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Streikposten am Flughafen Hannover

© dpa/Holger Hollemann

Update

Tarifkonflikt beim Sicherheitspersonal: 220.000 Passagiere von Warnstreiks an deutschen Flughäfen betroffen

Der Arbeitskampf des Sicherheitspersonals trifft gleich acht deutsche Flughäfen. Hunderte Flüge fallen aus, etliche Passagiere müssen umplanen.

An mehreren deutschen Flughäfen ist seit dem frühen Morgen das Sicherheitspersonal im Ausstand. Hunderte Flügen fallen aus, etwa 220.000 Passagiere sind nach Angaben des Flughafenverbands ADV betroffen. Weil insgesamt acht Flughäfen betroffen sind, hatte der Flughafenverband ADV bereits im voraus vor erheblichen Beeinträchtigungen für den gesamten Luftverkehr in Deutschland gewarnt.

Begonnen hat der Warnstreiktag der Gewerkschaft Verdi um Mitternacht an den Flughäfen Hamburg, Hannover und Bremen. Dort soll das Sicherheitspersonal den ganzen Dienstag nicht arbeiten. In Hamburg mussten 109 Starts und 91 Landungen annulliert werden. In Hannover waren 26 geplante Starts und 14 Landungen gestrichen, in Bremen 18 Starts und dreizehn Landungen.

Seit 2.00 Uhr beteiligt sich auch das Sicherheitspersonal an Deutschlands größtem Flughafen in Frankfurt/Main an dem Warnstreik. Dort sind etwa 5000 Beschäftigte für die Kontrolle von Passagieren und Fracht zuständig, wovon im Laufe des Tages mehr als 1000 in den Streik treten wollen. Das sei eine „beeindruckende Antwort der Beschäftigten auf die Verweigerungshaltung der Arbeitgeber“, erklärte DBB-Verhandlungsführer Volker Geyer. Bei regulärem Flugbetrieb wären an diesem Dienstag etwa 135.000 Passagiere am größten deutschen Luftverkehrsdrehkreuz erwartet worden.

In der Folge des Streits konnten Maschinen am Flughafen der Main-Metropole zwar landen und Passagiere umsteigen, aber kein Passagier zusteigen. Insgesamt wurden in Frankfurt an diesem Dienstag 610 Flüge gestrichen, also etwa die Hälfte der geplanten 1200 An- und Abflüge. Der Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport hatte Fluggäste frühzeitig aufgerufen, möglichst umzuplanen. Der Arbeitskampf in Frankfurt soll bis 20.00 Uhr dauern.

Die gute Nachricht für Berlin: Schönefeld ist nicht betroffen. Die schlechte: In Berlin-Tegel dürfte ein Großteil der 110 Flüge auf den Strecken nach Frankfurt am Main und München ausfallen. Auch an den Flughäfen Dresden, München, Leipzig/Halle und Erfurt gibt es Warnstreiks.

In München beteiligte sich nach Angaben von Landesfachbereichsleiter Kai Winkler "fast die komplette Frühschicht und Teile der Nachtschicht" an dem Streik. Nur ganz wenige Kontrollstellen seien offen. In München fielen etwa hundert von tausend geplanten Flügen aus, dies betraf nach den Worten einer Flughafensprecherin vor allem den innerdeutschen Verkehr.

In Dresden fielen 27 von 46 geplanten Flügen aus, in Leipzig 28 von 50 Flügen. In Erfurt wurde zwar auch gestreikt - dort standen aber ohnehin keine Flüge an, weshalb es keine unmittelbaren Auswirkungen gab. An den ostdeutschen Flughäfen beteiligten sich Verdi zufolge mehr als hundert Mitarbeiter am Streik. Dazu kamen an den Flughäfen Verspätungen.

Die Gewerkschaften Verdi und DBB wollen mit den Warnstreiks Druck in der laufenden Tarifrunde machen. Sie verlangen Lohnsteigerungen für die Branche mit bundesweit 23.000 Beschäftigten und eine einheitliche Bezahlung im Bereich der Passagier-, Fracht-, Personal- und Warenkontrolle an den Flughäfen.

Verdi verlangt für die Mitarbeiter brutto 20 Euro pro Stunde, der DBB fordert einen Stundenlohn von 19,50 Euro. Bislang sind die Stundenlöhne in der Branche regional sehr unterschiedlich geregelt. Verdi pocht auf deutliche Lohnerhöhungen auch in Ostdeutschland.

Bereits in der vergangenen Woche hatte es Warnstreiks des Flugsicherheitspersonals gegeben - zunächst an den Berliner Flughäfen Tegel und Schönefeld, dann in Düsseldorf, Köln/Bonn und Stuttgart. Verdi begründet die jetzige Eskalation damit, die Arbeitgeber hätten trotz der Warnsignale „kein verhandlungsfähiges Angebot“ vorgelegt.

"Bogen überspannt"

Arbeitgeber, Tourismusverbände und Wirtschaft kritisierten die Ausweitung der Warnstreiks deutlich. „Erneut wird ein Tarifkonflikt einer einzelnen Berufsgruppe auf dem Rücken von Hunderttausenden Passagieren, den Luftverkehrsbetrieben und vielen weiteren Unternehmen der deutschen Tourismuswirtschaft ausgetragen“, monierte der Generalsekretär des Bundesverbands der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW), Michael Rabe. „Von Warnstreiks, also der Idee punktueller Warnsignale Richtung Arbeitgeber, kann hier definitiv keine Rede mehr sein. Spätestens mit diesem dritten Ausstand binnen zehn Tagen wird der Bogen maßlos überspannt.“

Der Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen (BDLS) reagierte mit Unverständnis auf die aus seiner Sicht unverhältnismäßigen Warnstreiks: Die Arbeitgeberseite habe bereits im Dezember klar gemacht, dass sie zu einem neuen Angebot und zu zügigen Verhandlungen ab Jahresanfang bereit sei. Angesetzt ist die fünfte Verhandlungsrunde in dem Tarifkonflikt für 23./24. Januar in Berlin. (dpa, AFP)

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