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Kurz nach Börsenstart konnte die Spielvereinigung Unterhaching schon kräftig zulegen.

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Unterhaching startet an der Börse: So können Anleger bei Fußballaktien mitspielen

Die SpVgg Unterhaching ist der zweite deutsche Fußballclub an der Börse. Obwohl der Markt wächst, ist das Geschäft mit den Papieren riskant.

Der Saisonstart war schon einmal ordentlich: Die Spielvereinigung Unterhaching ist in der neuen Saison nach zwei Spielen ungeschlagen. Es ist ein erster Erfolg auf einem weiten Weg. Der Verein will die Drittklassigkeit hinter sich lassen und innerhalb von drei Jahren in die Zweite Bundesliga aufsteigen. Das bringt nicht nur sportliche Anerkennung, sondern auch Geld. Allein die Fernsehrechte spülen in der Zweiten Bundesliga zehn Mal höhere Einnahmen in die Vereinskasse als in der dritten. Damit das gelingt, braucht es wiederum Geld für gute Spieler und Trainer. Ein Kreislauf.

Bis vor wenigen Tagen hatte Unterhaching keine größeren Summen auf dem Konto. Inzwischen sind 6,7 Millionen Euro in die Kasse geflossen: Der Drittligist hat es Borussia Dortmund nachgemacht und ist an die Börse gegangen. Vor allem Fans haben in gut 1150 Orders bis zum vergangenen Freitag insgesamt 332.469 Aktien zu je 8,10 Euro gezeichnet. Zusammen mit einer vorbörslichen Platzierung kamen fast sieben Millionen Euro zusammen. Etwa 622.000 weitere Aktien sollen nun noch in einer Privatplatzierung verkauft werden. Den Fans und Anlegern dürfte Unterhaching am Dienstag, dem ersten Tag an der Börse, schon ordentlich Freude gemacht haben: Nach Börsenschluss notierte das Papier mehr als 30 Prozent höher.

Der zweite deutsche Fußballverein an der Börse, Borussia Dortmund, agiert inzwischen in ganz anderen Sphären. Gerade hat der BVB für gut 106 Millionen Euro neue Spieler wie Mats Hummels, Thorgan Hazard, Nico Schulz und Julian Brandt gekauft. Schon mit dem Börsengang hatten die Borussen im Oktober des Jahres 2000 rund 130 Millionen Euro eingenommen. Anleger der ersten Stunde – als die Aktien für elf Euro unters Fanvolk gebracht wurden – sind heute allerdings immer noch im Minus.

Denn nach dem Börsenstart ging es schnell sportlich bergab. 2009 stand die Aktie nur noch bei 80 Cent. Wer allerdings in dieser Zeit kaufte, kurz nachdem der damals neue Trainer Jürgen Klopp die Borussen übernommen hatte, für den zahlte es sich aus. Denn heute, zehn Jahre später, steht die BVB-Aktie 1140 Prozent höher. Aus 10.000 investierten Euro wären also inzwischen 114.000 Euro geworden. Der BVB, der im S-Dax notiert, gehört neben Ajax Amsterdam und Juventus Turin zu den kurzfristig besten Fußballpapieren in Europa. Sogar eine kleine Dividende von sechs Cent schüttet der Verein an seine Anleger aus.

Fußball ist seit etwa einer Dekade ein sehr erfolgreicher Wirtschaftszweig. Der Umsatz der europäischen Spitzenvereine steigt seit Jahren beharrlich etwa doppelt so stark wie die Weltwirtschaft. Merchandising, Fernsehrechte und das Milliardengeschäft Champions League haben vor allem jene, die regelmäßig in der Königsklasse mitmischen, auf stabilere Füße gestellt. Sportökonomen warnen jedoch davor, von den Gewinnen des Gesamtmarktes auf einzelne Vereine zu schließen. „Hier hängt der wirtschaftliche Erfolg wesentlich von den Ergebnissen auf dem Platz und der Tabellenposition ab“, sagt etwa Stefan Ludwig, Leiter der Sportgruppe bei der Beraterfirma Deloitte. Und da kann schon ein einziges Tor über Auf– oder Abstieg, die Qualifikation zu hoch dotierten Wettbewerben, und somit über Millionen entscheiden.

