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Die Lebensversicherer müssen sich auf Belastungen von insgesamt 100 Milliarden Euro einstellen.

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Versicherer im Stresstest: Milliardenbelastung durch Niedrigzinsen

Lebensversicherer stehen wegen des Zinstiefs unter Druck. Wie krisenresistent ist die europäische Branche, wenn die Niedrigzinsen noch lange anhalten und weitere Belastungen hinzukommen?

Das Zinstief reißt tiefe Löcher in die Bilanzen von Europas Lebensversicherungen. Hart trifft es vor allem die deutschen Assekuranzen, wie aus dem am Donnerstag veröffentlichten Stresstest der Europäischen Versicherungsaufsicht Eiopa hervorgeht. Halten die Niedrigzinsen dauerhaft an, müssten sich die 236 untersuchten europäischen Versicherer auf Belastungen von insgesamt 100 Milliarden Euro einstellen. Auf deutsche Unternehmen kämen 27,89 Milliarden Euro zu, weil die Vermögenswerte langsamer wachsen als die Verbindlichkeiten gegenüber den Versicherten.

Deutschen Lebensversicherern machen die hohe Zinsgarantien aus alten Verträgen zu schaffen, die es in anderen Ländern teilweise so nicht gibt. Etwas besser stehen sie im Extremszenario da. Dort wurde zusätzlich zu niedrigen Zinsen ein Absturz der Kurse der meisten Wertpapiere durchgespielt. Europaweit würde dies die Bilanzen der Unternehmen mit 160 Milliarden Euro belasten, die deutschen Assekuranzen kämen auf 26,76 Milliarden Euro. Nach Angaben der Finanzaufsicht Bafin nahmen 20 deutsche Lebensversicherer teil, die etwa 75 Prozent des Markts abdecken.

„Das Ergebnis des diesjährigen Stresstests bestätigt die Herausforderungen für den europäischen Versicherungssektor durch das aktuelle makro-ökonomische Umfeld“, erklärte Eiopa-Präsident Gabriel Bernardino. Der Test wurde erstmals nach Einführung der neuen Kapital- und Aufsichtsregeln (Solvency II) durchgeführt. Er zeige die Verwundbarkeit des Sektors, sagte Bernardino.

Die nationalen Aufsichtsbehörden sollten bei Unternehmen, deren Geschäftsmodell auf der Kippe stehe, gegebenenfalls die Dividendenausschüttung untersagen beziehungsweise die Höchstgarantien deckeln, empfahl die Eiopa. Ergebnisse einzelner Unternehmen wurden nicht veröffentlicht. Ziel war es, ein Gesamtbild der Branche in Extremsituationen zu bekommen. Nach Einschätzung des Branchenverbandes GDV ist die Aussagekraft der Tests gering, „da die Szenarien auf sehr unwahrscheinlichen Annahmen beruhen“.

Insgesamt sind die Versicherer der Eiopa zufolge bei der Betrachtung abseits der Stress-Szenarien angemessen kapitalisiert. Allerdings patzten zwei europäische Unternehmen bereits vor jeglichem Stress. Ohne die Sonderregeln für den Übergang auf „Solvency II“ und Ausnahmen für langfristige Zinsgarantien wären es sogar 32 der 236 Versicherer gewesen. (dpa)

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