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Banken bieten derzeit extrem günstige Kredite an. Allerdings bekommt die längst nicht jeder.

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Von niedrigen Zinsen profitieren: Worauf Sie bei Billig-Krediten achten sollten

Was Sparer ärgert, freut Schuldner: Angesichts der niedrigen Zinsen werden auch Ratenkredite immer günstiger. Allerdings gibt es dabei ein paar Tücken.

Von Carla Neuhaus

Ein Auto, eine neue Küche oder ein teurer Urlaub. Nie war es leichter, sich all das leisten zu können. Zumindest wenn man bereit ist, Schulden zu machen. Während Sparer jammern, weil sie für ihr Erspartes kaum noch Zinsen bekommen, können Kreditnehmer sich freuen. Mussten sie vor Ausbruch der Finanzkrise zum Beispiel für einen Ratenkredit über 10.000 Euro für 36 Monate im Schnitt noch über acht Prozent Zinsen zahlen, sind es heute nur noch etwas über vier Prozent. Wer eine gute Bonität hat – also seine Rechnungen immer pünktlich begleicht –, kommt bei manchen Banken sogar nur auf Zinsen von 2,5 bis drei Prozent.

Wie Kunden angelockt werden

Dass Kredite billig sein können, daran haben sich die Deutschen längst gewöhnt. Schließlich bieten ihnen Händler seit Längerem Null-Prozent-Kredite an. Weil das nichts Neues mehr ist und auch die Konditionen für klassische Ratenkredite sinken, gehen die Firmen nun noch einen Schritt weiter. Der Möbelhändler „Who’s perfect“ bietet seinen Kunden derzeit zum Beispiel eine „Negativ-Zins-Finanzierung“ an. Wer ein Sofa oder einen Schrank kauft, bekommt einen Kredit über 24 Monate – zu einem Zinssatz von minus einem Prozent. Das klingt zu schön, um wahr zu sein. Und ist es auch.

Wer nämlich das Kleingedruckte liest, stellt fest: Die Kunden bekommen lediglich eine klassische Null-Prozent-Finanzierung –mit dem Unterschied, dass der Händler ihnen zusätzlich einen Abschlag von einem Prozent gewährt. Diese Unterscheidung klingt pingelig, ist aber entscheidend. Denn Rabatte sind im Möbelhandel durchaus üblich – und liegen normalerweise deutlich über einem Prozent. Trotzdem nehmen die Kunden das Angebot an. Eine Sprecherin von „Who’s perfect“ sagte, der Kredit sei „ein voller Erfolg“. Die Anzahl der Kunden, die zusätzlich zum Kauf eine Finanzierung abschließen, habe sich seit der Einführung des Negativzinses verdoppelt. Experten wie Unternehmensberater Peter Barkow sagen dagegen: „Das ist eine reine Marketing-Aktion.“

Auch Banken haben Null-Prozent-Kredit getestet

In diese Kategorie fallen auch die jüngsten Versuche von Banken, klassische Ratenkredite, die nicht an den Kauf eines bestimmten Produkts gebunden sind, zu null Prozent anzubieten. Zu finden waren solche Kredite Anfang des Jahres gleich zwei Mal: Über die Onlineportale Smava und Check24 bekamen Verbraucher ein paar Wochen lang 1000 Euro Kredit über 36 Monate quasi umsonst. Der Zinssatz für den Kredit lag tatsächlich bei null Prozent. Doch wie im Handel waren diese Angebote subventioniert: Im Fall von Smava hat die Plattform selbst die Kosten für den Kredit übernommen. Bei Check24 war es ein Partnerinstitut, die Santander Consumer Bank, die die Zusatzkosten getragen hat. So wie ein Elektronikhändler eine Null-Prozent-Finanzierung anbietet, um mehr Waschmaschinen zu verkaufen, haben Smava und Santander das gemacht, um neue Kunden zu gewinnen. Kunden, von denen sie hoffen, dass sie ihnen in Zukunft noch einmal einen teureren Kredit verkaufen können.

Denn auch bei einem Leitzins von null kann keine Bank an einem Kredit verdienen, für den sie keine Zinsen bekommt. Schließlich ist der Zins nicht nur der Preis für den Kredit, sondern auch für das Risiko, dass der Kunde ihn nicht zurückzahlt. Deshalb glauben Experten bislang nicht daran, dass sich der Null-Prozent-Kredit im klassischen Bankgeschäft so schnell durchsetzen wird. „Dafür müsste der Leitzins noch drastischer sinken“, sagt Bankenexperte Peter Barkow. Allerdings ändert das nichts daran, dass Ratenkredite derzeit extrem günstig sind – und womöglich auch noch günstiger werden.

Wann ein Kredit sinnvoll ist

Doch auch wenn die Zinsen niedrig sind, ist es nicht immer ratsam, sich zu verschulden. „Ein Kredit macht immer dann Sinn, wenn er produktiv ist“, sagt Michael Knobloch, Vorstand der Verbraucherzentrale Hamburg. So kann es sich für Studenten lohnen, sich Geld für den Kauf einer Waschmaschine zu leihen, wenn sie sich dadurch die teuren Besuche im Waschsalon sparen. Auch wer ein Auto braucht, um zur Arbeit zu kommen, profitiert vom Kredit.

Umstritten sind dagegen Schulden für alles, was Spaß macht – wie Reisen. Knobloch meint allerdings, auch ein Urlaub mit der Familie kann einen Kredit im Einzelfall rechtfertigen. Allerdings sollte man den schnell zurückzahlen. „Wenn man den Kredit für die Reise immer noch abbezahlt, wenn man längst schon wieder urlaubsreif ist, ist das nicht sinnvoll“, sagt er.

