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Corona-Szenerie in Fuenlabrada, im Großraum Madrid. Hier hat die spanische Regierung einen Lockdown verhängt. (Photo by OSCAR DEL POZO / AFP)

© Oscar Del Pozo/AFP

Steigende Infektionszahlen: Was würde ein zweiter Lockdown für die Wirtschaft bedeuten?

Manche Branchen stecken noch immer in der Krise, da ist in verschiedenen Regionen der Welt von neuen Lockdowns die Rede. Die Folgen wären dramatisch.

Alle Konjunkturprognosen kennen in diesen Tagen eine wesentliche Einschränkung: Solange kein zweiter Lockdown verhängt wird. Denn die Wirtschaft erholt sich gerade erst vom Herunterfahren von Produktion und Handel im Frühjahr. Die steigenden Zahlen von Corona-Infektionen im Inland, aber auch im Ausland, werden deshalb von Wirtschaftsvertretern mit großer Sorge betrachtet. Israel hat als erstes Land einen kompletten zweiten Lockdown angekündigt, andernorts wird von regionalen Maßnahmen gesprochen.

„Erneute Produktions- und Geschäftsausfälle könnten neben weiteren Umsatzeinbußen auch ganze Existenzen gefährden“, sagt Ilja Nothnagel, Mitglied der Hauptgeschäftsführung beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) dem Tagesspiegel. „Insbesondere Branchen wie Einzelhandel, Gastronomie oder Dienstleister, die von den letzten Betriebsschließungen unmittelbar betroffen waren, würden eine weitere pandemiebedingte Stilllegung der Geschäfte unter Umständen nicht verkraften.“

Doch auch für die exportorientierte deutsche Industrie wäre ein zweiter Lockdown sowohl im In- wie auch im Ausland dramatisch. „Schon jetzt sind der Aussichten der Exportwirtschaft für das kommende Jahr aufgrund der weltweit abgesackten Nachfrage nach Konsum- und Investitionsgütern schwierig“, so Nothnagel. Hinzu kämen pandemiebedingte Einschränkungen bei Produktionsstätten im Ausland. „Die Politik sollte bei den Maßnahmen zur Pandemie-Bekämpfung auch die Erfahrungen der Unternehmen aus den vergangenen Monaten einfließen lassen“, fordert sie.

Einige Branchen noch immer ohne Geschäft

Dass der Motor weltweit noch stottert, zeigt ein Blick nach Großbritannien, wo die Industrie am Dienstag einen Auftragsschwund beklagte. Experten waren zuvor von einem Plus ausgegangen.

Viele Firmen in Deutschland sind dank staatlicher Kredite und Hilfen wie dem Kurzarbeitergeld vergleichsweise glimpflich durch das Frühjahr gekommen. Allerdings gibt es Branchen, wie etwa Veranstaltungsmanagment oder Messebauer, die noch immer kaum Geschäfte machen können. Sie würde eine Verschärfung der gegenwärtigen Krise noch härter treffen. Auch Dienstleistungsbranchen wie etwa Werbung würde es zu schaffen machen, wenn den Auftraggebern aus Handel und produzierendem Gewerbe die Kunden erneut wegbrechen würden, heißt es in Wirtschaftskreisen.

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Auch die Kosten für den Staat würden durch einen zweiten Lockdown erheblich steigen. Denn es ist davon auszugehen, dass erneut Hilfen bereitgestellt werden müssten und gleichzeitig Steuereinnahmen ausbleiben würden, was wiederum notwendige Investitionen erschweren würde. Die Spirale nach unten würde am Ende fast jedes Unternehmen spüren.

Handel fordert BGB-Änderung

Wie der Handelsverband Deutschland (HDE) am Dienstag sagte, ist die Lage vor allem bei vielen Bekleidungshändlern in den Stadtzentren weiterhin kritisch, sie könnten vielfach ihre Miete nicht dauerhaft zahlen. Der Verband forderte daher eine Anpassung des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB): Es müsse klargestellt werden, dass während der Pandemie angeordnete staatliche Maßnahmen Grund für eine Änderung des Mietvertrags seien. Das Ifo-Institut legte am Dienstag seine Konjunkturprognose vor und geht darin von einem Minus in Höhe von 5,2 Prozent in diesem Jahr aus. Doch auch hier bemühte sich Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser zu betonen: „Die Unsicherheit bei den Prognosen ist sehr groß, weil niemand weiß, wie die Corona-Pandemie weiter verläuft.“ Thorsten Mumme

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