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Schätzungsweise sechs Milliarden Emojis werden täglich verschickt.

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Von Trucks bis Wollsocken: Hinter welchen Emojis insgeheim Unternehmen stecken

Konzerne entwerfen Emojis und machen damit Werbung auf den Smartphones von Milliarden Nutzern. Selbst Staaten nutzen diesen Weg.

Von Laurin Meyer

Monatelang haben die Mitarbeiter an der Entwicklung dieses Fahrzeugtyps gesessen. Sie machten erste Skizzen, bauten einen Prototypen. Das Ergebnis macht den Autobauer Ford stolz: Es ist ein Geländewagen in Miniaturgröße, produziert aus feinsten Pixeln.

Ford hat ein eigenes Emoji entworfen und es damit auf die Geräte von Milliarden von Nutzern geschafft. Das Bildchen vom Pick-up-Truck ist nämlich eines von über hundert neuen Smileys, die die großen Tech-Konzerne ab Herbst in ihre Smartphone-Tastaturen aufnehmen.

„Ford will mit dem Emoji darauf aufmerksam machen, dass der Konzern mit dem F-150 seit Jahrzehnten das erfolgreichste Fahrzeug Nordamerikas produziert“, erklärt ein Sprecher. Kein Wunder also, dass der Entwurf des digitalen Geländewagens so aussieht wie dessen Original: ähnliche Form, ähnliche Scheinwerfer.

Es ist ein großer Marketingerfolg für Ford. Schließlich dürften Nutzer das Geländewagen-Emoji bald millionenfach über Nachrichtendienste verschicken. Für diese subtile Werbung brauchte es gar nicht viel. Denn jeder, egal ob Privatperson oder Unternehmen, kann ein eigenes Emoji beantragen.

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Ob und wie es ein Entwurf auf die Smartphones schafft, entscheidet dann das sogenannte Unicode-Konsortium – eine gemeinnützige Organisation in Kalifornien. Ihr Ziel: einen gemeinsamen Emoji-Standard für die allermeisten Hersteller zu schaffen. Verschickt ein Apple-Nutzer ein Piktogramm, sollen das schließlich auch die Gerätebesitzer anderer Marken lesen können.

Finanziert wird die gemeinnützige Organisation von Tech-Firmen wie Apple, Microsoft und Google, aber auch SAP stimmt über Vorschläge für den einheitlichen Katalog ab. Die fertigen Bildchen unterscheiden sich von Gerät zu Gerät dann nur noch im Detail. Die Illustratoren der Hersteller sorgen dafür, dass die Emojis den Look des jeweiligen Unternehmens behalten.

Auch hinter dem Bagel-Emoji steht ein Unternehmen

So ein Antrag ist jedoch aufwendig. Denn neben einem Bildentwurf müssen Antragsteller auch eine ausführliche Analyse zum gewünschten Emoji mitliefern. Warum braucht es von dem Gegenstand ein Piktogramm? Wie häufig suchen Nutzer im Internet danach? Hinzu kommt: Bis über einen Antrag entschieden wird, können bis zu eineinhalb Jahre vergehen.

Die Unternehmen hält das nicht ab. Die US-Bäckereikette Western Bagel hatte zuletzt ebenfalls an einem Antrag für ein Emoji mitgeschrieben – mit Erfolg. Seit mehr als einem Jahr können Nutzer sämtlicher Geräte einen Bagel als digitales Bildchen verschicken. Seitdem präsentiert sich das Unternehmen in den sozialen Netzwerken stolz als Co-Erfinder des Bagel-Emojis.

Experten sehen großes Werbepotenzial

Auch die US-Fastfoodkette Taco Bell fand einen Weg, ein Taco-Emoji durchzusetzen – wenn auch über Umwege. Mit einer Online-Petition wollte das Unternehmen das Konsortium davon überzeugen, ein Taco-Emoji zu entwickeln. Nach sieben Monaten unterstützten rund 33.000 Menschen das Vorhaben.

