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Bis 2030 will die BVG komplett auf E-Busse umsteigen. Ohne die Mitarbeiter kann das nicht gelingen.

© Oliver Lang/promo

Umstieg auf E-Busse: Ein überzeugter Fahrer verbraucht nur die Hälfte

E-Busse erobern die deutschen Städte. Doch wirklich effizient sind die neuen Busse nur bei sparsamer Fahrweise. Auch die Bahn will so viel CO2 einsparen.

Wenn Wolfgang Hackauf einen seiner E-Busse abgibt, bleibt er am Anfang immer noch ein bisschen in der Nähe. „Bei der Premierenfahrt sind die Fahrer oft nervös“, erklärt der 59-Jährige. Häufig ist es der erste E-Bus in der Region. Das öffentliche Interesse sei dann groß, der Bus rappelvoll und der Stressfaktor hoch. Da will Hackauf im Zweifelsfall sofort helfen können, wenn sich mal eine Tür nicht sofort schließen lässt.

Seit 2018 leitet Hackauf den Deutschlandverkauf beim niederländischen E-Omnibus-Hersteller Ebusco. Er weiß, wenn sich ein E-Bus bei einem Verkehrsbetrieb durchsetzen soll, müssen die Fahrer und Fahrerinnen dahinter stehen. Ansonsten könne ein Pilotprojekt schnell scheitern, sagt er. Es ist ein häufig unterschätzter Aspekt der Energiewende im Nahverkehr – ohne die Mitarbeiter kann sie nicht gelingen.

Kommunikation auf Augenhöhe

Etwa 20 Mal im Jahr bietet der Vertriebsleiter deshalb selbst noch Schulungen für Ebusco-Busse an. Dabei ist ihm eine Kommunikation auf Augenhöhe wichtig. „Sie üben da mit Leuten, die schon seit vielen Jahrzehnten Bus fahren“, sagt er. Vor allem zwei Dinge sind bei einem E-Bus im ersten Moment ungewohnt, erklärt Hackauf, der selber einen Busführerschein besitzt.

Zum einem die Stille. Ein E-Bus sei 17 Dezibel leiser. „Sie hören die letzte Reihe im Bus ganz deutlich“, sagt Hackauf. Manche Fahrer, aber auch Fahrgäste würden da im ersten Moment erschrecken. Denn sie spüren die Beschleunigung, vermissten aber das bekannte Geräusch.

Und zum anderen die schiere Kraft der E-Busse. „Ein normaler Dieselbus bietet 800 Newtonmeter“, sagt Hackauf. Ein E-Bus laufe dagegen mit 3000 bis 11.000 Newtonmetern, und dieses Drehmoment sei beim Anfahren direkt verfügbar. „Wenn ein Fahrer Gas gibt, schmeißt er die Leute im Bus schnell um.“

Die Busse rechnen sich nur bei sparsamer Fahrweise

Den Umgang mit dem E-Bus hätten die meisten Fahrer jedoch schnell drauf, sagt Hackauf. Bei vielen klappe es schon nach drei Stunden ganz gut. Ein E-Bus hat kein Getriebe und fährt deshalb fließender und mit weniger Vibrationen als ein Diesel. Es ist mehr ein Gleiten. Damit sich die teure Anschaffung der E-Busse jedoch lohnt, müssen die Fahrer nicht nur sicher, sondern auch energiesparend fahren.

Wolfgang Hackauf erklärt bei einer Schulung Busfahrern den Aufbau eines Ebusco-Busses.
Wolfgang Hackauf erklärt bei einer Schulung Busfahrern den Aufbau eines Ebusco-Busses.

© promo

Die Stromkosten eines E-Busses seien etwa halb so hoch wie die Spritkosten eines Dieselbusses, rechnet Hackauf vor – wenn die Busse richtig gefahren werden.

Wichtig ist dafür vor allem die Rückspeisung der Bremsenergie. „Wenn sie vom Fahrpedal gehen, rekuperiert unser Bus sofort sehr stark“, erläutert Hackauf. Und damit steigert sich die Reichweite, und der Energieverbrauch nimmt ab.

Je nach Fahrer gebe es hier aber erhebliche Unterschiede. Bei der Münchner MVG hätten manche Mitarbeiter Rekuperationsraten von 40 Prozent erreicht. „Das sind Werte, die hätten wir gar nicht erwartet“. Wer jedoch nicht so stark vom E-Antrieb überzeugt sei, verbrauche bei derselben Fahrt locker die doppelte Menge an Energie.

Die BVG setzt voll auf Elektroantrieb

Eine effiziente Fahrweise wird in den kommenden Jahren weiter an Bedeutung gewinnen. Denn immer mehr Verkehrsbetriebe wollen ihre Flotten komplett auf Elektroantrieb umstellen. Bei der Berliner BVG soll es bereits 2030 soweit sein. Anfang Oktober hat die BVG die berühmte Linie 200 – die den Bahnhof Zoo mit dem Alexanderplatz verbindet und von Touristen als preiswerte Stadtrundfahrt genutzt wird  – vollständig auf Elektroantrieb umgestellt.

Erstmals setzt die BVG dabei E-Gelenkbusse ein. Die Busse werden dabei nach jeder Fahrt an den beiden Endhaltestellen mit einem Stromabnehmer – einem sogenannten Pantographen – geladen. Das Modellprojekt wird deshalb auch wissenschaftlich begleitet.

