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Eine Maschine der irischen Fluggesellschaft Ryanair in Frankfurt am Main

© dpa/Andreas Arnold

Ultimatum läuft ab: Kommt es bei Ryanair zu neuen Streiks?

Prekär sei die Arbeit bei Ryanair, kritisieren Gewerkschafter, die Airline zahle wenig Geld und kaum Sozialleistungen. In Kürze läuft ein Ultimatum der Piloten-Vereinigung Cockpit ab.

In den nächsten Tagen wird sich entscheiden, ob die Streiks beim Billigflieger Ryanair ausgeweitet werden. In mindestens fünf Ländern könnten Piloten die Arbeit niederlegen, möglicherweise auch in Deutschland. Die Piloten-Vereinigung Cockpit (VC) hat der größten europäischen Billig-Airline bis Wochenanfang ein Ultimatum zur Vorlage eines verhandlungsfähigen Angebots gestellt. Am Mittwoch wird sie entscheiden.

Die Flugbegleiter von Ryanair haben sich in 13 Ländern abgestimmt und Forderungen formuliert. In mehreren Ländern gab es bereits Streiks, weitere sind angekündigt. Am kommenden Freitag werden insgesamt 104 Flüge von und nach Belgien gestrichen, teilte das Unternehmen mit. Außerdem seien am selben Tag Schweden (22 Flüge) und Irland (20) betroffen.

Das Geschäftsmodell des Unternehmens und seine Billig-Tickets beruhen auch auf niedrigen Gehältern, auf der Beschäftigung von Selbstständigen und Leiharbeitnehmern sowie Arbeitsbedingungen, die unter anderem keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall vorsehen.

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Nach Angaben von VC erhalten Piloten bei Ryanair im Jahr 25000 Euro brutto, andere nennen 30000 Euro. Bei VC ist die Rede von 70000 Euro für einen Piloten nach fünf Jahren, bei einem Kapitän könnten es maximal 130000 Euro sein. Anderen Angaben zufolge starte ein Kapitän mit 53000 und könne auf maximal 85000 Euro kommen.

Manche Piloten sind selbstständig

Viele der 4800 Piloten, davon 400 in Deutschland, sind selbstständig und müssen von ihrem Einkommen Steuern, doppelt Sozialabgaben als Unternehmer und als Angestellter der Airline zahlen. Zudem könne der Einsatz-Ort jederzeit vom Unternehmen geändert werden, heißt es bei der Pilotenvereinigung.

Ryanair-Mitarbeiter haben bereits an mehreren Standorten die Arbeit niedergelegt.
Ryanair-Mitarbeiter haben bereits an mehreren Standorten die Arbeit niedergelegt.

© imago

Ryanair bestreitet die Angaben. Es gebe kein Sozialdumping, die Gehälter seien „extrem“ wettbewerbsfähig mit außergewöhnlichen Möglichkeiten und einer großen Auswahl von Flughäfen und Standorten in Europa, heißt es im Geschäftsbericht. Die Wettbewerber zahlen indes in der Regel mehr. Co-Piloten bei TuiFly kommen auf ein Gehalt von 63000 Euro, bei Flugkapitänen liegt es zwischen 106000 und 204000 Euro. Piloten bei Easyjet erhalten beim Berufseinstieg 49000 bis 52000, Kapitäne verdienen zwischen 113000 und 134000 Euro.

Bei Eurowings starten Piloten mit rund 54000 Euro, Kapitäne mit gut 93000, bis zu 160000 Euro sind möglich. Bei der Lufthansa sind es für Piloten zu Berufsbeginn 73000 Euro, bei Kapitänen liegt die Bandbreite zwischen 110000 und 250000 Euro. Ganz abgesehen davon, dass bei diesen Unternehmen nicht nur die reine Flugzeit als Arbeitszeit gilt und es immer noch großzügige Pensionsregelungen gibt.

Flugbegleiter können kurzfristig in eine andere Stadt versetzt werden

Ähnlich groß sind die Diskrepanzen bei den rund 8300 Flugbegleitern von Ryanair im Vergleich zu anderen Airlines. Nach Aussagen von Beschäftigten des irischen Billigfliegers liegen die Netto-Gehälter nur zwischen 700 und 1300 Euro im Monat. Bei deren Kabinengewerkschaft Ufo spricht man von 11000 bis maximal 18000 Euro brutto im Jahr für die Servicekräfte.

Aufbessern können sie ihr Einkommen, wie bei anderen Airlines auch, durch Provisionen für Bordverkäufe. Häufig gibt es nur Leiharbeitsverträge mit Befristung. Kurzfristig könnten Flugbegleiter in eine andere Stadt oder ein anderes Land versetzt werden. Grundlage dafür sei oft ein Arbeitsvertrag nach irischem Recht, der auch keinen Kündigungsschutz beinhalte.

Im Winter, wenn weniger Flüge angeboten werden, gehen die Einkommen der Ryanair-Stewards und Stewardessen noch weiter nach unten, weil sie quasi Zwangsurlaub nehmen müssen. Beim Konkurrenten Easyjet dagegen gibt es Tarifverträge, die Einkommen liegen nach Angaben von Ufo um rund 1000 Euro höher. Eurowings zahlt zum Einstieg ein Grundgehalt von brutto 1.500, mit Zulagen sind bis zu 2.000 Euro möglich. Ryanair macht auch bei Flugbegleitern andere Angaben als die Gewerkschaften. Bei 20000 bis 25000 Euro liege das Jahreseinkommen bei im Schnitt 19 Flugstunden pro Woche.

Ein Mitarbeiter hat sich beschwert - und wurde entlassen

Im vergangenen Jahr entließ das Unternehmen einen Flugbegleiter fristlos, der die Arbeitsverhältnisse bei Ryanair in Deutschland offengelegt hatte. Er klagt gegen das Unternehmen. Bei den Gewerkschaften laufen die irischen Manager mit ihren Angaben über Gehälter und Arbeitsbedingungen ins Leere. Die Flugbegleiter haben sich mittlerweile europaweit organisiert, in Spanien, Portugal, Italien und Belgien gab es erste Streiks.

Ryanair spürt den Druck und hat reagiert. In Deutschland haben die Iren Verdi als Vertretung der Flugbegleiter anerkannt. Wann es echte Verhandlungen geben wird, ist indes unklar. Ryanair aber warnt aber schon mal: Die Gewerkschaften könnten „unrealistische Erwartungen“ haben. Alles in allem werden der Billigflieger „sein existierendes, hochproduktives Geschäftsmodell verteidigen“, heißt es in Dublin.

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