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Auch bei Assassin's Creed können Spieler etwas lernen.

© picture alliance/dpa

Von "Assassin's Creed" bis "Chemicus": Vier Gamer berichten, wie sie beim Spielen lernen - auch für die Schule

Selbst bei einem Action-Spiel wie "Assassin’s Creed" kann man etwas lernen. Andere Spiele sind sogar darauf ausgelegt. Wie nehmen die Gamer das wahr?

Es kann ganz unverhofft passieren – eigentlich wollten die Spieler sich mit einem Videospiel ablenken, Spaß haben, und dann: lernen sie auf einmal etwas. Mit Games lässt sich inzwischen allerlei Wissen vermitteln. Historische Figuren können in einem „Assassin’s Creed“ auftreten und mit den Spielern sprechen. In einem Rätselspiel wie „The Witness“ wird die Logik und das Auffassungsvermögen auf die Probe gestellt. Dabei handelt es sich um Spiele, die in erster Linie unterhalten wollen.

Doch gibt es auch Videospiele, die sich ganz darauf spezialisiert haben, den Spielern etwas beizubringen. So ist kürzlich etwa „Dr. Kawashimas Gehirn-Jogging“ für die Nintendo Switch erschienen. Hier gilt es, das Alter des Gehirns herauszufinden – und es dann durch allerlei Übungen zu verjüngen. So müssen etwa schnell mathematische Aufgaben gelöst oder sich Wörter gemerkt und dann wiederholt werden.

Spielend lernen also, ob als Nebeneffekt oder ganz gezielt. Doch was für Menschen sind das, die Videospiele auf diese Art nutzen? Was möchten sie lernen und zu welchem Zweck?

Andreas, 26 Jahre alt, hat eines der „Gehirnjogging“-Spiele schon vor gut zehn Jahren gespielt, damals auf dem Nintendo DS. „Ich habe das täglich genutzt, um am Morgen meine Auffassungsgabe zu verbessern und mein Gehirn ‚fit‘ zu machen – quasi gedanklicher Frühsport“, sagt er. Da das geistige Alter von dem Spiel berechnet wird, gab es für ihn immer eine Herausforderung: „Dieser Highscore war vortrefflich für den Wettbewerb mit Eltern, Freunden und Bekannten geeignet.“ Bei ihm habe dieses spielerische Lernen gut funktioniert.

Mit "Chemicus" die Chemie lieben gelernt

Ähnliche Erfahrungen hat auch Elisabeth gemacht. Die 24-Jährige hat mit dem Spiel „Chemicus“ als Achtjährige ihr Interesse für Chemie entdeckt. „Das Spiel hat eine Geschichte erzählt und dabei chemisches Wissen vermittelt“, erzählt sie. So habe sie etwa Kleider färben und dafür die richtigen chemischen Mittel auswählen müssen. „Ich fand das so spannend, dass ich manche Dinge mit meiner Mama in echt ausprobiert habe“, sagt sie. Es habe ihre Freude am Lernen unterstützt und sie schon neugierig auf das Fach gemacht, bevor sie Chemie als Schulfach hatte.

Videospiele haben den Vorteil, dass die Spieler das Lernen mit einem kurzfristigen Ziel verbinden können. Lösen sie eine chemische Gleichung, kommen sie in der Geschichte weiter. Merken sie sich Wörter in der richtigen Reihenfolge, wird ihr virtuelles Gehirn fitter. Durch diese unmittelbare Wirkung ihrer Anstrengungen kann gerade jüngeren Menschen das Lernen erleichtert werden.

Das Besondere an Videospielen aber ist, dass es eigentlich immer um ein Problem geht, das gelöst werden möchte. Spiele, egal ob ein Shooter oder ein Rollenspiel, stellen die Spieler stets vor eine Herausforderung. Und so kann theoretisch jedes Videospiel auch lehrreich sein, den Spielern etwas beibringen.

„Ich nehme häufig an einem Kneipenquiz in Köln teil“, erzählt der 30-jährige Constantin „Da kommen auch Fragen zu Architektur vor“, berichtet der Spieler. Erst als er anfing, „Civilization 5“ zu spielen, habe er viele dieser Fragen beantworten können. „Civilization “ ist ein Strategiespiel, bei dem die Spieler eine Nation leiten und versuchen, diese zu Aufschwung und Wohlstand zu führen. „Bei Civilization kann man sogenannte Weltwunder bauen, welche berühmte Gebäude darstellen“, sagt er. Ebenso können unterschiedliche Anführer gewählt werden, die realen Personen entsprechen. „Die Alhambra in Spanien habe ich wahrscheinlich nur besucht, weil ich sie durch ,Civilization 6‘ kennengelernt habe.“

Videospiele können auch für die Schule helfen

Constantin ist Referendar für das Gymnasium in den Fächern Politik und Mathematik. Er könne sich durchaus vorstellen, seinen Schülern Videospiele zum Lernen zu empfehlen. „Am besten lässt sich das bei geschichtlichen Themen umsetzen“, findet er. Etwa mit „Valiant Hearts“, das den Ersten Weltkrieg aus französischer und deutscher Perspektive erzählt. Doch auch das Spiel „Portal“ fände er als Lehrmaterial interessant. Hier gilt es, Portale zu schaffen, die bestimmte Punkte in Leveln miteinander verbinden. „Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass ihr räumliches Denken dadurch für die Vektorrechnung gefördert werden könnte. Gerade schwache Schüler könnten hier richtige Aha-Erlebnisse haben.“

Jana wiederum hat mit Videospielen Englisch gelernt, Spiele ohne deutsche Übersetzung gespielt. „Ich habe damals gemerkt, dass mir das in der Schule hilft“, sagt die 31-Jährige. Aus Nebenbei-Spielen wurde dann die bewusste Entscheidung, Spaß mit Nützlichem zu verbinden. „Das hat mir damals mehr gebracht als der Englischunterricht“, sagt sie heute. Denn die Spiele haben ihr Ansporn gegeben, alle Worte zu verstehen, das Lernen der Sprache hatte nun ein Ziel.

Kürzlich habe sie gemerkt, dass sie auf ihrer Arbeit als Sozialpädagogin Wissenslücken hat: „Ich möchte barrierefreiere Angebote schaffen und verstehen wie man so etwas selber bauen kann, ohne viel Geld auszugeben.“ Also hat sie kurzerhand zu dem Spiel „While True: learn ()“ gegriffen, mit dem sie sich die Basics des Codings beibringen möchte. „Im Prinzip geht es in dem Spiel darum einen Übersetzer für Katzen in Menschensprache zu bauen, dazu fängt das Spiel ganz einfach an, indem man kleine Expertensysteme bauen muss, die Daten sortieren.“

Und so kam Jana vom unverhofften Lernen durch Videospiele zu einem bewussten Einsatz dieses Mediums, um in ihrem Beruf weiterzukommen. Wahrscheinlich wird es solche Erlebnisse zukünftig häufiger geben. Je komplexer Videospiele werden, desto mehr Möglichkeiten können sie den Spielern bieten, ganz unterschiedliche Erfahrungen zu machen – zu lernen. Für Prüfungen, den Beruf oder einfach fürs Leben.

Matthias Kreienbrink

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