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Stau.Der ADAC sagt einen neuen Auto-Boom im Coronajahr 2020 voraus. Auf den Autobahnen wird es zur Ferienzeit voll.

© Tytus Zmijewski/PAP/dpa

Urlaub 2020: Auto ist Reise-Verkehrsmittel Nummer eins

In dieser Woche beginnen in vier Bundesländern die Sommerferien. Die meisten Urlauber werden in diesem Jahr mit dem Auto verreisen, wie eine Civey-Umfrage für Tagesspiegel Background zeigt. Eine Altersgruppe ist überraschend autofreundlich.

In den vergangenen Corona-Monaten ist viel über eine mögliche Renaissance des Autos und des Individualverkehrs im Alltag spekuliert worden. Fragt man die Deutschen, mit welchem Verkehrsmittel sie in diesem Jahr verreisen wollen, ist die Sache klar: mit dem Auto. Beliebt war es in den Vorjahren ohnehin, doch 2020 setzen sich noch mehr Menschen ins eigene Fahrzeug (oder den Mietwagen), um ihr Urlaubsziel zu erreichen.

Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag von Tagesspiegel Background zeigt, dass knapp 70 Prozent der Befragten, die in diesem Sommer verreisen, mit dem Auto unterwegs sein werden. Bei Familien mit Kindern liegt der Anteil bei gut 75 Prozent. Knapp ein Fünftel plant dieses Jahr, ein anderes Verkehrsmittel für den Sommerurlaub zu nutzen als in den Vorjahren. Bei den 18- bis 29-Jährigen, die generell weniger mit dem Auto in den Urlaub fahren, ist es sogar mehr als ein Drittel.

Civey-Zahlen aus den Vorjahren liegen nicht vor, jedoch zeigt der Vergleich mit der langjährigen Statistik des Reiseverbandes DRV, dass 2020 ein Ausnahmejahr sein wird. So kletterte laut DRV-Daten von 2000 bis 2019 der Anteil des Flugverkehrs bei den Urlaubs-Verkehrsmitteln von 30 Prozent auf 42 Prozent. Der Anteil des Autos sank im gleichen Zeitraum von 55 auf 43 Prozent. Im Coronajahr 2020 dreht sich nun offenbar der Trend, das Auto als vermeintlicher Schutzraum vor Infektionen wird als Reise-Verkehrsmittel wieder wichtiger. 

Boom führt zu noch längeren Staus

„2020 wird es einen Boom geben bei den Reisen mit dem Auto oder Caravan“, sagte ADAC-Vorstandsmitglied Dieter Nirschl bei einem Webcast. Ob daraus ein langfristiger Trend werde, müsse man aber abwarten. Nirschl will seinen privaten Urlaub in Kroatien verbringen – und mit dem Auto anreisen. 

Boom bedeutet für diesen Sommer auch: Mehr Staus auf den Autobahnen. An den ohnehin staureichen Hauptreisetagen dürften die Schlangen noch länger werden als in der Vergangenheit. Der ADAC empfiehlt Reisenden, sich auf den einschlägigen Internetseiten des Clubs frühzeitig zu informieren. 

Unter den 2500 von Civey Befragten waren es vor allem die Jüngeren im Alter von 18 bis 29 Jahren, die in diesem Jahr auf ein anderes Verkehrsmittel als im Vorjahr wechseln wollen (35 Prozent). Knapp 59 Prozent von ihnen nannten das Auto, nur rund 17 Prozent das Flugzeug, auf die Bahn entfiel ein Anteil von gut 22 Prozent.

Weil Fernreisen eher verschoben werden und Urlauber bei Flügen ins Ausland zögerlich sind, rücken Ziele näher, die man mit dem Auto erreichen kann. Die Tourismusbranche wirbt mit „Flexibilität und Unabhängigkeit“. „Buchungen mit eigener Anreise hatten schon immer einen großen Stellenwert“, sagt eine Tui-Sprecherin. In diesem Jahr sei das Angebot der Unterkünfte allerdings „so groß wie nie“. 

Tui verzeichnet Run auf Autoreisen

Deutschland sei das „Ferienwohnungsland Nummer eins“, sagte Norbert Kunz, Geschäftsführer des Deutschen Tourismusverbands, beim ADAC-Webcast. Kunz wird nach eigener Auskunft privat in diesem Sommer eine „Auto-Rundreise durch Deutschland, Österreich und die Schweiz“ unternehmen. Damit liegt er im Trend. 2019 gingen nach Angaben der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR) 45 Prozent der Auto-Reisen ins Inland, zwölf Prozent nach Italien und neun Prozent nach Österreich.

Der von der Coronakrise hart getroffene Tui-Konzern hat allein 2300 Unterkünfte im Programm, die hierzulande mit dem Auto erreicht werden können. „Einen Ansturm gibt es vor allem auf Ziele an den Küsten, in den bayerischen Alpen oder Mecklenburg-Vorpommern“, sagt die Sprecherin. Aber auch Österreich oder Kroatien werden mit eigener Anreise gebucht, selbst das von der Pandemie schwer betroffene Norditalien belebt sich laut Tui wieder.

Erinnerungen an die Wirtschaftswunderjahre

Statt mit fernöstlicher Exotik zu locken, geht es in der Werbung bodenständig zu: „Durchatmen in den Bergen, relaxen an den Stränden der Nord- und Ostsee und La Dolce Vita an einem der Oberitalienischen Seen“, heißt es bei Tui. Bei der älteren Kundschaft weckt das Erinnerungen an die Wirtschaftswunderjahre, als viele mit dem ersten eigenen Auto – gerne ein VW Käfer – auf Sehnsuchtstour gingen: über die Alpen nach Italien. Laut Civey wollen 74 Prozent der über 65-Jährigen dieses Jahr mit dem Auto verreisen.

Zwei Drittel der Deutschen machen nach Angaben von Norbert Kunz dieses Jahr wegen der Coronakrise aber gar keinen Urlaub oder sind noch unsicher. Im Deutschlandtourismus würden die Umsätze deshalb 2020 massiv einbrechen. Allein in den Monaten März, April, Mai lägen die Einbußen bei rund 35 Milliarden Euro, so Kunz.

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