Einzelwerte gingen stark auseinander

Aktionärsschützer raten deswegen nur eingefleischten Fans zum Kauf der Papiere ihres Lieblingsvereins, quasi als finanzielle Unterstützung. Und wer die Aktie dennoch nicht als Fanartikel, sondern als echtes Investment sehen möchte, der sollte sich zumindest mit denselben Unternehmenskennzahlen befassen, die auch reguläre Investitionsentscheidungen beeinflussen, sagt Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Dazu zählen die Einnahmen aus Werbeverträgen, die Personalausgaben, die Gewinnprognosen oder das Anlagevermögen, bei Vereinen also der Marktwert der Spieler.

Dass sich die einzelnen Fußballaktien höchst unterschiedlich entwickelt haben, demonstriert auch der Index Stoxx Europe Football. Insgesamt 22 börsennotierte, europäische Fußballvereine bildet der Index ab, darunter der AS Rom, Celtic Glasgow, Lazio Rom, Brondby, Benfica Lissabon oder der FC Porto. Während der Index zuletzt leicht zulegen konnte, drifteten die Einzelwerte jedoch stark auseinander. Brondby verlor binnen eines Jahres fast 40 Prozent, dagegen konnte Juventus Turin um mehr als 70 Prozent zulegen.

Trikotverkäufe brachten Ablöse wieder ein

Vor allem bei den Italienern zeigt sich, wie eng wirtschaftliche und sportliche Entwicklung miteinander verzahnt sind. Nachdem Mitte 2018 der ehemalige Weltfußballer Cristiano Ronaldo von Real Madrid nach Turin gewechselt ist, kletterte das Papier von 60 Cent auf zwischenzeitlich 1,68 Euro. Den 105 Millionen Euro, die Juventus für Ronaldo zahlen musste, steht dabei nicht nur ein um 700 Millionen Euro gestärkter Börsenwert gegenüber.

Einen Teil der Ausgaben spielte der Traditionsverein binnen 24 Stunden auch mit dem Verkauf von Ronaldo-Trikots wieder ein. Freuen konnten sich darüber nicht nur Kleinanleger, sondern vor allem die Industriellenfamilie Agnelli, die über eine Investmentgesellschaft zwei Drittel an der „Alten Dame“ hält. Zwischenzeitliche Vergewaltigungsvorwürfe gegen Ronaldo zogen die Aktie im vergangenen Herbst zwar um 20 Prozent in den Keller, doch inzwischen ist das Minus längst wieder ausgebügelt.

Manchester holte sich Klatsche bei Anlegern ab

Auch bei Ajax Amsterdam lässt sich das sportliche Geschehen gut am Aktienkurs ablesen. Gerade die Champions League gilt hier als Gewinnbringer. Nach dem Sieg im ersten Halbfinalspiel der Champions League im Frühjahr gegen Tottenham Hotspur schoss die Aktie auf ein neues Allzeithoch, um mit der Niederlage im Rückspiel ebenso steil wieder abzufallen. Doch die Anleger honorieren, dass die Niederländer stets im vorderen Drittel des europäischen Fußballs mitspielen, obwohl sie mit nur 100 Millionen Euro Jahresumsatz eher zu den wirtschaftlich ärmeren Vereinen gehören: Seit Anfang 2016 hat sich die Aktie fast verzweieinhalbfacht.

Internationale Marke statt Fußballverein: Auch in Asien verehren Fans den Club aus Manchester.
Internationale Marke statt Fußballverein: Auch in Asien verehren Fans den Club aus Manchester.

