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Flughafen Berlin-Tegel in Berlin.

© Sophia Kembowski/dpa

Tegel soll offen bleiben: "Der BER ist viel zu klein"

Condor-Chef Ralf Teckentrup hält viel vom alten Berliner Flughafen. Tegel offen zu halten findet er "sympathisch". Um den Türkei-Tourismus macht er sich keine großen Sorgen. Ein Interview.

Herr Teckentrup, im 60. Jahr ihres Bestehens ist Condor in die roten Zahlen geflogen. Wie kommt das?
Nach einer Phase von zwölf Jahren mit ordentlichen Gewinnen haben wir 2016 einen operativen Verlust von 16 Millionen Euro gemacht. Damit befinden wir uns in Gesellschaft von allen anderen im Touristikgeschäft tätigen, deutschen und europäischen Fluggesellschaften. Die Türkei-Krise war im letzten Jahr der wesentliche Ursprung der Ergebnismisere. Wir nehmen das zum Anlass, unser Ergebnisverbesserungsprogramm noch einmal auf mehr Drehzahl zu bringen und liegen voll im Plan.

Das geht nicht ohne Personalabbau?
Das geht nicht ohne den Abbau von Personal bei allen Thomas Cook Airlines. Wir werden die Belegschaft in diesem Geschäftsjahr um 100 Leute reduzieren. Das betrifft nicht nur Condor, sondern auch unsere Fluggesellschaften in England, Skandinavien und Belgien. Belgien natürlich jetzt mehr, weil wir die ganze Airline an Brussels Airlines verkaufen. Wir werden das ohne deutlichere Maßnahmen hinbekommen, müssen aber in den nächsten Jahren noch mehr tun. Das ist gerade in der Entwicklung, was wir uns da an Zielen vornehmen.

Was heißt das für die Flottenerneuerung?
Wenn Sie ein Ergebnisproblem im Vorjahr hatten, sollten Sie nicht groß über Expansion nachdenken, sondern erst einmal ihre Kosten wieder in den Griff kriegen. Wenn wir wieder bei einem Jahresergebnis von 60, 70 oder 80 Millionen Euro sind, kann man auch wieder über Expansion nachdenken. Daran arbeiten wir mit Hochdruck.

Im Verkehr zu Sonnenzielen in Europa und Nordafrika konkurrieren Sie mit neuen Wettbewerbern von Eurowings bis hin zu Sundair. Was bedeutet das für Condor?
Das ist ein extrem intensiver Wettbewerb. Vor einigen Jahren ist der Lufthansa-Konzern überhaupt nicht in Touristik-Destinationen geflogen, mittlerweile ist Eurowings inklusive der 40 von Air Berlin betriebenen Flugzeuge der größte Touristikcarrier deutschlandweit. Auch wenn jetzt die anderen Airlines kommen und sich die Air Berlin Touristik als Niki mit der Tui zusammentut, ist uns nicht bange.

Ryanair macht sich dank der Fraport-Förderung nun auch auf Ihrer Heimatbasis breit. Verliert Frankfurt am Main damit Bedeutung als Condor-Standort?
Frankfurt verliert für die Condor überhaupt nicht an Bedeutung, das ist unser Heimatstandort, das Herz unserer Airline. Deshalb schmerzt es umso mehr, wenn der Vorstand der Fraport einem Wettbewerber derartig bevorzugte Bedingungen einräumt. Zum Beispiel durch die Zuweisung von zusätzlichen Slots (Anm. d. Redaktion: Start- und Landeterminen), obwohl die Gesamtleistung des Flughafensystems das momentan nicht hergibt. Am Standort Frankfurt sollten erst die Probleme mit Pünktlichkeit und die Abfertigungsqualität gefixt werden, dann kann man auch wieder über mehr Flugbewegungen reden. Es ist schade, dass ein Unternehmen im Besitz des Landes Hessen und der Stadt Frankfurt es einer Gesellschaft wie Ryanair ermöglicht, hier schnell groß zu werden. Anstatt Arbeitsplätze bei deutschen Airlines zu ermöglichen – beispielsweise durch den Abbau von Hindernissen wie der Luftverkehrssteuer – werden hier ungesunde Arbeitsverhältnisse regelrecht gefördert.

Welche Bedeutung hat für Sie Berlin?
Berlin ist ein schwieriges Pflaster, wo sich Easyjet, Ryanair, Air Berlin und Eurowings um jeden Passagier bis auf den Tod bekämpfen. Da ist nicht viel Platz für andere Airlines. Die größeren Fluggesellschaften, die da noch fliegen, sind in der Regel Hub-Carrier wie Air France, British Airways & Co, die versuchen, Umsteigeverkehre aus Berlin abzuholen. Da kann man nicht viel Geld verdienen.

Ist Ihr Engagement hier von der Fertigstellung des neuen Flughafens abhängig?
Der neue Flughafen ist, wenn er denn mal aufmacht, vermutlich viel zu klein. Deshalb habe ich auch eine Menge persönlicher Sympathie dafür, den Gedanken der Offenhaltung von Tegel weiterzuverfolgen. Es funktioniert ja nicht so, wie man es vor zehn Jahren mal gedacht hat. Da muss man bereit sein, neu zu denken.

