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Lachs aus Norwegen ist bei den deutschen Verbrauchern beliebt.

© dpa

Streit ums Ökosiegel: Wird der Lachs aus Norwegen knapp?

Norwegen darf derzeit keinen Biolachs mehr in die EU exportieren. Das Absurde: Dahinter steht ein Streit, bei dem es gar nicht um Lachs geht. Sondern um Schafe.

Von Carla Neuhaus

Der Fisch am Freitag hat Tradition. Auch wenn die wenigsten wissen, warum er ausgerechnet zum Ende der Arbeitswoche aufgetischt wird, essen die meisten Deutschen ihn doch sehr gerne. 14,1 Kilogramm verspeist der Bundesbürger jedes Jahr im Schnitt, zeigen Zahlen, die das Fischinformationszentrum am Mittwoch veröffentlich hat. Während der Pro-Kopf-Verbrauch stabil bleibt, sind die Deutschen durchaus bereit, für ein gutes Stück Fisch mehr zu zahlen. „Niemals zuvor wurde in Deutschland mit 3,6 Milliarden Euro mehr Geld im Einkauf von Fisch und Meeresfrüchten ausgegeben als im Jahr 2015“, sagt Thomas Lauenroth, Vorsitzender des FischInformationszentrums. Er bestätigt: Der Lieblingsfisch der Deutschen ist und bleibt der Lachs.

Dabei ist das mit dem Lachs so eine Sache. Meist wächst er in Aquakulturen auf, wo er mit Antibiotika behandelt wird. Verbraucher- und Tierschützer raten deshalb zum Biolachs: Er wird kaum mit Antibiotika behandelt, auch haben die Tiere deutlich mehr Platz. Doch ausgerechnet der Biolachs droht nun knapp zu werden: Die EU hat nämlich dem wichtigen Importland Norwegen verboten, ihren Lachs weiterhin unter dem europäischen Biosiegel zu verkaufen. Frankreich und Schweden sind dieser Vorgabe bereits gefolgt und haben ein Importverbot durchgesetzt. In Deutschland duldet man den Biolachs bislang noch und wartet auf ein Treffen der zuständigen EU-Ökogruppe am 20. September. Gibt es dann keine Einigung, dürfte es auch in Deutschland bald keinen Biolachs aus Norwegen mehr zu kaufen geben.

Das Kuriose: Bei dem Streit geht es gar nicht um den Lachs

Matthias Keller vom Bundesmarktverband Fisch spricht von einem „politischen Irrsinn“. Denn verboten hat die EU den Import von Biolachs, obwohl sich an der Qualität des Fisches nichts geändert hat. „Der Lachs wird so produziert wie die EU das vorschreibt“, sagt Keller. Stattdessen steht hinter dem Importverbot ein Streit ums Biosiegel. Und das Kuriose ist: Dabei geht es eigentlich gar nicht um Lachs – sondern um Schafe.

Norwegen ist zwar nicht Mitglied der EU, aber Teil des Europäischen Wirtschaftsraums. Als solches hätte das Land längst die EU-Ökoverordnung beschließen müssen. Dass die Regierung in Oslo das noch nicht getan ist, liegt daran, dass sie mit den Vorgaben für die Haltung von Schafen nicht einverstanden ist. Denn die EU fordert, dass die Böden in den Schafställen größtenteils keine Ritzen haben dürfen. In vielen Betrieben ist das jedoch anders, denn durch diese Ritzen kann der Schafsurin abfließen – gibt es sie nicht, müssen die Landwirte Stroh streuen. Doch das ist aufwändiger, weshalb die norwegischen Ökobauern alles beim Alten lassen wollen.

Erst sollte der Biolachs vernichtet werden

Weil es bislang aber keine Ausnahme für Schafe gibt, sondern die Ökoverordnung ganz oder gar nicht beschlossen werden kann, bekommen nun auch die Lachse kein Biosiegel mehr. Keller vom Bundesmarktverband Fisch spricht von einer „Posse“. „Wieso ein Streit in einer Produktgruppe auf dem Rücken einer ganz anderen ausgetragen wird, ist unverständlich“, sagt er.

Ein wenig haben sich die Gemüter aber inzwischen wieder beruhigt. So hieß es zwischenzeitlich sogar, der importierte Biolachs müsse vernichtet werden. Stattdessen gilt nun: Was die EU-Staaten bereits eingekauft haben, darf weiter verkauft werden. Auch werden nationale Alleingänge wie etwa der deutsche, den Biolachs aus Norwegen vorerst weiter zu dulden, akzeptiert. Hierzulande setzt man darauf, dass die EU-Ökogruppe noch eine Lösung für das Problem findet. Gelingt das nicht, soll EU-Agrarkommissar Phil Hogan es richten, wenn er Ende September mit dem zuständigen norwegischen Minister zusammenkommt. Auch die Berliner dürften daran ein großes Interesse haben. Denn ihr Fischkonsum liegt über dem Bundesdurchschnitt. 5,7 Kilogramm pro Kopf kaufen Berlins Verbraucher laut Statistik jährlich an Fisch im Supermarkt ein. Der Fisch, den die Hauptstädter im Restaurant verspeisen, kommt noch dazu.

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