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Altkanzler Gerhard Schröder (SPD).

© Kay Nietfeld/dpa

SPD verzichtet auf Ausschluss von Gerhard Schröder: Die Altkanzler-Tragödie ist noch nicht vorbei

Die SPD-Oberen werden auch nach dem Beschluss aus Niedersachen nicht aufgeben. Sie wollen den Putin-Freund los werden und das Parteiansehen retten. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Ein gewagtes Urteil und ein vorläufiges dazu. Gerhard Schröder bleibt in der SPD. Nach Auffassung der dreiköpfigen Schiedskommission seines Unterbezirks in Hannover hat er nicht gegen die Parteiordnung verstoßen, jedenfalls nicht so schwerwiegend, dass ihm dafür die Mitgliedschaft aberkannt werden müsste. Das kann aber noch kommen. Die SPD, genauer: ihre Oberen, werden nicht locker lassen, schon um der Partei willen.

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Die abfällige Meinung über Schröder und sein Wirken, sein heutiges, hat in der SPD die Mehrheit, davon ist auszugehen. 17 Anträge gegen den Altkanzler sind ein Anhalt: Sie zeugen immerhin von anhaltendem Unwohlsein. Nach dem Urteilsspruch wird es nicht besser werden. Ungerügt heißt nicht unbescholten, und deswegen kann sich die übergeordnete Schiedskommission des Bezirks schon mal bereit machen, den Fall neu zu verhandeln.

Er hat nicht mit Putin gebrochen

Denn „Gas-Gerd“ hat den Krieg verurteilt, eindeutig, auch zum Frieden aufgefordert, sich aber unverbrüchlich als Lobbyist geäußert – und zwar der Interessen, auch der Ansichten seines vermeintlichen Freundes, des Kremlherrschers und Kriegsherrn Wladimir Putin. Gebrochen hat er mit ihm nicht, nicht einmal nach seinen vergeblichen Vermittlungsgesprächen in Moskau. Das macht Schröder angreifbar.

Zumal er glasklar ist in seinen Aussagen pro Putin. Deswegen werden Versuche, ihn in die Ecke des leicht abständigen, verbohrten Alten abzuschieben, misslingen. Schröder weiß, was er tut – und sagt.

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Jetzt hat der Meister des Klartexts sich selbst in eine Ecke geredet: die des Parias. So wird er bundes- und weltweit gesehen. Das muss die SPD mit bedenken. Es geht um ihr Ansehen hierzulande, beim Wähler, demnächst in Niedersachsen, und weit darüber hinaus: Deutschland gehört zu den G-7-Ländern.

Schröder war eine große Figur der Sozialdemokratie. War. Jetzt denkt er nunmehr an sich, an seinen Vorteil, vor allem finanziell. Das hat sich zum eklatanten Nachteil entwickelt, für die Partei wie das Land. Privatsache nennt Schröder sein Verhalten und verkennt die Tatsache, dass das, was ein früherer Kanzler tut, nie nur seine Sache ist. Diese Sache spricht gegen ihn. Welch eine Tragödie. Und das schlimmste: Sie ist noch nicht zu Ende.

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