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Individuell einkaufen: Manche Onlineshops könnten unterschiedlichen Käufern unterschiedliche Preise anbieten.

© imago images/Westend61

Studie zu personalisierten Preisen: Bekommen iPhone-Besitzer im Internet höhere Preise angezeigt?

Das Gerücht, dass Apple-Nutzer mehr zahlen für das gleiche Produkt, hält sich hartnäckig. Das Bundesjustizministerium hat nun untersucht, ob das stimmt.

Mehr Menschen denn je kaufen in der Pandemie online ein – weil es bequem ist, man Preise einfach vergleichen kann und es angesichts der flächendeckenden Schließungen im Einzelhandel vielfach nicht anders möglich ist. Umso wichtiger bleibt für Verbraucher, dass der Preis stimmt.

Doch welchen Einfluss auf die angezeigten Preise hat der Ort, an dem wir uns gerade befinden, wenn wir auf „Jetzt kaufen“ klicken, oder das Gerät beziehungsweise Nutzerkonto, mit dem wir uns auf der Seite eingeloggt haben?

Das Gerücht, dass iPhone-Nutzer mehr zahlen für das gleiche Produkt als Android-User, wenn sie ein Smartphone oder Tablet benutzen, hält sich hartnäckig. Denn an der technischen Möglichkeit, Nutzer in Schubladen zu sortieren, gibt es keinen Zweifel.

Wer sich das teure Apple-Gerät leisten kann, ist sicher auch ansonsten kaufkräftig, so die Logik hinter der Annahme, dass Firmen solche Informationen über uns nutzen könnten, um uns das jeweilige Produkt zu einem höheren Preis anzubieten.

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Empirische Belege für diese Behauptung gibt es kaum. Doch große Tech-Unternehmen wie Amazon stecken längst in einer Vertrauenskrise. Der Generalverdacht, dass Onlineplattformen und -händler die Daten, die sie über Kunden sammeln, zu ihrem eigenen Vorteil ausnutzen könnten, rührt also nicht von ungefähr.

Schließlich werden personenbezogene Daten auch für andere Zwecke genutzt, zum Beispiel um uns passende Werbung auszuspielen – perfekt abgestimmt auf unsere Bedürfnisse und Vorlieben. Oder nützliche Sucherergebnisse.

Studie findet bislang kaum personalisierte Preise

Dass Onlinehändler ihre Preise bisher aber kaum personalisieren, legt nun eine breit angelegte Studie im Auftrag des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) nahe, deren Ergebnisse dem Tagesspiegel vorliegen.

Weil es bisher kaum wissenschaftliche Studien gab, die untersuchen, welchen Einfluss persönliche Faktoren wie der Standort, Datenschutzeinstellungen oder etwa die Suchhistorie von Einkaufenden auf den Preis haben, den sie für ein bestimmtes Produkt angezeigt bekommen, wurde ein privates Forschungsinstitut an der Universität Regensburg (IBI Research) damit beauftragt.

Die Forscher haben über einen Zeitraum vom mehr als drei Monaten im Sommer 2020 Preise auf den beliebtesten Onlineshops und -plattformen sowie gängigen Preisvergleichsportalen abgefragt.

Dafür haben sie virtuelle Nutzerprofile angelegt, die unterschiedliche Endgerät-Einstellungen, Betriebssysteme, IP-Adressen oder Cookie-Einstellungen verwenden. Auch hatten die fiktiven Nutzer unterschiedliche Surfhistorien oder Nutzerkonten in sozialen Medien. Dann wurden die Preise für eine breite Produktpalette regelmäßig über den gesamten Untersuchungszeitraum automatisiert abgefragt.

Das Ergebnis: Bei der Analyse der Preisabweichungen konnte kein Zusammenhang mit persönlichen Faktoren nachgewiesen werden. Verbraucher bekommen also weitestgehend die gleichen Preise angezeigt wie andere, die zur gleichen Zeit nach demselben Produkt suchen.

Reisebuchungen sind der Bereich im Internet, bei dem am ehesten mit abweichenden Preisen gerechnet werden muss.
Reisebuchungen sind der Bereich im Internet, bei dem am ehesten mit abweichenden Preisen gerechnet werden muss.

© imago images/Eibner Europa

Lediglich in einem Fall, bei der Hotelbuchungsplattform Booking.com, fiel statistisch auf, dass Nutzer, die mit einem Smartphone buchten, standardmäßig einen „Handy-Rabatt“ von zehn Prozent erhielten – in dem Fall also eine willkommene Preisabweichung. Auch frühere Untersuchungen im Auftrag von Verbraucherschützern oder dem Handelsverband fanden keine starken Hinweise auf Preisdifferenzierung im Online-Handel.

"Die technischen Möglichkeiten werden immer ausgeklügelter"

Verbraucherstaatssekretär Christian Kastrop nennt die Ergebnisse der neuen Studie „erst einmal erfreulich“, denn Käufer zahlten beim gleichen Anbieter den gleichen Preis. „Aber die technischen Möglichkeiten der Markt- und Preisanpassungen werden immer ausgeklügelter“, warnt der Ökonom Kastrop. „Wir müssen daher auch künftig sicherstellen, dass niemand beim Online-Einkauf diskriminiert wird.“

Ohnehin unterliegen die Preise im digitalen Handel teils großen Schwankungen, auch das kann bei Verbrauchern die Frage aufwerfen, ob sie stets einen fairen Preis bekommen. Onlineanbieter setzen längst Algorithmen ein, mit denen Preise automatisch und sekundenschnell angepasst werden können – beispielsweise dann, wenn die Konkurrenz ein besseres Angebot macht.

Doch während diese Art von Preisanpassungen auf objektiven Kriterien beruhen und höchstens die Wettbewerbsaufsicht interessieren dürften, wäre eine Verbraucherdiskriminierung auch ein Fall für die künftige europäische Regulierung.

Neue Gesetze für Onlineplattformen

Der BMJV-Staatssekretär will die Entwicklungen in diesem Bereich „weiter genau beobachten“. Auf europäischer Ebene wird derzeit vor allem ein Gesetzespaket verhandelt, mit dem die die Art und Weise, wie Onlineplattformen – speziell große Marktplätze wie Amazon – in Europa agieren, neu geregelt werden soll: das Digitale-Dienste-Gesetz (Digital Services Act) und das Digitale-Märkte-Gesetz (Digital Markets Act).

Die Vorbehalte beim Thema Personalisierung werde man nicht nur dort, sondern auch bei dem bald folgenden Rechtsakt zur künstlichen Intelligenz „intensiv einbringen“, so Kastrop.

Bisher wird davon ausgegangen, dass Anwendungen von künstlicher Intelligenz – also auch Preisalgorithmen, die personenbezogene Daten auswerten – vor allem dann unter die geplante Regulierung fallen werden, wenn sie ein hohes Schädigungspotenzial aufweisen. Ob etwa auch geringfügige wirtschaftliche Schäden wie die der Verbraucher darunterfallen, ist noch nicht klar.

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