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Bis in Vorlesungen hinein werben Finanzvertriebe für ihre Produkte.

© Rolf Vennenbernd/dpa

Verein sieht Studenten als Opfer: Finanzberater MLP wird unlautere Werbung vorgeworfen

Das Finanzunternehmen MLP nutze Vertrauen und fehlende Erfahrung junger Menschen an Unis aus – dieser Ansicht ist der Verein „Bürgerbewegung Finanzwende“.

Finanzberater arbeiten gern mit griffigen Slogans. Ihre Gegner auch. Die Hochschulinitiative Deutschland e.V. ist auf den ersten Blick in die Homepage zwar keine offenkundig kommerzielle Finanz-Website. Aber zu den Angeboten „rund ums Studium“ gehört auch ein Seminar mit dem griffigen Titel: „Hol dir 6000 € zurück. Das Steuerseminar für Studenten.“ Klickt man sich durch zu den Partnern der Initiative, die als eingetragener Verein auftritt und damit Gemeinnützigkeit und soziale Anliegen für sich in Anspruch nimmt, landet man bei der Firma MLP.

MLP macht Geschäft vor allem mit Akademikern

Die ist seit Jahrzehnten bekannt als Finanzvertriebsfirma, die ihr Geschäft vor allem mit Akademikern macht. Auch angehenden Akademikern. „MLP ist unser Partner bei vielen Seminaren und dein Gesprächspartner in allen Finanzfragen – von der Geldanlage bis hin zur Altersvorsorge“, schreibt die Hochschulinitiative, deren Team durchweg aus jungen Leuten besteht. „Gemeinsam werden wir euch auch in Zukunft nützliche Angebote unterbreiten.“

„Wir verhökern deine Daten an die Finanzindustrie“, heißt es dagegen auf der Webseite „hochschulinitiative-deutschland-stoppen.de“. Deren Untertitel: „Wie der Finanzmakler MLP einen Verein nutzt, um Studierende in fragwürdige Verträge zu locken.“

Hinter der Online-Persiflage stecken Gerhard Schick und sein Verein „Bürgerbewegung Finanzwende“. Der frühere Grünen-Abgeordnete im Bundestag hat es sich seit gut einem Jahr zur Aufgabe gemacht, die Finanzbranche kritisch zu durchleuchten.

Eines seiner Anliegen lautet, Verbraucher vor den Praktiken von Firmen zu warnen, die einen oft teuren Provisionsvertrieb betreiben. Stattdessen sollen die Angebote von unabhängigen Finanzberatern wahrgenommen werden, die allein für die Beratung Geld verlangen und nicht an den Abschlüssen von Verträgen mitverdienen.  

"Fehlende Erfahrung wird ausgenutzt"

Finanzwende-Mitarbeiterin Lena Blanken wirft MLP vor, „das Vertrauen und die fehlende Erfahrung der jungen Menschen auszunutzen“. „Unter dem Deckmantel eines laut Satzung gemeinnützigen Vereins will MLP vor allem meins: Adressen von potenziellen Neukunden, die später mal gutes Geld verdienen.“ Demnach zielt MLP stark auf Studenten der Rechtswissenschaft und der Medizin sowie auf künftige Ingenieure.

Genutzt wird aber keineswegs nur eine solche Webseite, MLP ist auch direkt an den Universitäten aktiv: durch eigene Veranstaltungen auf dem Campus, auf Hochschulmessen, als Unterstützer von Career Centern, die der Berufsberatung dienen (ein Angebot auf der Initiative-Webseite ist ein Kurs zur Vorbereitung auf Vorstellungsgespräche). Dazu kommen Gastvorträge von MLP-Mitarbeitern auch in offiziellen Lehrveranstaltungen bis dahin, dass solche Mitarbeiter Lehraufträge wahrnehmen.

Das berichtet auch der Ökonom Hartmut Walz von der Hochschule Ludwigshafen. Er warnt vor allem davor, sich auf Angebote einzulassen, die mit der Begründung verkauft würden, so ließen sich Steuern sparen. Sein Vorwurf: Unternehmen wie MLP nutzten auch die Unerfahrenheit junger Leute mit Finanzprodukten aus. In Ludwigshafen habe er bei der Hochschulführung interveniert mit der Folge, dass die Zusammenarbeit mit MLP dort nun auf Eis gelegt worden sei.

Kritiker von MLP warnen vor "ungünstigen Koppelverträgen"

Walz und Blanken verweisen auf einen aus ihrer Sicht typischen Fall. Im Juli 2019 habe MLP an einen Studierenden einen Vertrag verkauft, der aus zwei gekoppelten Produkten bestehe – einer fondsgebundenen Rürup-Rente mit fortlaufender Beitragserhöhung und einer Berufsunfähigkeitsversicherung. Von dieser Kombination sei jedoch aus mehreren Gründen abzuraten. So sei sie sehr teuer, denn mit den Jahren – Laufzeit immerhin 44 Jahre – kämen bis zu 22000 Euro an Abschlusskosten zusammen, wenn die jährliche Beitragserhöhung zehn Prozent ausmache. Zudem sei die Kopplung unflexibel, zumal Rürup-Rentenverträge sehr starr seien und man an das Geld vor Renteneintritt nicht herankomme.

Provisionen im Beratungswesen seien ein Anreiz für schlechte Beratung von Kunden, ist Schicks Überzeugung. Der Verein „Hochschulinitiative Deutschland“ als Teil eines solchen Konstrukts hat seiner Meinung nach eine rein geschäftliche Ausrichtung und könnte von Beginn an eine reine Tarnadresse von MLP gewesen sein, um an junge Kunden heranzukommen. „Es ist nicht in Ordnung, dass das Unternehmen nicht mit offenem Visier arbeitet, und es ist auch nicht in Ordnung, dass Hochschulen zu Orten geworden sind, an denen Finanzvertrieb stattfinden darf“, sagt Schick.

MLP hält dagegen

MLP wehrt sich gegen die Anschuldigungen von Schicks Organisation. Der gehe es nicht um sachliche Diskussion, sondern um "Skandalisierung", heißt es in einer Stellungnahme. Ein Sprecher verwies zudem darauf, dass der Verein hinter der Hochschulinitiative derzeit aufgelöst werde. Einen "frühzeitigen Kontakt zu Studierenden" suchten auch andere Unternehmen. Für Workshops der Firma, die in Wiesloch bei Heidelberg ansässig ist, werde unter anderem über "Mehrwerteplattformen für Studierende" geworben, zu denen auch die Webseite der Hochschulinitiative gehöre. In diesen Fällen seien Hochschulen direkt nicht involviert. Dort wiederum sei die Ansprache der Studierenden, insbesondere bei Kooperationen mit den Hochschulen, "klar definiert". Aus dem Besuch von Workshops entstünden keine Pflichten. Genutzt werden sie, so MLP, um mit Studenten in Kontakt zu kommen und sie für eine eventuelle Beratung zu gewinnen. Auch bei Studierenden gebe es bereits einen "objektiven Beratungsbedarf in Finanzfragen".

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