Das Konsortium zeigte sich beeindruckt – und veröffentlichte ein Piktogramm von der mexikanischen Spezialität. Für Marktführer Taco Bell dürfte sich das gelohnt haben. Nachdem das Emoji verfügbar war, verkaufte die Fastfoodkette kurzerhand eine limitierte Taco-Version – inspiriert vom Design des Emojis.

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Das Werbepotenzial ist jedenfalls riesig. Schätzungsweise sechs Milliarden Emojis werden weltweit pro Tag verschickt. Wirtschaftspsychologen wie Wera Aretz sehen in den Piktogrammen noch einen weiteren Vorteil. „Aus der Forschung wissen wir, dass Bilder vom menschlichen Gehirn schneller verarbeitet werden als der gleiche Inhalt in Textform“, sagt die Professorin der Hochschule Fresenius.

Die Folge: Beiträge mit Emojis bekämen mehr Gefällt-mir-Klicks, würden häufiger geteilt werden. „Diese Eigenschaft kann sich dafür eignen, Produkte auf eine bestimmte Art zu präsentieren“, sagt Aretz. „Und durch Emojis beim Kunden auch noch ein wohliges Gefühl auszulösen.“

Meist sind es Agenturen, die Designs entwerfen

Wer in welchem Maße von der Emoji-Werbung profitiert, sei aber schwer vorherzusagen. Das gelte vor allem bei Piktogrammen, deren Ähnlichkeit zu Originalprodukten eher abstrakt ist. Beispiel: Ein Nutzer verschickt ein Schokoladen-Emoji. „Ob der Empfänger dann ebenfalls zur Tafel Schokolade greift, und zu welcher Marke, hängt von vielen weiteren Faktoren ab“, sagt Aretz.

Die Unternehmen überlassen nichts dem Zufall und beauftragen Agenturen mit den Anträgen. Den Pick-up von Ford hat Nathan Maggio entworfen, ehemaliger Kreativdirektor bei „Blue State“. Die Firma hat sich auf Digitalstrategien spezialisiert und bereits für die Kampagnen des ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama gearbeitet.

Konsortium prüft nur die Qualität, nicht den Urheber

Wie viel die Entwicklung gekostet hat, will Ford nicht verraten. Dass Agenturen die Arbeit übernehmen, hat noch einen Vorteil: Als Urheber der Anträge werden meist nur die Designer genannt. Dadurch ist nicht sofort ersichtlich, ob der Entwurf von einem Unternehmen stammt.

Hinter manchen Piktogrammen steckt längst eine professionelle Marketingmaschinerie. Aus Sicht des Konsortiums ist das kein Problem. „Emoji-Vorschläge werden allein aufgrund der Stärke des Entwurfs angenommen“, sagt Mark Davis, Präsident und Mitgründer des Konsortiums, dem Tagesspiegel. „Ob der Vorschlag von einem Unternehmen oder einer Einzelperson erstellt wurde, spielt bei der Prüfung keine Rolle.“

Der Softwareentwickler Mark Davis gilt als Vater der Emojis.
Der Softwareentwickler Mark Davis gilt als Vater der Emojis.

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Allerdings würden nur solche Entwürfe berücksichtigt, die keine Logos oder Markenbilder enthalten. Schließlich sollen die Emojis allgemein auf einen Gegenstand oder eine Kategorie anwendbar sein, erklärt Davis.

Doch auch, wenn keine Logos auf den Emojis abgebildet sind: Bei manchen Piktogrammen ist die Ähnlichkeit zu bestehenden Marken kaum zu übersehen. Das gilt etwa beim Emoji für Pommes Frites. Auf dem Smartphone kommen die gold-gelben Kartoffelstäbchen nämlich in einer roten Pappverpackung daher – ganz so, wie sie von einer Fastfoodkette im Original serviert werden. Lediglich das geschwungene „M“ im Logo des Konzerns fehlt oder ist in manchen Versionen durch einen gelben Smiley ersetzt worden.