Wer US-Präsident ist, interessiert die deutschen Urlauber nicht so sehr

Ralf Teckentrup glaubt, dass die Türkei bei Touristen bald wieder gefragt ist.
Ralf Teckentrup glaubt, dass die Türkei bei Touristen bald wieder gefragt ist.

© Condor/ dpa

Klassische Märkte wie die Türkei brechen aufgrund der jüngsten politischen Entwicklungen ein. Wie sehen Sie die Lage?
Wir haben auch dieses Jahr im Sommer eine signifikant große Anzahl von Gästen, die in die Türkei reisen und die Türkei mit ihrem Hotelangebot hat ein einzigartiges Preis-Leistungs-Verhältnis. Wenn es dort noch ein kleines bisschen ruhiger wird, als es derzeit ist, und das Thema Referendum vorbei ist, kann ich mir gut vorstellen, dass die Türkei wieder einen Aufschwung nehmen wird.

Wie sieht es auf der Langstrecke aus?
Eurowings ist explizit auf die touristischen Strecken gegangen, die Air Berlin und Condor in den vergangenen Jahren geflogen sind. Sie hat Überkapazitäten nach Kuba, die Dominikanische Republik, Mauritius und die Malediven produziert und Überkapazitäten kosten Geld, weil alle Beteiligten weniger verdienen. Ich glaube, die Eurowings wahrscheinlich allen voran am wenigsten. Ich kenne ja den Flugzeugtyp. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man mit einem Preis unter 350 Euro one-way Geld verdienen kann. Ich hoffe, dass sie bald mal anfangen, ihre Überkapazitäten wieder zurückzuschrauben, weil es auch denen dauerhaft keinen Spaß machen wird, kein Geld zu verdienen.

Thailand und Bangkok sind beliebte Reiseziele, doch Condor hat sich aus dem Asien-Geschäft zurückgezogen. Warum?
Eurowings bietet das im nächsten Winter auch nicht mehr an. Das hat den gleichen Grund, aus dem die Lufthansa nicht nach Australien fliegt. Zwischen hier und dort gibt es so viele Airlines, die Umsteigepassagiere für viel weniger Geld befördern, als wir es anbieten können. Um wirtschaftlich nonstop aus Deutschland nach Phuket zu fliegen, brauche ich 250 Passagiere, die im Durchschnitt für den Hin- und Rückflug 800 Euro bezahlen. Eine arabische Airline dagegen fliegt vom Golf nach Phuket und nach Deutschland. Wenn es zwischen Deutschland und dem Golf nicht genügend Passagiere gibt, senkt sie die Preise für Umsteigeverbindungen.

Die Urlauber steigen also lieber um?
Wir sehen es auf den Malediven. Die können wir nur noch im Winter bedienen. Da reicht die Gesamtnachfrage aus, um genügend Passagiere zu finden, denen es etwas mehr wert ist, zehn bis elf Stunden in einem durchzufliegen und schnell am Ziel zu sein. Aber das sind nur 20 bis 30 Prozent der Reisenden, die anderen zahlen lieber 200 Euro weniger und steigen dafür zweimal in der Nacht aus.

Ein Schwerpunkt bei Condor sind die USA. Hat die Wahl von Donald Trump den hier erhofften Aufwärtstrend gebremst?
Nach der Wahl haben wir in Deutschland schon etwas Zurückhaltung verspürt, aber bereits zum Amtsantritt im Januar hatten wir wieder gute Buchungszahlen. Ich glaube, dass der Währungskurs und damit die Kosten für die Reise viel relevanter sind. Es kümmert den deutschen Urlauber wirklich nicht so sehr, wer da der Präsident ist. Die relevanten Fragen sind das Klima, die Rechtssicherheit, die persönliche Sicherheit und die medizinische Versorgung.

Gilt das auch für die Türkei?
Bei uns in Deutschland ist das Thema Türkei nur deshalb ganz anders in der Wahrnehmung, weil wir so viele türkischstämmige Mitbewohner in unserem Land haben. Wenn etwas in der Türkei geschieht, steht das bei uns sofort in den Schlagzeilen. In den englischen Medien kommt das Thema Türkei ganz selten mal vor. Insofern ist die Reiselust der Engländer in die Türkei auch nach wie vor ungebrochen.

Das Gespräch führte Rainer W. During.

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DER CHEF
Ralf Teckentrup (59) ist seit 2004 Vorsitzender der Geschäftsführung des Ferienfliegers Condor. Er sitzt zudem im Vorstand der Condor-Mutter Thomas Cook GmbH. Nach dem Studium des Wirtschaftsingenieurwesens hat der Manager seine Karriere bei der Lufthansa begonnen, wo er 1998 bis 2003 Bereichsvorstand war, bevor er zu Condor wechselte.

DIE AIRLINE
Die Fluggesellschaft Condor wurde 1955 gegründet, damals noch unter dem Namen „Deutscher Flugdienst“. Neben Thomas Cook hielt auch die Lufthansa lange Anteile an Condor. Nachdem das Kartellamt 2009 eine Übernahme der Airline durch Air Berlin untersagte, übernahm Thomas Cook alle Anteile. Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2016 hat die Fluggesellschaft einen operativen Verlust von 16 Millionen Euro gemacht. Condor leidet unter anderem unter den hohen Gehältern für die Piloten, die noch nach dem Lufthansa-Tarif bezahlt werden.

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Rainer W. During

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