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Bei 1,25 Milliarden Euro pro Jahr will Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) die steuerliche Forschungsförderung deckeln.

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Steuerliche Förderung: Scholz will Unternehmen fünf Milliarden für Forschung bereitstellen

In den nächsten vier Jahren will der Finanzminister deutschen Firmen mit Milliarden zu neuen Innovationen verhelfen. Kritiker halten das für zu wenig.

Erst vor wenigen Wochen hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) seine Sorgen über die internationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen geäußert und deshalb eine Nationale Industriestrategie vorgelegt. Weil sich der Wettbewerb von morgen aber schon bei den Innovationen von heute entscheiden kann, arbeitet sein Minister-Kollege Olaf Scholz (SPD) aus dem Bundesfinanzministerium derzeit ebenfalls an einem Mittel, um deutsche Firmen langfristig konkurrenzfähig zu halten. Allerdings tut Scholz das nicht mit einer eigenen Strategie, sondern indem er umsetzt, was im Koalitionsvertrag geregelt ist.

Denn dort versprechen CDU/CSU und SPD „steuerliche Forschungsförderung insbesondere für forschende kleine und mittelgroße Unternehmen“. Wie das „Handelsblatt“ berichtete, hat das Bundesfinanzministerium nun einen entsprechenden Gesetzesentwurf erarbeitet. Nach Tagesspiegel-Informationen soll er am Montag kommender Woche in die Ressortabstimmung gehen. Bislang ist außerhalb des BMWi wohl nur das Kanzleramt in die Vorhaben von Scholz eingeweiht.

Der Plan des Finanzministeriums sieht eine jährliche Fördersumme von 1,25 Milliarden Euro vor. Zunächst ist von einer Laufzeit von vier Jahren die Rede, danach soll eine Evaluation erstellt werden. Insgesamt plant das BMF somit fünf Milliarden Euro ein. Bund und Länder sollen dem Entwurf zufolge jeweils die Hälfte davon zahlen.

Soll jedes Unternehmen förderfähig sein?

Förderfähig sind demnach Vorhaben im Bereich der Grundlagenforschung, der experimentellen Entwicklung oder auch der industriellen Forschung, bei der auch konkrete Produkte entwickelt werden. Auf diesem Wege sollen Innovationen und Firmen aus Deutschland gefördert werden. Pro Unternehmen und Jahr sind zwei Millionen Euro an Förderung möglich. Davon können 25 Prozent steuerlich geltend gemacht werden – für die Firmen könnte das Gesetz also bis zu 500.000 Euro steuerfreie Einnahmen bedeuten.

Die Regelungen sollen sowohl für eigenbetriebliche Forschungstätigkeiten gelten als auch Forschung und Entwicklung, die im Auftrag eines Dritten durchgeführt wird. Der Zeitplan für das Gesetz ist durchaus ambitioniert. Es soll schon ab 2020 gültig sein. Damit wären bereits in diesem Jahr getätigte Forschungsausgaben steuerlich absetzbar.

Nach den Plänen des Bundesfinanzministeriums steht der neue Fördertopf allen Unternehmen – egal welcher Größe – offen. Doch genau hier könnte noch Abstimmungsbedarf mit anderen Ressorts bestehen. Denn nicht zufällig ist im Koalitionsvertrag von „kleinen und mittelgroßen Unternehmen“ die Rede. Dem Vernehmen nach ist es Altmaier lieber, die Unterstützung bei einer gewissen Unternehmensgröße begrenzen; das „Handelsblatt“ berichtet, der Wirtschaftsminister wolle nur Firmen mit weniger als 3000 Mitarbeitern begünstigen. Doch ob die im Raum stehenden Summen die Forschungsetats der Dax-Konzerne merklich beeinflussen können, darf ohnehin bezweifelt werden.

Im Fraunhofer-Zentrum für Kognitive Produktionssysteme in Dresden werden Industrieroboter zur digitalen Funktionalisierung von 3D-Bauteilen entwickelt.
Im Fraunhofer-Zentrum für Kognitive Produktionssysteme in Dresden werden Industrieroboter zur digitalen Funktionalisierung von 3D-Bauteilen entwickelt.

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Dennoch wird Scholz’ Vorstoß im Wirtschaftsministerium grundsätzlich positiv bewertet. Gleichzeitig betont man hier aber den hohen Handlungsbedarf. „Die Innovationsaktivitäten im deutschen Mittelstand geben seit mehreren Jahren Anlass zur Sorge", sagte eine Sprecherin zu dem Gesetzesentwurf. "Deutschland gehört zu den sieben der 35 OECD-Länder, die noch keinen Gebrauch von diesem Instrument machen.“ Überdies habe das BMWi zusammen mit dem Bundesforschungsministerium bereits im August vergangenen Jahres gemeinsame Eckpunkte für eine entsprechende steuerliche Forschungsförderung vorgelegt.

Beim Koalitionspartner von Scholz stößt vor allem die Tatsache, dass man nicht über die Pläne informiert war, auf Kritik. "Es wäre vom Bundesfinanzminister - zurückhaltend formuliert - höflicher gewesen, auch den Koalitionspartner zeitgleich mit der Presse zu informieren", sagte Thomas de Maizière für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion dem Tagesspiegel. Er untermauerte aber, dass die Union weiterhin auf eine schnellstmögliche Einführung der steuerlichen Forschungsförderung insbesondere für kleine und mittelständige Unternehmen dränge.

Zu wenig Geld, zu kurzer Förderzeitraum

In der Wirtschaft fallen die Reaktionen auf die Initiative des Finanzministers überwiegend positiv aus. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) bezeichnete die Einführung steuerlicher Forschungsförderung als „überfällig“. „Darauf haben unsere Unternehmen lange gewartet“, so Hauptgeschäftsführer Joachim Lang. Er lobte vor allem, dass die Förderung „alle Unternehmen unabhängig von ihrer Größe einbezieht“. Kritisch sieht er nur die Begrenzung auf vier Jahre. „Eine durchschlagende innovationspolitische Wirkung ergibt sich nur durch eine langfristige Perspektive", so Lang.

Auch der Arbeitgeberverband Gesamtmetall begrüßte die Vorschlag von Scholz. „Es ist ein wichtiges Signal für den Standort“, sagte Hauptgeschäftsführer Oliver Zander. „Und es wäre beruhigend, wenn es das erste Anzeichen für die Einsicht der Großen Koalition dafür ist, dass Erwirtschaften vor dem Verteilen kommt.“

Kritik kommt vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA). "Mit der Deckelung der förderfähigen Aufwendungen auf zwei Millionen Euro springt das Bundesfinanzministerium deutlich zu kurz“, kritisierte Ralph Wiechers, Steuerabteilungsleiter des VDMA. „Im internationalen Standortwettbewerb reicht eine Fördersumme von maximal 500.000 Euro nicht aus“.

Selbst größere Mittelständler würden davon nur unzureichend angesprochen. Auch biete eine zeitliche Befristung auf vier Jahre keinen nachhaltigen Anreiz zur Ansiedelung von Forschung in Deutschland. In einer Stellungnahme kommentiert der Verband süffisant: "Ein großer Schritt für die Bundesregierung, ein noch zu kleiner für unsere Zukunftsfähigkeit und den Standort Deutschland."

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