Nestlé bekommt kein "Kitkat"-Emoji

Nicht alle Unternehmen waren im Kampf um ein eigenes Piktogramm erfolgreich. Der Lebensmittelkonzern Nestlé hat es offenbar übertrieben. Die Schweizer versuchten, ein Emoji ihrer „Kitkat“-Schokolade als Standard-Symbol auf die Smartphones zu bringen. Dafür hatte das Unternehmen eine Online-Petition gestartet, in den sozialen Netzwerken um Unterstützer geworben – und sich anschließend an das Konsortium gewandt.

Die kühne Vorstellung: Ein zerbrochener Keksriegel könnte demnächst weltweit als Sinnbild für eine Pause, auf Englisch „Break“ wie Bruch, stehen. Die Petition fand zwar rund 5000 Unterzeichner. Als Standard auf die Geräte hat es das Kitkat-Emoji aber nie geschafft.

Auch Staaten schaffen es auf die Smartphones

Mittlerweile wollen zudem nicht nur Unternehmen mit den bunten Symbolen für ihre Produkte werben. Selbst nationale Regierungen versuchen, eigene Emojis auf den Smartphones zu platzieren. Das Sauna-Emoji stammt etwa aus der Marketingabteilung des finnischen Außenministeriums. Das Konsortium nickte einen Entwurf der finnischen Regierung ab und nahm das Emoji im Jahr 2017 in seinen Katalog auf. So schaffte es auch schon das Wollsocken-Emoji auf die Geräte.

Den Entwurf für ein Sauna-Emoji hat das finnische Außenministerium eingereicht.
Den Entwurf für ein Sauna-Emoji hat das finnische Außenministerium eingereicht.

© Promo

Ob deswegen nun mehr Menschen ihren Urlaub in Finnland verbringen? Schwer zu sagen. „Es ist praktisch unmöglich, die Wirkung der Emojis auf den Tourismus zu messen“, erklärte Laura Kamras, Direktorin für öffentliche Diplomatie im finnischen Außenministerium, dem Tagesspiegel.

Finnische Regierung ist von Werbeeffekt überzeugt

Dennoch glaubt die Regierung an den Werbeeffekt. „Wenn eine Person in jungen Jahren ein Interesse an einem Land hat, neigt er dazu, diesen Eindruck auch später im Leben zu behalten“, sagt Kamras mit Verweis auf die meist jungen Smartphone-Nutzer. Das hätten Studien gezeigt. Außerdem seien die Kosten verhältnismäßig gering gewesen, sagt Kamras. Für 30 Entwürfe habe man vom Konzept bis zur Veröffentlichung rund 20 000 Euro bezahlt.

Emojis lassen sich seit einigen Monaten auch nachträglich adoptieren. Für gerade einmal 5000 Dollar können Unternehmen die Patenschaft für ein Emoji übernehmen. Das Konsortium verspricht symbolische Verbundenheit zwischen Piktogramm und Marke – und stellt den Firmen zusätzlich noch Werbematerial zur Verfügung. So sponsert etwa der Kiwi-Vermarkter Zespri das Kiwi-Emoji, Softwarefirma IBM hat das Piktogramm der Wolke in Anlehnung an einen Cloud-Server adoptiert. Und Ballantine’s ist Patentträger für das Whiskyglas.

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Eine Sache dürfte Ford im Nachhinein noch ärgern: Ausschließlich nach den Vorstellungen des Autobauers wird das Pick-up-Symbol nämlich nicht auf die Geräte kommen. So hat das Konsortium entschieden, den neuen Emoji-Truck rot und nicht wie von Ford vorgeschlagen in dessen Konzernfarbe Blau zu gestalten. Außerdem sind die Scheinwerfer kleiner als noch im Entwurf.

Chevrolet gratulierte seinem Konkurrenten deshalb hämisch auf Twitter. „Es sieht so aus, als hätte Ford endlich das Emoji bekommen, das es immer wollte“, schrieb der Konzern in einer Kurznachricht – und stellte ein Bild dazu, wie ein Chevrolet einen liegengebliebenen Emoji-Truck abschleppt. Ein Marketingerfolg wird es wohl dennoch bleiben. Zahlreiche Nutzer, die bald das Pick-up-Emoji verschicken, dürften dabei an Ford denken.

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