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Eine junge Frau sitzt in einem roten Auto und schaut über ihre Schulter, neben ihr ein älterer Mann.

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Teurer Schein: Was eine Fahrschule bieten muss

Ein Führerschein kostet viel Geld. Preise vergleichen zahlt sich aus. Doch das ist schwerer als man denkt - zudem gibt es exotische Alternativen.

Die Fahrschule sollte in der Nähe sein, der Fahrlehrer sollte seine Arbeit kompetent und freundlich erledigen, das Fahrschulauto sollte modern und der Preis möglichst niedrig sein. Es ist nicht so einfach, das alles unter einen Hut zu bekommen. Doch Fehler können schnell ins Geld gehen. Wer bei der falschen Fahrschule unterschreibt, gibt möglicherweise mehr als 1000 Euro zu viel aus, warnt ein neues Internet-Vergleichsportal. Das Unternehmen Fahrschulvergleich.de aus Berlin-Kreuzberg hat Fahrschüler mit einer neuen Untersuchung verschreckt. Das Portal hat bei 237 Fahrschulen in Berlin geprüft, was der Klasse- B-Autoführerschein kostet. Fazit: Zwischen dem billigsten und dem teuersten Anbieter liegen sage und schreibe 1278 Euro. So zahlt man mit 968 Euro für den Führerschein in einer Wilmersdorfer Fahrschule am wenigsten und mit 2218 Euro in einer Fahrschule in Reinickendorf am meisten, hat das Portal herausgefunden.

Der Preis für den Führerschein setzt sich aus mehreren Faktoren zusammen, dabei ist der Markt wenig transparent, erklärt Marius Stäcker, Mitgründer von Fahrschulvergleich.de. Er will das mit seinem Portal ändern.

Kritik am Preisvergleich

Doch für seinen Preisvergleich muss der Unternehmer selbst heftige Kritik einstecken. Die kommt unter anderem von Peter Glowalla, Vorsitzender des Berliner Fahrlehrer-Verbands. Der Verbandschef kritisiert die Vergleichskriterien und überhaupt die Arbeitsweise des neuen Portals. So rechnet die Seite für das „Abschließen des Führerscheins“ mit einem Zeitaufwand von pauschal zwölf Fahrstunden zu je 90 Minuten. „Absolut unrealistisch“, sagt Glowalla, im Schnitt seien 17,5 Einheiten nötig, bis Berliner Fahrschüler ihre Führerscheinprüfung wirklich bestehen. Statt knapp 1200 Euro, die von der Vergleichsseite als durchschnittlicher Preis angegeben werden, liegt ein realistischer Mittelwert nach Meinung Glowallas daher bei 1450 Euro.

Hinzu kommt: Bei dem Ausreißer aus Reinickendorf, der mit 2218 Euro teuersten Fahrschule, handelt es sich um einen siebentägigen Intensivkurs, der im Paket mit einzeln unterrichteten Theoriestunden angeboten wird. Solche wichtigen Details nennt das Fahrschulportal aber nur bei den Fahrschulen, mit denen es kooperiert. Wer es also bei der Auswahl seiner Fahrschule genau wissen will und sich dabei nicht auf diejenigen zehn Prozent der Berliner Fahrschulen beschränken möchte, die mit der Vergleichsseite zusammenarbeiten, kommt nicht darum herum, selber loszuziehen und eigene Vergleiche anzustellen.

Hilfreich sind die Zahlen des Portals aber doch. Denn nach seiner Analyse der Berliner Fahrschulen hat Fahrschulvergleich.de Durchschnittswerte für die einzelnen Kosten ermittelt, die bei der Ausbildung anfallen. Diese kann man gut heranziehen, um zu überprüfen, ob die jeweilige Fahrschule im Schnitt liegt oder nicht. Die Kosten müssen nach dem Fahrlehrergesetz nämlich einzeln aufgeschlüsselt werden, daher ist ein Vergleich möglich. Sie bestehen aus dem Grundbetrag, der sogenannten Vorstellung zur Prüfung, Lehrmaterial, zwölf Fahrstunden für Sonderfahrten und den regulären Fahrstunden. Zu den Fahrschulkosten kommen noch die eher fahrschulfremden Ausgaben für das Lichtbild, den Sehtest, den Erste-Hilfe-Kurs, Gebühren für den Fahrerlaubnisantrag sowie für die Technische Prüfstelle.

Bei einem reinen Preisvergleich sollte man es im Übrigen nicht bewenden lassen. Die Ansprüche der Fahrschüler sind nämlich genauso unterschiedlich wie das Angebot der Fahrschulen selbst. Wer es zum Beispiel besonders eilig hat, sollte darauf achten, dass die Fahrschule möglichst viel Theorieunterricht anbietet und genug Fahrlehrer und Autos zur Verfügung stehen, damit mehr als eine Fahrstunde pro Woche genommen werden kann. Da Führerscheinanwärter oft Schüler oder Auszubildende sind, die einen straffen Zeitplan haben, muss die Fahrschule zeitlich flexibel und personell gut aufgestellt sein, um den Vorstellungen der Fahrschüler gerecht zu werden. Eine besonders günstige Fahrschule hat oft auch einen hohen Zulauf, was in der Regel mit langen Wartezeiten einhergeht. Auch Besonderheiten wie Fahrsicherheitstrainings, PC-Terminals zur Übung für die theoretische Prüfung oder Theorieunterricht und Fahrstunden in Fremdsprachen wie zum Beispiel Englisch, Spanisch oder Türkisch werden von einigen Fahrschulen angeboten.

Polen als Alternative

Dass es sich lohnt, den Führerschein in anderen EU Ländern wie zum Beispiel im Nachbarland Polen zu machen, hält Glowalla für ein Gerücht. Um den Führerschein dort machen zu können, benötigt man für mindestens 185 Tage einen Wohnsitz vor Ort und außerdem einen polnischen Bürgen. Eine Fahrschule, die ein solches Angebot im Programm hat, nimmt einen Paketpreis von 2140 Euro – inklusive sieben Monatsmieten für einen polnischen Wohnsitz. Die Nachfrage ist, trotz des hohen Preises, aber recht groß. Denn in Polen gibt es die Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU), den „Idiotentest“, nicht, und so zieht es so manchen Verkehrssünder mit prall gefülltem Punktekonto in Flensburg, hohem Promillewert oder nach festgestelltem Drogenkonsum zu den Nachbarn, um dort den Führerschein neu zu machen.

Wer möglichst günstig zur „Pappe“ kommen möchte, sollte einige Runden auf dem Übungsgelände drehen, bevor er mit den praktischen Fahrstunden anfängt. Das spart Zeit und Geld bei der Fahrausbildung. Um auf einem solchen Übungsgelände fahren zu können, braucht man nur jemanden, der seit mindestens drei Jahren im Besitz eines gültigen Führerscheins ist – und natürlich ein Auto hat. Schließlich: Wer Zeit sparen will und die „Ersterteilung einer Fahrerlaubnis“ beim zuständigen Bezirks- oder Bürgeramt beantragen will, sollte sich rechtzeitig einen Termin im Internet besorgen.

Manuel Vering

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