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Umweltbundesamt: Öl ins Feuer

Jochen Flasbarth, Präsident des Umweltbundesamts (UBA), verteidigt den umstrittenen Treibstoff E10.

Jochen Flasbarth, Präsident des Umweltbundesamts (UBA), verteidigt den umstrittenen Treibstoff E 10. Die „pauschale Kritik an der Umweltverträglichkeit ist nicht gerechtfertigt“, sagte er dem Tagesspiegel. Denn immerhin sei durch die Nachhaltigkeitsverordnung für Agrartreibstoffe sichergestellt, dass der Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) über die gesamte Lebensdauer – also von der Pflanze über die Produktion bis hin zur Verbrennung im Motor – mindestens 35 Prozent unter dem CO2-Ausstoß von konventionellem Sprit aus Erdöl liegen muss. Von 2017 an muss der Agrarsprit 50 Prozent weniger CO2 erreichen und 2018 dann minus 60 Prozent. „Das ist schon beachtlich“, sagt der UBA-Präsident.

Flasbarth sieht aber durchaus noch Probleme. Denn die deutsche Nachhaltigkeitsverordnung für Biokraftstoffe berücksichtigt nicht die Effekte von indirekten Landnutzungsänderungen. Für die Agrartreibstoffe werden also nicht direkt Regenwälder gerodet oder artenreiche Savannenflächen genutzt. Denn das verbietet die Nachhaltigkeitsverordnung. Möglich ist es aber, dass der Agrarsprit die Lebensmittel- oder Futtermittelproduktion in andere Gebiete verdrängt und so indirekt doch zusätzliche Treibhausgase freigesetzt und wichtige Naturflächen zerstört werden. Dieses Problem sei noch nicht gelöst, sagt Flasbarth.

Dennoch ist für Flasbarth eines ganz klar: „Würden an alle landwirtschaftlichen Nutzungen so hohe Anforderungen wie an den Biosprit gestellt, dann lebten wir in einer besseren Welt.“ Damit meint Flasbarth vor allem die Fleischerzeugung. Denn der größte Druck auf Flächen, die noch nicht für Landwirtschaft genutzt werden geht von der Futtermittelproduktion aus. Daher hofft Flasbarth, dass die Nachhaltigkeitsverordnungen zum Vorbild für alle landwirtschaftlichen Nutzungen werden.

Außerdem weist Flasbarth darauf hin, dass es für den Import von Erdöl oder Erdgas keine vergleichbaren Nachhaltigkeitsanforderungen gibt. „Auf Dauer dürfte es schwierig sein, Brasilien zu erklären, warum das Zuckerrohr so viel höheren Ansprüchen genügen muss, als Erdgas aus Russland oder Erdöl aus Kanada.“ Flasbarth sagt: „Unser Kernproblem ist das Öl. Und zwar sowohl bezogen auf den Klimaschutz als auch auf die Umweltzerstörung, die bei der Ölförderung in Kauf genommen wird.“ Flasbarth erinnert deshalb an die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko im vergangenen Jahr.

Dass die Einführung von E 10 derzeit am Widerstand der Verbraucher scheitert, wundert Flasbarth nicht. „E 10 darf nicht das Aspirin für den Klimaschutz im Verkehr sein, sondern muss in eine verkehrspolitische Strategie eingebunden sein.“ Und genau die fehlt Deutschland bisher. Dagmar Dehmer

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