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Autos könnten ins Zentrum der EU-Klimapolitik rücken.

© picture alliance/dpa

Von der Leyen plant strengere Klimaziele: EU prüft Verbot des Verbrennungsmotors

Bis 2030 will die EU-Kommission den Ausstoß der Klimagase deutlich senken. Welche Folgen das für Konzerne und Verbraucher hat.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wird am Mittwoch im Europa-Parlament schärfere Klimaschutzziele verkünden. Bislang galt, dass die EU im Jahr 2030 40 Prozent weniger Treibhausgase ausstoßen soll als 1990. Von der Leyen will, dass bis dahin sogar 55 Prozent eingespart werden sollen.

Aus einem internen Papier der Kommission mit dem Titel "Der Plan für das Klima-Ziel 2030", das unserer Zeitung vorliegt, geht hervor, dass die Kommission Verbrauchern und Industrie eine Menge abverlangen will.

Was bedeuten die Pläne der Kommission für die Autobranche?

Besonders heftig wird es die Automobilindustrie treffen. Die Vorgaben für die Hersteller zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes sollen massiv gesteigert werden. Bislang gilt, dass die Hersteller den Ausstoß ihrer Neufahrzeuge von 2021 bis 2030 im Schnitt um 37,5 Prozent senken müssen. Nun peilt die Kommission "rund 50 Prozent" weniger an. Es darf nicht vergessen werden, dass schon etliche Hersteller Schwierigkeiten haben werden, den Zielwert für 2021 zu erreichen. So wird etwa spekuliert, dass Daimler den Wert verfehlen wird und damit Strafzahlungen riskiert.

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Mindestens genauso gravierend ist die Ansage der Kommission, über ein Verbot des Verbrenners nachzudenken. Wörtlich heißt es: Die Kommission werde prüfen, ab welchem Zeitpunkt, "interne Verbrennungsmotoren in Autos nicht mehr auf den Markt kommen sollten". Die EU-Kommission macht zudem deutlich, dass sie vor allem auf batterieelektrische Fahrzeuge in der Zukunft setzt: Man sehe "eine klare Rolle für die Elektrifizierung als Schlüsselpfad zur Dekarbonisierung" des Sektors. Für das Jahr 2050 gibt sie die Losung aus: "Nahezu alle Autos auf der Straße dürfen dann keinerlei Emissionen mehr ausstoßen."

Autokonzerne könnten Schwierigkeiten bekommen: Noch setzen sie größtenteils auf den Verbrennermotor.
Autokonzerne könnten Schwierigkeiten bekommen: Noch setzen sie größtenteils auf den Verbrennermotor.

© dpa

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Ist die Verschärfung der Flottenziele amtlich?

Nein, sowohl das Europa-Parlament als auch die Mitgliedstaaten müssten zustimmen. Allerdings ist in beiden Kammern nicht mit Widerstand zu rechnen. Das Europa-Parlament peilt noch schärfere Vorgaben an. Und die Zeiten sind vorbei, da sich die Bundesregierung in Brüssel für die deutsche Schlüsselbranche eingesetzt hat. In der Länderkammer hatte Deutschland ohnehin zuletzt nicht einmal Frankreich an seiner Seite, wenn es darum ging, die EU-Regulierung zumindest ansatzweise mit den wirtschaftlichen Erfordernissen der Branche abzustimmen. Die Kommission will bis Juni 2021 einen neuen Vorschlag für die Flottenregulierung vorlegen.

Wie reagiert die Branche?

Die Branche ist noch in der Schockstarre. Intern heißt es: "Sollten die Pläne der Kommission Realität werden, dann bedeutet das das Ende des Automobilbaus in Deutschland wie wir ihn heute kennen." Die Vorgaben aus Brüssel würden zu einem Arbeitsplatzabbau nie dagewesenen Ausmaßes bei Herstellern und Zulieferern führen.

An diesem Mittwoch will EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ihre Klima-Strategie im Detail vorstellen.
An diesem Mittwoch will EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ihre Klima-Strategie im Detail vorstellen.

