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Fördern und Fordern ist das Prinzip der Arbeitsmarktreformen unter Bundeskanzler Gerhard Schröder.

© imago/Ralph Peters

Studie über die Wirkung von Hartz IV: Ohne Arbeit kein Aufstieg

Studie über die Effekte der Hartz-Reformen: Mehr Chancen für die Betroffenen auf Unabhängigkeit und Stabilität im Leben.

Die SPD respektive ein SPD-Bundeskanzler hat die Hartz-Reformen erfunden, schlägt sich aber seit 15 Jahren damit rum und möchte sie sobald als möglich rückgängig machen. Die CDU dagegen freut sich über die Effekte der nach dem früheren VW-Personalvorstand Peter Hartz benannten Arbeitsmarktreformen und verteidigt sie: „Hartz IV ist besser als sein Ruf“, resümiert die Konrad Adenauer Stiftung eine wissenschaftliche Studie. Das wichtigste Ergebnis aus Sicht der CDU-Stiftung: Wer in einem Billiglohnjob arbeitet und ergänzende Aufstockung durch Hartz IV braucht, weil der Lohn nicht zum Leben reicht, „hat fast zweieinhalb mal höhere Chancen auf Unabhängigkeit, Lebenslaufstabilisierung und auskömmliche Arbeit“, schreibt die Stiftung als Auftraggeber einer Analyse „Aufstieg durch Einstieg in den Arbeitsmarkt“, die vom DIW Econ und der FU Berlin erstellt wurde.

Alleinerziehende mit Problemen

Die Wissenschaftler hatten sich von 2007 bis 2017 die Erwerbsbiografien von gut 12 000 Beziehern von Hartz IV- Leistungen angeschaut, um die Frage besser beantworten zu können, „ob sich das Aufstiegsversprechen durch den Einstieg in Arbeit erfüllt“. Im Prinzip, so die Antwort der Autoren, lässt ich die Frage mit Ja beantworten. Das gilt indes nicht für Alleinerziehende, ältere Arbeitslose, Langzeitarbeitslose und Personen ohne die erforderlichen Sprachkenntnisse.

Ein weiteres Problem ist die dauerhafte Beschäftigung in einem Job unterhalb des eigenen Qualifizierungsniveaus. Mit Hartz IV waren die Zumutbarkeitsregeln für die Annahme eines Jobs erheblich verschärft worden. Ein weniger anspruchsvoller und schlechter bezahlter Arbeitsplatz kann der Studie zufolge „allzu oft zu einem Dauerzustand werden“. Wenn das passiert, dann spiegelt das auch „eine Ineffizienz am Arbeitsmarkt wider, da Ressourcen nicht optimal genutzt werden“. Dagegen helfen könnte nach Einschätzung der Studienautoren eine Fortsetzung von Förderprogrammen „auch nachdem der Arbeitsmarkteinstieg bereits gelungen ist“.

Mehr Weiterbildung für Ältere

Um Alleinerziehende zu unterstützen, sollte der quantitative und qualitative Ausbau der Kinderbetreuung „für alle Altersgruppen fortgesetzt werden“. Weiterbildungsinitiativen sollten vor allem mit Blick auf ältere Beschäftigte „kraftvoll weiterverfolgt werden“. Schließlich plädieren DIW und FU für eine geringere Steuer- und Abgabenbelastung für eine untere Mittelschicht, „damit sich die Arbeitsaufnahme noch mehr lohnt“. Das finden die Arbeitgeber auch. „Die Anrechnungsregeln für eigenes Erwerbseinkommen auf das Arbeitslosengeld II müssen stärker darauf ausgerichtet werden, eine Vollzeittätigkeit aufzunehmen“, kommentierte Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA), die Ergebnisse der Hartz IV-Studie. Derzeit würden eher „kleine Beschäftigungen“ begünstigt, meinte Kampeter.

"Fördern und Fordern"

Alles in allem habe sich das von Bundeskanzler Gerhard Schröder eingeführte Prinzip „Fördern und Fordern“ in der Arbeitsmarktpolitik bewährt. Die Grundsicherung unterstütze die Menschen wirksam, ein eigenständiges Leben führen zu können. „Dort wo ihnen das trotz eigener Anstrengung nicht gelingt, greift ihnen der Sozialstaat unter die Arme“, erklärte Kampeter. Die BDA ist gegen einen deutlich höheren gesetzlichen Mindestlohn, den ja die Arbeitgeber zahlen müssten, und sieht aus sozialpolitischen Erwägungen vielmehr die Allgemeinheit in der Pflicht, über die Grundsicherung die Niedrigeinkommen über das Existenzniveau zu heben.

Um erwerbsfähige Menschen beim Einstieg in Arbeit zu unterstützen, ist auch für Kampeter eine besser Kinderbetreuung erforderlich. Und Geringqualifizierte, die etwa die Hälfte der Arbeitslosen in der Grundsicherung ausmachten, „brauchen realistische Qualifizierungsangebote“, die sie nicht überfordern und die auch auf dem Arbeitsmarkt gebraucht würden. Weiterbildung müsse in Förderketten gedacht werden, wo sich Phasen der Qualifizierung und Beschäftigung abwechseln.

5,9 Millionen Minijobber

Zu dem im europäischen Vergleich großen deutschen Niedriglohnsektor, der sich als Folge der Hartz-Gesetze gebildet hat, gehören auch die Minijobber. Nach einem coronabedingten Rückgang im Frühjahr waren im Juni 5,9 Millionen Menschen mit gewerblichen 450-Euro-Jobs gemeldet, 200 000 mehr als Ende Mai. Insgesamt liege die Zahl allerdings noch um 837 000 unter dem Vorjahresniveau, teilte die Minijob-Zentrale mit. Einbrüche gab es vor allem im Gastgewerbe sowie in den Bereichen Kunst, Unterhaltung und Erholung. Stark steigende Zahlen verzeichneten die Land- und Forstwirtschaft sowie der Bau.

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