Worauf Kunden achten sollten

Angesichts der vielen Lockangebote der Banken ist es für Verbraucher nicht einfach, das für sie passende Kreditangebot zu finden. Zwar zeigen Vergleichsportale im Netz per Mausklick Listen mit Banken und deren Konditionen an. Doch die Höhe der Zinsen hängt in der Regel von der Zahlungswürdigkeit der Kunden ab. Und Institute, die im Ranking weit oben landen, weil sie theoretisch den günstigsten Kredit anbieten, haben oft die größten Spannen bei den Konditionen. In dem Fall profitiert nur, wer von Auskunfteien die beste Bonitätsnote bekommt. Doch solche Leute brauchen meist keinen Ratenkredit. Die anderen zahlen bei den vermeintlich günstigen Anbietern schnell drauf. So landet die Creditplus Bank im Vergleich von Check24 mit einem effektiven Jahreszins von 2,59 Prozent weit oben in der Bestenliste – doch je nach Kreditwürdigkeiten steigen die Zinsen bei ihr schnell auf über zehn Prozent an. Günstig ist das dann nicht mehr.

Auch gehen die Banken derzeit mit dem Zins weiter runter, je länger der Ratenkredit läuft. Verbraucherschützer warnen jedoch davor, sich davon zu einer längeren Laufzeit als nötig verleiten zu lassen. Denn je mehr Raten man zahlen muss, desto teurer wird es – und zwar auch dann, wenn dafür der Zins etwas sinkt. Verbraucherschützer Knobloch rät, die Laufzeit an die individuellen Bedürfnisse anzupassen. Wer ein Auto zum Beispiel nur fünf Jahre fahren will, sollte keinen Kredit abschließen, den er länger als fünf Jahre zurückzahlt. Sonst führt das schnell in die Überschuldung.

Hinzu kommt, dass viele Anbieter Kunden zusammen mit dem Kredit oft eine Restschuldversicherung verkaufen. Doch Knobloch sagt: „Die ist in den meisten Fällen überteuert und wenig hilfreich.“ Eigentlich soll eine solche Versicherung einspringen, wenn der Schuldner die Kreditraten nicht mehr zahlen kann. Nur: In vielen Fällen tut sie das nicht oder erst zu spät. „Die häufigsten Gründe für einen Kreditausfall sind Scheidung und Arbeitslosigkeit“, sagt Knobloch. Doch bei Scheidung zahlen viele Rechtsschutzversicherungen nicht. Und bei Arbeitslosigkeit springen sie oft erst nach drei Monaten ein – doch dann kann es bereits zu spät sein.

Welche Rolle die Schufa spielt

Wie hoch Kreditzinsen ausfallen, hängt meist von der Bonität der Verbraucher ab – also von der Wahrscheinlichkeit, dass der Kunde das Geld zurückzahlt. Manche Banken bieten zwar bonitätsunabhängige Kredite an: Bei ihnen bekommen alle Kunden dieselben Konditionen. Allerdings erhält trotzdem nicht jeder solch ein Darlehen: Auch für diese Kredite setzt die Bank eine gewisse Bonität voraus. Schluss ist meist, wenn die Ausfallwahrscheinlichkeit 17 Prozent übersteigt.

Zudem sollten Verbraucher sich klar machen: Jeder Kredit, den sie abschließen, wird Auskunfteien wie der Schufa gemeldet. Je mehr Kredite und je stärker Verbraucher sich verschulden, desto schlechter fällt ihre Bonitätsnote aus. Ist der Kredit abbezahlt, registriert das die Schufa. Drei Jahre nach der Tilgung wird er komplett aus dem Datensatz gestrichen.

Wichtig ist allerdings: In Ausnahmefällen kann es bereits den Schufa-Score verschlechtern, wenn man sich bei der Bank nach einem Kredit erkundigt. Denn das Institut hat zwei Möglichkeiten, die Bonität des Kunden abzufragen: Der Berater kann eine „Kreditkonditionen-Anfrage“ stellen oder eine „Kredit-Anfrage“. In beiden Fällen erhält die Bank die gleichen Informationen. Nur: Die Kredit-Anfrage wirkt sich für den Verbraucher negativ auf seine Schufa-Score aus – die Konditionen-Anfrage dagegen nicht. Onlinebanken arbeiten daher mit Letzterer. In der Filiale kann es Verbraucherschützern zufolge aber passieren, dass der Berater eine Kredit-Anfrage stellt – auch wenn man sich erst mal nur erkundigen will. Ärgerlich ist das vor allem dann, wenn man mehrere Kreditangebote einholt.

Wenn man es sich anders überlegt

Wer sich einen neuen Fernseher oder neue Kleidung kauft, hat ein Umtauschrecht. Was viele Kunden nicht wissen: So etwas gibt es auch für Verbraucherkredite. Wer es sich in den ersten 14 Tagen nach Abschluss anders überlegt, kann von dem Kredit zurücktreten. Manche Anbieter sind sogar so kulant und räumen den Kunden eine längere Widerrufsfrist ein – das steht dann im Kleingedruckten. Neben dem klassischen Ratenkredit gilt dieses Widerrufsrecht auch für Autokredite oder die Immobilienfinanzierung und seit Kurzem sogar für die Null-Prozent-Kredite von Händlern. Begründen müssen Verbraucher den Widerruf nicht. Wichtig ist aber, dass sie ihn schriftlich einreichen – am besten per Einschreiben. Oft lassen sich diese Kredite auch vorzeitig zurückzahlen. „Kunden haben bei Ratenkrediten ein Recht auf Sondertilgung“, sagt Stephan Gawarecki, Vorstand des Finanzvermittlers Dr. Klein. Der Haken: Manche Banken lassen sich das bezahlen und verlangen eine sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung.

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