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Google CEO Sundar Pichai und Philipp Justus, Googles Viz für deutschsprachige Länder am Dienstag bei der Eröffnung des Hauptstadtbüros des Konzerns.

© REUTERS

Update

Sundar Pichai zu Gast in der TU: Google-Chef vergleicht Herausforderungen durch KI mit Klimawandel

Google verstärkt sein Engagement in Berlin. Im neuen Hauptstadtbüro gibt sich der Konzern ganz berlinerisch. Zuvor spricht der Chef mit Studenten.

Die neuen Meetingräume heißen „Da kiekste wa“ oder „Ham wa nich“: In Googles neuem Hauptstadtbüro gegenüber von der Museumsinsel gibt sich der Konzern ganz berlinerisch. Das Verhältnis zwischen der Stadt und Google war ja zuletzt nicht einfach. Den geplanten Start-up-Campus in Kreuzberg musste der Konzern im Herbst nach heftigen Protesten aufgeben. „Wir waren überrascht wieviel Gegenwind es gab“, räumte Europachef Philipp Justus am Dienstag ein.

Trotzdem baut der Konzern seine Aktivitäten in Berlin weiter aus. Künftiges Herzstück ist das neue Büro in der Tucholskystraße, das am Dienstag eröffnet wurde. Wie wichtig den Amerikanern der Standort ist, zeigte sich auch darin, dass Google-Chef Sundar Pichai dafür nach Berlin kam. „Die Stadt entwickelt sich zu einem Innovationsmotor“, sagte Pichai. Zur Feier am Abend waren unter anderem der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD), Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) und Digitalstaatsministerin Dorothee Bär (CSU) geladen. Michael Müller rollte verbal den roten Teppich aus: "Es geht mit Google in dieser Stadt wieder voran." Außerdem äußerte er sich erstmals deutlich zu den Protesten gegen den Campus. "Ich habe mich geärgert, dass sich da ein paar Laute profiliert haben", sagte Müller. Und hieß den Konzern "nach allen Irrungen und Wirrungen" Willkommen.

Der Konzern kündigte auch eine digitale Weiterbildungsinitiative an. Google kooperiert bei dem Projekt mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und den Handelskammern (IHK) für München und Oberbayern sowie Düsseldorf. Dabei sollen Grundlagentrainings zur Vermittlung digitaler Kompetenzen entwickelt werden. Auf Basis einer Studie des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) sollen Trainingsformate entstehen, die in einer IHK-Zertifikatsprüfung münden können.

Ein paar wenige Protestierende kamen übrigens auch: In der Tucholskystraße standen, von viel Polizei abgeschirmt, etwa 30 mit Protestplakaten ausgerüstete Demonstranten.

Zahl der Google-Mitarbeiter steigt auf 300

Die Zahl der Google-Mitarbeiter in Berlin soll von derzeit 130 auf 300 steigen, auf einen Zeitraum wollte sich das Unternehmen nicht festlegen. Bislang beschäftigte Google in Berlin vor allem Vertriebsmitarbeitern und Lobbyisten, künftig werden auch Entwickler tätig sein. „Wir haben jetzt hier ein Team, das an Künstlicher Intelligenz (KI) arbeitet“, sagte Justus. Zur Größe und Ausbauplänen wollte er sich nicht äußern. Zum gescheiterten Plan eines gemeinsamen KI-Campus mit Unternehmen wie der Telekom und SAP, über den der Tagesspiegel berichtet hatte, bestätigte Justus entsprechende Gespräche. „Das waren aber nur brainstormings, es gab da kein Projekt“, sagte Googles-Europachef.

Welche Relevanz KI für den Konzern hat, zeigt ein weiterer Termin von Pichai in der Stadt. Eine ganze Stunde sprach er im Audimax der Technischen Universität Berlin vor 1200 Studierenden zu diesem Thema. Etwa 300 von ihnen hatten im Vorfeld Fragen eingereicht.

Pichai verglich die Herausforderung, die durch die Entwicklung von KI entstehe, mit der des Klimawandels. In beiden Feldern sei international koordiniertes Handeln notwendig, um weltweit gültige Rahmenbedingungen herzustellen. Dennoch plädierte Pichai dafür, „sich nicht lähmen zu lassen“ von der Angst vor möglichen Negativfolgen. „Das Schlimmste, was wir machen könnten, wäre nicht mehr an der Entwicklung von KI zu arbeiten“, sagte er. Die Menschheit habe schon sehr viele schwierige Technologien gemeistert.

Die wirklich harten Fragen entwickelten sich dann aus der Diskussion mit dem Publikum. Ein Student fragte, warum gerade Unternehmen gesellschaftliche Entwicklungen vorantreiben sollten, und nicht demokratisch legitimierte Institutionen. Pichai hielt daraufhin ein Kurzreferat über innerbetriebliche Demokratie bei Google und ließ die Frage unbeantwortet. Auch einen Kommentar zum Erfolg populistischer Politik verweigerte er. Einige Studierende waren sichtlich enttäuscht, dass Pichai offenbar kaum mehr als vorgefertigte Satzbausteine vorzutragen hatte.

Dennoch endete die Veranstaltung einigermaßen versöhnlich, als Google-Chef Pichai persönlich wurde. In seiner Jugend habe die Anschaffung eines Telefons sein Leben grundlegend verändert: Denn nun musste er nicht mehr den weiten Weg zum Krankenhaus fahren, um zu erfahren, ob die Resultate der Bluttests seiner Mutter vorlägen. „Deswegen wollte ich immer an etwas arbeiten, was das Leben von Menschen verändert“, sagte Pichai. (mit sech/bi)

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