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Will Nutzer nicht mit Werbung verfolgen: Qwant-Chef Èric Léandri

© Promo

Suchmaschine Qwant: Googeln ohne Google

Ein Franzose will das Suchmaschinen-Monopol brechen. Nutzer sollen weniger durch Werbung verfolgt werden und so bessere Angebote bekommen.

Éric Léandri bläst zum Angriff. „Wir wollen im Jahr 2018 in Deutschland vier Prozent Marktanteil erreichen“, sagt der Franzose. Das ist gelinde gesagt tollkühn. Während in anderen Geschäftsbereichen vier Prozent Marktanteil lächerlich wenig wären, gleichen sie in Léandris Branche beinahe dem Jackpot. Denn er entwickelt eine Suchmaschine. Und Suchmaschine wird von den meisten gleichgesetzt mit Google.

Wie Tempo oder Selters ist die Marke längst zum Synonym für ein Produkt geworden, seit 2004 steht „googeln“ schon im Duden. Und die Amerikaner dominieren ihren Markt wie nur wenige Unternehmen: 92 Prozent aller Suchanfragen in Deutschland landen auf den Google-Servern. Léandri weiß das natürlich auch. 2013 ist der Chef und Mitgründer mit seiner Suchmaschine Qwant gestartet. „In Frankreich haben wir jetzt vier Prozent Marktanteil“, sagt der Manager. Das ist beachtlich, schließlich versucht Microsoft seit Jahren mit seiner Suchmaschine Bing im Geschäft zu bleiben und kommt trotz großer Marketinganstrengungen kaum über fünf Prozent hinaus. Wie will also Léandri mit seinem kleinen Start-up schaffen, was dem Computergiganten aus Redmond schon nicht gelingt?

„Bing macht das gleiche wie Google“, entgegnet Léandri. Beides seien US-Unternehmen, die sich durch Werbung finanzieren. Für die Nutzer gäbe es daher kaum einen Anreiz, zu wechseln. Qwant will er dagegen als europäische Alternative positionieren, die die Privatsphäre der Nutzer respektiert. Auch das ist nicht ganz neu: Im Zuge der Snowden-Enthüllungen wurde beispielsweise DuckDuckGo als Alternative populärer, die Suchmaschine speichert deutlich weniger Informationen über ihre Nutzer. Doch die Überwachung durch Geheimdienste ist eine abstrakte Bedrohung, die letztlich doch nur wenige Menschen dazu bringt, ihr Verhalten zu ändern.

Wenn´s ums Geld geht, könnte Privatsphäre zum Argument werden

Qwant zielt dagegen auf eine Praxis ab, die jeder Internetnutzer kennt: Die zunehmende Personalisierung der Werbung. Ob Kleid, Koffer oder Kaffeemaschine – wer nach etwas bestimmten im Netz sucht, wird in den nächsten Tagen auf fast allen Webseiten mit Anzeigen für dieses Produkt verfolgt. Re-Targeting nennt sich diese Praxis. „Wer schon im Netz nach Barcelona geguckt hat, bekommt bei weiteren Suchen keine günstigen Preise für Flüge und Hotels mehr“, behauptet Léandri. Denn da Hotel- und Fluganbieter schon wüssten, dass sie einen potenziellen Käufer vor sich haben, würden sie die Preise anheben. Qwant benutze dagegen keine Cookies und andere Tools um das Verhalten der Nutzer zu speichern. „Unsere Nutzer bekommen dadurch bessere Angebote im Netz“, sagt der Franzose. Mit TV-Spots und einer zweieinhalb Millionen Euro teuren Werbekampagne will Qwant diese Vorzüge nun den Deutschen nahe bringen.

Es ist noch einmal ein Versuch, der Dominanz von Google etwas entgegen zu setzen. Der letzte ist krachend gescheitert, dabei hatte er sogar die Unterstützung auf höchster politischer Ebene. Mit bis zu 400 Millionen Euro wollten Jacques Chirac und Gerhard Schröder die Entwicklung der deutsch-französischen Suchmaschine Quaero fördern. Doch Deutschland stieg 2006 aus dem Projekt aus, 2013 wurde es endgültig beerdigt.

Kann Qwant es besser machen? Als Minimalziel hat Léandri für 2018 einen Marktanteil von zwei Prozent ausgerufen, bis 2020 hofft er gar auf acht bis zehn Prozent. „Keine Chance“, sagt Jens Fauldrath, einer der bekanntesten Experten für Suchmaschinenmarketing in Deutschland. „Mit einer TV-Kampagne kann man keine Suchreichweite aufbauen“, sagt Fauldraht. Zudem sei das Werbebudget zu klein und die Leute mit Google zu zufrieden.

Experten zweifeln an Erfolgsaussichten von Qwant

Und das ist das vielleicht größte Problem. Seit zwei Jahren hat Qwant daran gearbeitet einen eigenen Index aufzubauen, der deutschsprachige Internetseiten durchsucht und zu lernen, Suchanfragen richtig zu verstehen. Denn die Semantik der deutschen Sprache sei schwieriger als beispielsweise Italienisch oder Spanisch. "Wir sind noch nicht perfekt aber gut genug", sagt Léandri. Doch reicht das? "Der entscheidende Faktor ob eine Suchmaschine wirklich sehr gute Suchergebnisse ausspuckt, ist die Anzahl beantworteter Suchanfragen", sagt Marcus Tandler, Mitgründer des Online-Marketing-Spezialisten Ryte (lange bekannt als OnPage). Doch dabei habe Google einen kaum einholbaren Vorsprung, der zudem immer weiter wächst. Daher ist auch Tandler skeptisch: "So gerne ich auch eine europäische Suchmaschine als ernsthafte Alternative zum aktuellen quasi Monoplisten Google sehen würde - ich glaube nicht, dass Qwant mittelfristig einen einstelligen Prozentanteil am Suchmarkt erreichen kann".

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