, dass die ostdeutschen Länder nun vielleicht noch den ganz überwiegend westdeutschen Atommüll aufgedrängt bekommen.“

Die Argumente, die der SPD-Politiker aus Sachsen vorbrachte, könnten auch für die Akteure der Endlagersuche noch ein Thema werden. Der Bund will bis 2031 ein Endlager für hochradioaktive Abfälle finden. 1900 Castoren sollen darin Platz finden. Gebiete mit Ton-, Granit- oder Salzgestein kommen als Standorte infrage. Derzeit scheint es vergleichsweise still um die Endlagersuche.

AfD hat die hochemotionale Endlagersuche für sich entdeckt

Doch Beobachter rechnen nicht damit, dass es so bleibt. Mitte 2020 will die Bundesgesellschaft für Endlagerung jene Gebiete nennen, die als Standort infrage kommen. Derzeit informiert das Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE) auf bundesweit über die Suche nach einem Standort. Geplant sind Veranstaltungen in den Hauptstädten aller Bundesländer. Dabei soll das Suchverfahren erläutert werden. Die Veranstaltungen sind auch ein Stimmungstest für die Akzeptanz der Endlagersuche.

Am Donnerstag lädt das BfE nach Potsdam ein. Damit findet die Veranstaltungsreihe erstmals in einem Bundesland statt, in dem in diesem Jahr noch gewählt wird. Dass die Endlagersuche ein Wahlkampfthema sein kann, liegt auf der Hand. Das hochemotionale Thema, das Potenzial für heftigen Streit birgt, hat auch die AfD für sich erkannt. In ihrem Grundsatzprogramm formuliert sie: „Eine zentrale Endlagerung an einem später kaum mehr zugänglichen Ort halten wir für den falschen Weg.“ Radioaktive Stoffe sollten demnach vielmehr dezentral und zugänglich in gesicherten Orten eingelagert werden, um sie später wieder aufbereiten zu können.

Drohender Riesenstreit. Welche Region und welcher Ort muss am Ende den radioaktiven Abfall abnehmen?
Drohender Riesenstreit. Welche Region und welcher Ort muss am Ende den radioaktiven Abfall abnehmen?

© Foto: Stefan Sauer/p-a/dpa

Gegen eine populistische Instrumentalisierung des Themas durch die AfD, setzt das BfE auf Aufklärung. „Keine ernstzunehmende gesellschaftliche Gruppe kann sich den hochrisikoreichen Hinterlassenschaften aus der Nutzung der Atomenergie entziehen, ohne in vertretbarer Zeit eine Antwort zur Lösung des Problems zu geben“, sagte BfE-Präsident Wolfram König dem Tagesspiegel. Die Beantwortung der Endlagerfrage sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. „Das Verschieben in die Zukunft löst das Problem nicht, sondern verschärft es.“

Schon die Landtagswahl in Bayern zeigte die Brisanz des Themas

Wie viel Brisanz in der Endlagersuche liegt, wurde bereits nach der Landtagswahl in Bayern im vergangenen Jahr deutlich. Da hatten sich CSU und Freie Wähler in den Koalitionsvertrag geschrieben, dass Bayern kein geeigneter Standort für ein Endlager sei. „Wer meint, er könne aus durchsichtigen Gründen aus dem Verfahren vorzeitig aussteigen, wird erklären müssen, warum er es offenbar vorzieht, die hochradioaktiven Abfälle an den Atomkraftwerk-Standorten stehen zu lassen. Diese befinden sich übrigens gerade auch in Bayern“, sagte König.

Die Endlagersuche ist längst auch Thema in Beschlüssen kommunaler Parlamente, in Landkreisen und Städten. In Sachsen-Anhalt etwa. Immer wieder war die Endlagersuche Thema im Kreistag von Stendal. Abgeordnete befürchten, dass der Landkreis aufgrund seines Tongesteins im Untergrund als Standort für ein Endlager infrage kommen könnte. Im März beschloss der Kreistag schließlich eine Resolution, die Stendal als Endlagerstandort ausschließen soll. Die Lebensqualität der Menschen dürfe nicht beeinträchtigt werden, hieß es darin. Dazu komme der Naturraum mit biologischer Vielfalt. Auch die Mitbestimmungsrechte der Menschen an der Endlagersuche seien zu gering, zudem sei Tongestein ungeeignet.

Das BfE arbeitete sich wenig später in einer zweiseitigen Stellungnahme an der Resolution ab. Für das BfE steht auf den Info-Veranstaltungen vor allem die Aufklärung der Bürger im Vordergrund. König sagt zudem: „Denjenigen, die eines Tages die Verantwortung für die nationale Aufgabe der sicheren Entsorgung der hochradioaktiven Abfälle übernehmen, muss zudem eine regionale Entwicklungsperspektive geboten werden.“

Arbeitsmaschinen stehen im Erkundungsbergwerk Gorleben hinter einer Absperrung.
Arbeitsmaschinen stehen im Erkundungsbergwerk Gorleben hinter einer Absperrung.

© Philipp Schulze/dpa

Für die Akzeptanz der Endlagersuche könnte auch die weitere Nutzung der Atomkraft eine Rolle spielen. Erst kürzlich hatte VW-Chef Herbert Diess geraten, die Kernkraftwerke länger laufen zu lassen. Auch der konservative Flügel von CDU und CSU hatte sich später dafür stark gemacht. Die Debatte lässt auch die Akteure der Endlagersuche nicht kalt. „Zentrale Voraussetzung für eine ergebnisoffene Suche mit einem am Ende auch akzeptierten Endlagerstandort ist der verbindliche Ausstieg aus der Atomkraftnutzung“, sagte König.

Erst durch diesen Beschluss sei es möglich, sich in einem breiten gesellschaftlichen Konsens der Frage eines sicheren Endlagers zu widmen. „Wer jetzt diesen Konsens in Frage stellt, muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass er ohne Not den mühsam erarbeiteten Weg zu einem sicheren Umgang mit den hochrisikoreichen Hinterlassenschaften ins Rutschen bringt“, sagt König.

Transparenz spielt eine entscheidende Rolle für die Akzeptanz der Endlagersuche

Auch das Nationale Begleitgremium, das bei der Endlagersuche zwischen Politik und Öffentlichkeit vermitteln soll, lehnt eine Laufzeitverlängerung von AKWs ab. „Wer jetzt einer Verlängerung der Laufzeiten das Wort redet, bringt den Klimaschutz nicht voran. Aber er setzt leichtfertig den Kompromiss zum Ausstieg aufs Spiel“, sagte Klaus Töpfer, Co-Vorsitzender des Gremiums. Gerade Transparenz wird bei der Endlagersuche eine entscheidende Rolle spielen. Was die Opposition seit Langem bemängelt: das Fehlen eines Geologie-Datengesetzes. Dieses ist ein kniffliger Punkt bei der Endlagersuche.

Mit dem Gesetz soll die Bereitstellung geologischer Daten geregelt und ihre öffentliche Zugänglichkeit erleichtert werden – um Entscheidungen über die Ermittlung potenzieller Gebiete überhaupt öffentlich machen zu können. „Für die Nachvollziehbarkeit der Ausweisung von geologisch geeigneten Gebieten für eine weitere Erkundung ist es wichtig, die Daten nicht nur auszuwerten sondern auch zugänglich machen zu können“, sagte Steffen Kanitz, Geschäftsführer der Bundesgesellschaft für Endlagerung.

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