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Fehlende Ruhe. Der ständige Blick auf Whatsapp und Facebook verhindert, dass die Nutzer sich einmal am Tag innerlich entspannen.

© Patrick Seeger/dpa-pa

Techniker Krankenkasse (TK): Wer ständig sein Smartphone checkt, baut Stress auf

Auszubildende leiden zunehmend unter psychischen Erkrankungen und Konzentrationsschwächen – das Smartphone verhindert, dass sie sich entspannen und konzentrieren können.

Auszubildende in Deutschland leiden zunehmend unter psychischem Stress und bekämpfen Belastungen mit Stimmungsaufhellern oder leistungssteigernden Medikamenten. Das ist ein Ergebnis des Gesundheitsreports 2017, den die Techniker Krankenkasse (TK) am Mittwoch vorgestellt hat. Für den Bericht wertet die Kasse einmal im Jahr die Krankschreibungen und Arzneimittelverordnungen ihrer 4,8 Millionen versicherten Erwerbspersonen aus und beleuchtet die Zahlen aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Dieses Jahr hat die TK die gesundheitliche Entwicklung der „Millennials“, also um die Jahrtausendwende Geborener und heutiger Azubis zwischen 16 und 25 Jahren ins Zentrum ihrer Betrachtungen gerückt.

Den Zahlen zufolge sind sie mit durchschnittlich 11,5 Fehltagen pro Jahr zwar 3,3 Tage weniger krankgeschrieben als der Durchschnitt der Beschäftigten – dafür deutlich häufiger. Das heißt, sie fallen öfter, aber im Krankheitsfall kürzer aus. Dabei haben sich insbesondere Fehlzeiten aufgrund von Depressionen, Anpassungs- und Belastungsstörungen und dergleichen bei Auszubildenden seit dem Jahr 2000 um 108 Prozent mehr als verdoppelt. Zum Vergleich: Über alle Altersgruppen hinweg betrug der Anstieg psychisch bedingter Fehlzeiten bei Arbeitnehmern 88 Prozent. Die Depression steht demnach auf Platz drei der Hauptursachen von Krankschreibungen bei Auszubildenden hinter Atemwegs- und Magen-Darm-Infekten.

Wichtig ist, sich zwischendurch zu entspannen

Nach einem stetigen Anstieg stagnierten in den vergangenen drei Jahren die psychisch bedingten Fehlzeiten der Arbeitnehmer insgesamt auf hohem Niveau. Als Ursachen für den Anstieg psychischer Belastungen bei Auszubildenden nannte TK-Vorstandschef Jens Baas zum einen die verbesserte Diagnostik und medizinische Versorgung, zum anderen einen Lebensstil, der mit Arbeitsverdichtung und einem hohen privaten und geschäftlichen Medienkonsum einhergehe. Ausbilder in den Unternehmen berichteten zunehmend, dass es ihren Azubis schwer falle, sich über längere Zeit zu konzentrieren oder abzuschalten. Immer wieder zückten die Auszubildenden ihr Handy, um etwa bei Whatsapp oder in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Instagram auf dem Laufenden zu bleiben. Trainerin Maike Grünhagen vom norddeutschen Einzelhändler Dodenhof kennt das Problem mit dem ständigen Blick aufs Smartphone am Arbeitsplatz zur Genüge – bei Berufseinsteigern ebenso wie bei Vorgesetzten. „Leider sind die Chefs da oft kein Vorbild“, bemängelte sie. Um ihre Azubis bei der Stange zu halten, dauern Ausbildungskurse bei Dodenhof mittlerweile nur noch vier Stunden. Vor einigen Jahren seien dagegen noch ganztägige Seminare üblich gewesen, sagte Grünhagen. „Das ist heute aufgrund mangelnder Konzentration gar nicht mehr möglich.“

Der Regensburger Neurologe Volker Busch führt die wachsende Unruhe bei Berufsanfängern vor allem auf die ausufernde Nutzung digitaler Medien zurück. „Viele verbringen auch ihren Feierabend gern mit digitalen Medien“, sagte er. „Das allein muss nicht per se schädlich sein. Aber der Versuch, sie gleichzeitig oder wechselweise zu nutzen und so ständig abgelenkt und unterbrochen zu sein, kostet das Gehirn Kraft und geht auf Kosten der Regeneration.“ Die ständige Verbindung ins Internet bewirke eine Verstopfung der menschlichen Schaltzentrale mit Informationen. „Erst die konzentrierte Tiefe auf eine Angelegenheit aber entspannt das Gehirn effektiv. Es braucht solche Ruhephasen, auch wenn manche erst wieder lernen müssen, diese auszuhalten.“e

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