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VR-Brillen in der Ausbildung: Der Nutzen ist noch nicht belegt.

© imago images/Westend61

Virtual-Reality-Brillen in der Ausbildung: Erstmal nur so tun als ob

Bei BASF lernen Azubis immer mehr mit Virtual-Reality-Brillen. Was die Technologie verspricht und welche Unternehmen sie noch für die Ausbildung nutzen.

Bislang kam Virtual Reality nur zum Einsatz, damit Auszubildende lernen, wie sie eine Kreiselpumpe richtig bedienen. Jetzt ist bei BASF ein komplettes Ausbildungstechnikum mit der VR-Technik errichtet worden, das an diesem Dienstag eröffnet wird. Zur Erläuterung: Die Virtuelle Realität ist eine computergestützte Simulation einer realen Umgebung mit dreidimensionalem Bild und oft auch mit Ton. Abbildungen können mithilfe spezieller Brillen übertragen werden.

Für das VR-Technikum für Produktionstechnik ließ der Chemiekonzern zunächst ein 3D-Modell von dem realen Ausbildungstechnikum erstellen. Das 3D-Modell bilde das gesamte Equipment wie Rohrleitungen, Pumpen und Behälter detailgetreu ab. Bevor die Auszubildenden also künftig ins reale Technikum gehen, begehen sie die Anlage erstmal virtuell und lernen so, wie die Anlagenteile miteinander zusammenhängen. In der VR-Anwendung sind außerdem zahlreiche Lern- und Arbeitsaufträge hinterlegt, die angehende Chemikanten bearbeiten müssen.

Der Einsatz von VR-Brillen ist schon längst nicht mehr nur im Bereich der Unterhaltungsmedien ein großes Thema. Auch in der Aus- und Weiterbildung werden sie immer öfters eingesetzt. Im Trainingszentrum der Deutschen Bahn können Auszubildende mit einer solchen Brille üben, Güterwaggons aneinanderzukoppeln. Sie trainieren, wie Weichen zu stellen sind oder wie die Reparatur eines ICE-Stromabnehmers funktioniert. In einem Simulator absolvierten künftige Lokführer Probefahrten, bei denen per Mausklick auch Schnee, Nebel oder Starkregen zugeschaltet werden könnten. Das Üben mit VR-Technik kommt für Fahrdienstleiter, Wagenmeister, Triebfahrzeugführer und Elektroniker der Betriebstechnik in Fragen, heißt es vom Konzern.

Ein weiteres Einsatzfeld: Die Medizin

Siemens nutzt Virtual Reality zur Entwicklung von Automobilbestandteilen, Daimler bei der Brandschutzausbildung, Thyssen-Krupp für Wartungsanleitungen. Audi hat einen typischen Arbeitsplatz detailgetreu als virtuellen Raum nachgebildet. Mit einer VR-Brille samt Headset auf dem Kopf und zwei Controllern in den Händen kann sich der Auszubildende darin frei bewegen und verschiedene Arbeitsschritte üben.

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Ein weiteres Einsatzfeld: Die Medizin. Angehende Ärztinnen und Ärzte können in Gießen mit einer VR-Brille die Knochen des Handgelenks virtuell ansehen und so einen besseren Eindruck der Anatomie bekommen. Mit VR-Brillen können außerdem Operationen geübt werden. Bei einer Studie ist allerdings herausgekommen, dass es bei längerer Tragezeit zu Belastungen und Augenschmerzen kommen kann. Darüber hinaus hätten einige Probanden geklagt, Technik und Tragekomfort seien noch ausbaubar.

„Die Technologie hat großes Zukunftspotenzial und wird sicher in den kommenden Jahren ein immer bedeutenderes Thema”, glaubt IT-Fachmann Ludger Schmidt dennoch. Der Universitätsprofessor leitet in Kassel das Fachgebiet Mensch-Maschine-Systemtechnik. Bis vor wenigen Jahren noch ein teures Nischenprodukt, hätten Virtual-Reality-Brillen mittlerweile weite Verbreitung gefunden. „Schon für weniger als 50 Euro lassen sich Halterungen erwerben, in die sich ein normales Smartphone einsetzen lässt und die damit zu einer echten Virtual-Reality-Brille werden“, sagt Schmidt. Komplexere Lösungen sind deutlich teurer.

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Azubis waren motivierter - aber auch abgelenkt

Zusammen mit einem Team von Mitarbeitern hat Ludger Schmidt im letzten Jahr eine Anwendung für VR-Brillen entwickelt, die künftig bei der Ausbildung von Handwerkern helfen soll. „Für unsere Studie haben wir ein 3D-360-GradLernvideo gedreht, in dem die Erstellung eines Küchenfliesenspiegels demonstriert wird“, erklärte Johannes Funk, der das Projekt maßgeblich betreut hat. Dieses Lernvideo wurde mit einer interaktiven Blicksteuerung so aufbereitet, dass es auf einem handelsüblichen Smartphone läuft. Anschließend wurden 20 Auszubildende in zwei Gruppen geteilt – während die eine Gruppe das 3D-360-Grad-Video nutzte, hat die andere Gruppe ein herkömmliches Lernvideo auf dem Laptop zu sehen bekommen.

Gab es denn einen größeren Lerneffekt? Oder sind solche Brillen am Ende doch nur Spielerei? Noch gibt es nur wenig Studien darüber, ob der Einsatz von Virtual Reality zu besseren Ergebnissen in der Ausbildung führt. Nach dem Training in Kassel konnten beide Gruppen auf einer Lehrbaustelle in etwa gleich gut einen Fliesenspiegel herstellen, wie es unabhängige Bewerter beurteilten. „Allerdings zeigte sich bei den Teilnehmern aus der Virtual-Reality-Gruppe eine wesentlich höhere Motivation“, berichtete Funk. Gleichzeitig war die Gruppe deutlich abgelenkter.

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