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Beim englischen Rekordmeister Manchester United lief es zuletzt sportlich schlecht – und die Aktie legte eine ebenso enttäuschende Entwicklung hin. Aktuell notieren die Papiere auf dem gleichen Stand wie im Jahr 2013. Dass es in der abgelaufenen Saison für den Spitzenverein nur zu einem sechsten Platz in Englands höchster Liga reichte, empörte Anleger wie Fans. Schon zum Börsengang 2012 hatte sich ManU, wie Fans ihren Verein nennen, eine Klatsche der Anleger abgeholt. Der inzwischen verstorbene US-Milliardär und damalige Besitzer Malcolm Glazer, der seit 2003 ManU-Aktien gekauft und den Fußballverein 2005 kurzzeitig von der Börse genommen hatte, musste den Ausgabepreis reduzieren und nahm am Ende 100 Millionen weniger ein als erhofft. Den Anlegern gefiel nicht, dass die neuen Fan-Aktien mit geringeren Stimmrechten versehen waren – und das, obwohl nur zehn Prozent des Vereins an die Börse gingen. Inzwischen halten Investment- und Beteiligungsgesellschaften wie Bamco, Jupiter oder Janus größere Anteile der stimmrechtsbeschränkten A-Aktien.

Vereine sammeln Geld über Anleihen ein

Auch dem neuen Großinvestor bei Hertha BSC wird ein Interesse an einem Börsengang nachgesagt: Vor einigen Wochen hatte der Unternehmer Lars Windhorst 37,5 Prozent des Fußballvereins gekauft und will seinen Anteil wohl auf 49,9 Prozent anheben. Windhorst soll deutlich mehr geboten haben als zwei Konkurrenten – und dürfte einen wirtschaftlichen Return erwarten, der am einfachsten über einen Börsengang erreichbar wäre. Hertha jedoch möchte das Geld nicht für spektakuläre Transfers verwenden, sondern für den Abbau von Schulden und den kontinuierlichen Ausbau des Kaders.

Der neue Hertha-Investor Lars Windhorst.
Der neue Hertha-Investor Lars Windhorst.

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Als Geldgeber für Hertha konnten sich Investoren bereits engagieren: Über eine im Herbst 2018 ausgegebene, unbesicherte, 40 Millionen Euro schwere Anleihe mit einem Zinssatz von 6,5 Prozent, die allerdings nur an institutionelle Investoren ging. Sie trug dazu bei, den ehemaligen Investor KKR abzulösen. Auch der mittlerweile zweitklassige Hamburger SV hat im März seine Fans mit einer Anleihe angepumpt. Das Geld fließt dabei nicht in den Kader, sondern soll im September die Rückzahlung der schon 2012 ausgegebenen „Jubiläumsanleihe“ garantieren. Das neue Papier läuft bis 2026 und ist mit sechs Prozent verzinst.

Auch Schmuckurkunden müssen zurückgegeben werden

Da es vom sportlichen Erfolg des HSV abhängt, ob und wie die neue Anleihe zurückgezahlt werden könne, sei das Papier wie viele andere Fußballanleihen nur aus emotionalen Gründen zum Kauf zu empfehlen, sagt Daniel Weimar, Betriebswirtschaftler und Experte für Sportfinanzen an der Universität Duisburg-Essen. Der hohe Zins sei stets ein Hinweis auf das entsprechend hohe Risiko. Meist emittieren Fußballvereine die Anleihen, weil die Zinsen immer noch niedriger sind als bei den Banken, die zudem als einzelner Kreditgeber deutlich genauer hinsehen als viele kleinere Fan-Geldgeber.

Auch Schalke 04 hat rund 50 Millionen Euro in zwei Anleihen offen, die 2021 und 2023 zur Tilgung anstehen. Die sportlichen Misserfolge der vergangenen Saison haben die Kurse deutlich gedrückt. Oft locken Fußballvereine auch mit Schmuckurkunden für den Kauf einer Anleihe, die dann zu Hause im Wohnzimmer hängen können, bei der Tilgung jedoch unter Umständen zurückgegeben werden müssen. (mit Laurin Meyer)

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