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Berlin hat bei Investoren einen glänzenden Ruf.

© dpa

Studie zu Start-ups und Investoren: Berlin läuft London bei Investoren den Rang ab

Eine aktuelle Studie bestätigt: Berlin ist die Start-up-Metropole in Europa. Ausruhen können sich die Verantwortlichen in der Hauptstadt jedoch nicht.

Die Zinsen sind auf einem historischen Tief und an den Aktienmärkten geht es drunter und drüber. Für Unternehmensgründer auf der Suche nach Investoren könnte die Lage kaum besser sein. Zu dieser Einschätzung gelangt eine aktuelle Analyse von der Unternehmensberatung Ernst & Young. Mit 1,9 Milliarden Euro haben private Geldgeber und Investitionsfonds hierzulande demnach bereits in den ersten sechs Monaten 2015 mehr in Start-ups investiert als im gesamten abgelaufenen Jahr (1,6 Milliarden Euro). Verglichen mit dem Gesamtjahr 2013 sei es sogar fast dreimal so viel.

Mehr als eine Milliarde Euro flossen nach Berlin

Allein 1,4 Milliarden Euro landeten der Untersuchung zufolge bei Berliner Jungunternehmern. Die deutsche Hauptstadt sichert sich damit auch europaweit den ersten Platz - klar vor London. In der britischen Hauptstadt, die als weltweit bedeutender Finanzplatz ebenfalls über eine starke Gründerszene verfügt, pumpten Geldgeber im ersten Halbjahr knapp 1,1 Milliarden Euro in junge Unternehmen. "Wir haben immer gesagt, wir wollen London den Rang ablaufen und wir haben es geschafft", sagte Berlins Wirtschaftssenatorin, Cornelia Yzer (CDU) dem Tagesspiegel. "Die neuesten Zahlen bestätigen uns in unserem Kurs, im Sinne der Wirtschaftsdynamik der Stadt die Start-up-Szene weiter zu hegen und zu pflegen."

Für die Studie hatte die Unternehmensberatung die Gründer von 181 deutschen Start-ups befragt und sich die Investitionen mit Risikokapital europaweit angeschaut. Auf dem gesamten Kontinent sehen die Berater die Gründerszene im Aufschwung: 6,5 Milliarden Euro an Risikokapital seien bereits im ersten Halbjahr geflossen. Im gesamten Jahr 2014 seien es 7,6 Milliarden Euro gewesen.

Große Risikobereitschaft bei den Geldgebern

Die Risikobereitschaft nationaler und internationaler Geldgeber sei so groß wie lange nicht mehr, sagte Peter Lennartz, Partner bei der Beratungsfirma. “Mit der derzeitigen Volatilität der Märkte und der andauernden Niedrigzinsphase bieten junge, dynamische Unternehmen eine reizvolle Alternative für Investoren.” Dass sich die Berliner Start-up-Szene anschickt, London zum zweiten Mal in Folge beim Investitionsvolumen zu übertrumpfen - mit 882 Millionen Euro hatte Berlin bereits im vergangenen Jahr knapp die Nase vorn (London: 833 Millionen Euro) - spiegelt nach Ansicht der Experten das gewachsene Vertrauen wider. „Immer mehr junge Unternehmen treten den Beweis an, dass sie die vor allem mit der Digitalisierung verbundenen Umbrüche aktiv und erfolgreich mitgestalten können – das schafft Vertrauen auf Seiten der Investoren“. Im vergangenen Jahr hatten vor allem die Börsengänge der Berliner Internetunternehmen Zalando und Rocket Internet international für Beachtung gesorgt.

Berater warnen dennoch vor all zu großer Euphorie

Wie die Autoren vergleichbarer Studien warnen die Unternehmensberater von Ernst & Young jedoch vor allzu großer Euphorie. Die Finanzierung stelle nach wie vor die größte Schwierigkeit für hiesige Start-ups da. Es fehle “an einer echten Venture-Capital-Struktur, die bereits in sehr frühen Entwicklungsphasen der Unternehmen zum Einsatz kommt”, sagte Lennartz. "Ich sehe das als Warnsignal, dass sich in Deutschland die Bedingungen für Wagniskapital dringend verbessern müssen", sagte Wirtschaftssenatorin Yzer. Sie habe eine entsprechende Initiative im Bundesrat eingebracht. Um London allerdings dauerhaft abzuhängen, bedürfe es attraktiverer Rahmenbedingungen für Investoren. Mehr staatliche Förderungen könnte diese Lücke schließen, glaubt Peter Lennartz. Für die jungen Firmen ist Kapital von außen - etwa aus Investmentfonds oder von privaten Geldgebern - besonders wichtig, um schnell wachsen zu können. Dabei konkurrieren sie mit Unternehmen aus England oder den USA. Erst kürzlich hatte ein Gesetzentwurf aus dem Finanzministerium diesbezüglich für einen Aufschrei unter Gründern und Kapitalgebern gesorgt.

Das Finanzministerium will die Steuer auf Investionen in Start- ups reduzieren

Bislang bleiben Investoren, die Streubesitzanteile an Kapitalgesellschaften gewinnbringend verkaufen, praktisch steuerfrei. Voraussetzung ist, dass der Verkäufer seinen Gewinn nicht in die eigene Tasche, sondern in neue Unternehmungen steckt. Künftig sollen die Gewinne selbst dann mit 15 Prozent besteuert werden, wenn der Verkäufer das Reinvest nachweisen kann. Das Angebot des Ministerium: Wer in Start-ups investiert, bekommt eine Steuerermäßigung von 30 Prozent. Nach den jüngsten Protesten auch aus den Reihen der großen Koalition, ist aber fraglich, ob es tatsächlich so kommt. In der ersten Hälfte 2016 soll das Gesetz beschlossen werden.

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