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Eine Bewerberin auf Stellensuche.

© Kitty Kleist-Heinrich

Update

Umfrage zum Arbeitsmarkt: Jeder zweite Berufstätige denkt über Jobwechsel nach

Zu wenig Geld, zu wenig Wertschätzung, schlechtes Betriebsklima: Die Hälfte aller Mitarbeiter ist mit dem Job unzufrieden - und erwägt eine Veränderung.

Das menschliche Gehirn liebt das, was es kennt, woran es sich gewöhnt hat. Was bedeutet: Der Leidensdruck muss sehr hoch sein, damit sich jemand entschließt, etwas zu verändern. Laut einer Studie ist das für die Hälfte der Deutschen im Berufsleben der Fall.

Sie sind mit ihrem Arbeitsplatz so unzufrieden, dass sie über einen Jobwechsel nachdenken. Die Gründe sind zu wenig Geld, zu wenig Anerkennung, ein zu schlechtes Betriebsklima. So lautet zumindest das Ergebnis einer Umfrage des Personaldienstleisters Manpower Group Deutschland unter 1010 Bundesbürgern. Am liebsten würden sie innerhalb der nächsten zwölf Monate eine neue Stelle finden.

22 Prozent wollen einen besser bezahlten Job. 15 Prozent fühlen sich nicht ausreichend vom Chef wertgeschätzt. Zwölf Prozent der Befragten denken über eine Kündigung nach, weil sie Abwechslung, andere Projekte suchen. Ebenso viele beklagen eine miese Stimmung. Dazu trägt der Umfrage zufolge auch eine mangelnde Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei. Neun Prozent suchen eine Tätigkeit, bei der sie beides besser miteinander verbinden können.

Momentan können Mitarbeiter recht angstfrei kündigen

Die Studie zeige, „dass das Gehalt den Mitarbeitern zwar wichtig ist, aber nicht der einzig entscheidende Faktor, der Menschen an ein Unternehmen bindet“, erklärte Herwarth Brune von ManpowerGroup Deutschland. Sie wollen sich auch wohlfühlen und weiterentwickeln. Angesichts des Fachkräftemangels müsse in den Führungsetagen jetzt vermehrt darüber nachgedacht werden, wie Mitarbeiter zufriedener sein könnten.

Immerhin kostet jede Kündigung ein Unternehmen Zeit, Geld und Expertise. Genauso kritisch ist es allerdings, wenn Mitarbeiter zwar unzufrieden sind, aber im Unternehmen bleiben und unmotiviert vor sich hin werkeln. Diese Haltung wird auch innerliche Kündigung genannt.

Wie viele Deutsche tatsächlich ihren Job wechseln, und nicht nur darüber grübeln, kann Holger Seibert vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) nicht sagen. Dazu fehle die Empirie. Was er weiß: „Die Menschen wissen, dass sie gerade wenig Angst haben müssen, den Job zu wechseln. Die Arbeitslosenquote ist gering, überall werden Leute gesucht, die Arbeitnehmer haben eine gute Verhandlungsmacht.“ Wer gut ausgebildet ist, kann sich in manchen Branchen aussuchen, wo und wie er arbeiten möchte. Besonders wechselfreudig sind aus Sicht des IAB-Forschers Altenpflegerinnen und Altenpfleger, eher weniger wechselfreudig seien Beamte in der öffentlichen Verwaltung.

Der „Honeymoon-Hangover-Effekt“ nach dem Wechsel

Die Entscheidung für den Beruf war früher oft eine Entscheidung für das ganze Leben. Daran erinnern noch Nachnamen wie Müller und Meier. Sie zeigen, wie der Sohn einst das gemacht hat, was der Vater getan hatte und davor der Großvater. Heutzutage wechseln viele Arbeitnehmer mehrmals in ihrer Laufbahn das Unternehmen, bilden sich fort, orientieren sich neu, steigen als Quereinsteiger ganz woanders ein, wechseln den kompletten Beruf. Was durch die Umwälzungen der Digitalisierung voraussichtlich noch extremer werden wird. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagt zum 1. Mai: „Der technologische Wandel wird die Arbeitswelt verändern. Zwar solle man die Chancen sehen, „aber zum Teil wird sich die Arbeit sehr verändern“. Gegensteuern müsse man mit Weiterbildung und der Neuausrichtung von Berufsbildern. Manche Jobs, die es heute gibt, werden bald nicht mehr existieren. Dafür werden welche hinzukommen, die man jetzt noch nicht einmal erahnen kann.

Entscheidet sich ein Mensch bewusst für einen Jobwechsel, haben Forscher ein interessantes Muster festgestellt, das sie „Honeymoon-Hangover-Effekt“ nennen: Wer freiwillig auf eine andere Stelle wechselt, dessen Arbeitszufriedenheit steigt zunächst signifikant – die beruflichen Flitterwochen beginnen für ihn. Erst nach zwei, spätestens drei Jahren ist dieser Wechseleffekt größtenteils verpufft und die Zufriedenheit rutscht wieder auf das persönliche Normalniveau ab. Für Karriereforscher ist das ein klares Plädoyer für den Jobwechsel. Denn auch das zeigen Studien: Mit jedem weiteren Jahr auf der ungeliebten gleichen Stelle sinkt die Arbeitszufriedenheit.

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