© REUTERS

An diesem Mittwoch will VDA-Präsidentin Hildegard Müller mit dem Vorstand des Verbandes telefonieren und eine Strategie festlegen. Mit einer Verschärfung der Vorgaben aus Brüssel hatte die Branche gerechnet, seitdem dies im Arbeitsplan der Kommission unter der Führung von Ursula von der Leyen vage angekündigt worden war. Dass die Pläne aus Sicht der Branche so verheerend ausfallen, wird dem Einfluss ihres Stellvertreter Frans Timmermans zugeschrieben, der für den "Green Deal" zuständig ist.

Wie will die Kommission dafür sorgen, dass die ehrgeizigen Klimaziele sonst noch erreicht werden?

Das gesamte EU-Instrumentarium im Zusammenhang mit dem Klimaschutz soll überprüft und geschärft werden. Bislang galt, dass bis 2030 die Produktion von Strom aus regenerativen Quellen auf einen Anteil von 32 Prozent steigen soll. Nun gibt die Kommission dafür als Ziel 65 Prozent aus. Erneuerbare sollen allein im Bereich Heizen und Kühlen 2030 einen Anteil von 40 Prozent liefern.

Umweltaktivisten demonstrieren gegen eine Prämie für Verbrenner.
Umweltaktivisten demonstrieren gegen eine Prämie für Verbrenner.

© imago images/Bernd Friedel

Die Sanierung von Wohngebäuden soll massiv gesteigert werden. Derzeit gelten 75 Prozent der Wohngebäude als unzureichend isoliert. Die Renovierungsquote im Bestand beträgt derzeit ein Prozent im Jahr und soll bis 2030 "mehr als verdoppelt werden", heißt es in dem Papier. Erneuerbare Energien lieferten im Jahr 2015 sieben Prozent zum Energieverbrauch im Transportsektor. Im Jahr 2030 soll der Anteil bei 24 Prozent liegen.

Wie soll sich der Energiemix verändern?

Im Jahr 2030 soll nach den Plänen der Kommission EU-weit 70 Prozent weniger Kohle verfeuert werden als im Jahr 2015, 30 Prozent weniger Öl und 25 Prozent weniger Gas. Bislang war geplant, dass Erneuerbare Energien 2030 einen Anteil am Gesamtenergiemix von 32 Prozent haben. Dieser Anteil soll nun auf 38 Prozent gesteigert werden.

Insgesamt soll 2030 rund 40 Prozent weniger Primärenergie verbraucht werden als im Jahr 2015. Die Industrie in der EU soll von 2015 bis 2030 ihren Energieverbrauch um 25 Prozent senken. Im Vergleich zum Jahr 1990 bedeutet dies ein Minus von knapp 50 Prozent.

Wie steuert die Kommission den Umbau beim Energieverbrauch?

Sie dürfte der Industrie neue Vorgaben etwa zum Energieverbrauch von Produkten machen. So ist eine Überarbeitung der Ökodesign-Richtlinie bis zum nächsten Sommer angekündigt. Diese Richtlinie sorgt bereits jetzt dafür, dass Stromschleudern etwa unter Leuchtmitteln, Staubsaugern und Kühlgeräten nicht mehr in der EU verkauft werden dürfen. Außerdem soll der CO2-Preis steigen. Dafür soll der Handel mit Verschmutzungszertifikaten ausgeweitet werden. Der Verkehr und Wohngebäude sollen in den Emissionshandel einbezogen werden. Zudem müssen die EU-Staaten ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Jedes EU-Land bekommt im Rahmen des Lastenteilungsverfahrens für die Sektoren, die nicht dem Emissionshandel unterliegen, verbindliche Vorgaben für CO2-Obergrenzen im Jahr. Wenn diese Budgets nicht eingehalten werden, sind von den Mitgliedstaaten Strafzahlungen zu leisten. Schon jetzt ist absehbar, dass Deutschland sein bisheriges Lastenteilungsziel verfehlt. Wenn die Kommission ihre Klimaziele schärft, ist auch damit zu rechnen, dass das aktuelle Einsparziel Deutschlands von 38 Prozent steigt. Erste Schätzungen gehen davon aus, dass es auf 60 Prozent steigen könnte.

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