Bei den Fahrern kommt die neue Paradestrecke gut an. Das futuristische Cockpit, weniger Lärm und eine höhere Laufruhe machten die E-Gelenkbusse attraktiv, berichtet der Projektleiter Peer Schminkel. Das Thema Energieeffizienz muss Schminkel dabei niemanden groß ans Herz legen.

2018 sorgte die Einweihung einer Aufladestation mit Pantograph für großen Andrang bei der BVG.
2018 sorgte die Einweihung einer Aufladestation mit Pantograph für großen Andrang bei der BVG.

© Christophe Gateau/dpa

Unter den Fahrern gebe es einen kleinen internen Wettbewerb, wer am wenigsten verbraucht, erzählt er. In der Ausbildung der Fahrer spiele effizientes Fahren zudem schon lange eine große Rolle. „Auch Dieselbusse lassen wir zur Haltestelle hin ausrollen“, sagt er. Es habe sich gezeigt, dass man dadurch nur wenige Sekunden verliere, während große Mengen Treibstoff gespart werden könnten, so Schminkel, der bei der BVG auch schon als Fahrdienstleiter aktiv war.

Trotzdem schaut die BVG genau auf die Verbrauchswerte ihrer E-Bus-Flotte und erkennt große Unterschiede. Auf manchen Fahrten werde für einen Kilometer eine Kilowattstunde Strom benötigt, auf anderen Fahrten seien es zwei, sagt Schminkel.

Doch diese Unterschiede erklärt der BVG-Manager weniger mit der Fahrweise, als mit dem Stadtverkehr, der sich nicht immer fürs energieeffiziente Fahren eigne. „Morgens am Stadtrand können sie dagegen oft richtig schön segeln“, sagt Schminkel und meint eine Fahrweise, bei der die einmal erreichte Geschwindigkeit ohne viel Motorleistung gehalten wird.

Dieselzüge fahren sich jetzt sparsamer

Wie hoch die Einsparpotenziale durch eine effiziente Fahrweise sind, weiß man auch bei der Deutschen Bahn schon lange. Auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke Stuttgart-Mannheim etwa lassen die Lokführer den ICE auf den letzten 50 Kilometern einfach ausrollen und gewinnen so auch noch Rekuperationsenergie. Seit 2002 gibt es ein entsprechendes Programm.

Doch bei den Dieselzügen konnte der Verbrauch bis vor kurzem nicht genau ausgewertet werden. „Uns fehlten hier exakte Messdaten“, erläutert Sven Hickmann, der bei der DB Regio als Energiereferent arbeitet. Die Dieseltank-Füllung habe zwar einen Hinweis gegeben, „doch wir wussten damit natürlich nicht, ob ein hoher Verbrauch an der Fahrweise oder an einer langen Standzeit mit laufender Klimaanlage lag“.

Moderne Dieselmotoren spritzen den Treibstoff jedoch elektrisch gesteuert in den Motor und liefern damit auch genaue Verbrauchswerte. Seit 2018 arbeitet die DB-Regio deshalb nun an einem Fahrerassistenzsystem für Diesel-Züge.

Zunächst ermittelte das System bei hunderten Fahrten den Fahrstil anhand der Stellung des Fahrhebels und maß zugleich den Verbrauch. So konnte es die ideale Fahrweise für jede Strecke bestimmen. Diese wird den Lokführern nun im Führerstand auf einem Tablet angezeigt.

35.000 Tonnen weniger CO2

Das Einsparpotenzial ist enorm. Die DB will 11,5 Millionen Liter Diesel und 35.000 Tonnen CO2 pro Jahr einsparen. 850 Züge wurden mit dem Telematik-System bisher ausgestattet. Bei 320 ist das Assistenz-Programm bereits im Einsatz. Der Energieverbrauch ging dabei im Schnitt um zehn Prozent zurück. Wirklich überraschend sind die Empfehlungen dabei nicht: Bergab den Schwung nutzen, und den Zug Richtung Bahnhof rollen lassen.

„Die Entscheidung liegt aber immer beim Lokführer“, betont Sven Hickmann. Ein erfahrener Kollege wisse zum Beispiel, dass an einem Bahnhof nachmittags immer 200 Schulkinder einsteigen. „In so einem Fall ist es natürlich sinnvoll, Gas zu geben, um dort etwas früher anzukommen.“

Die Hinweise sind so konzipiert, dass sie im Alltag leicht angewendet werden können. Je nach der aktuellen Fahrzeit – planmäßig oder verspätet – suche sich das Fahrerassistenzsystem die beste Variante heraus, erklärt der Lokführer Ralf Hackbarth. Für ihn heißt es dann: „Im Plan fahren, aufholen oder schnellste Fahrt. Wir Lokführer handeln nach den Angaben im Display und regeln danach die Geschwindigkeit des Zuges“.

Sven Hickmann verhehlt jedoch nicht, dass es unter manchen erfahrenen Fahrern auch Vorbehalte gegen diese Anweisungen gab. Doch die bisher erzielten Einsparungen würden überzeugen, sagt er. Die Regionalbahn Köln-Euskirchen etwa braucht bei einer effizienten Fahrt mit dem System inzwischen nur noch 110 Liter Diesel. Ansonsten sind es 140 Liter.

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