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Für Immobilienkäufer und -bauer kommen die niedrigen Zinsen gerade recht.

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Sparer verlieren, Käufer profitieren: Das sind die Auswirkungen von Mario Draghis Zinspolitik

Studien untersuchen die Folgen der Niedrigzinspolitik: Sparer verlieren, Versicherer geraten unter Druck – Immobilienkäufer profitieren.

Mario Draghi, bis Ende Oktober acht Jahre lang Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) hat polarisiert wie kein anderer vor ihm als Notenbank-Chef. Der Leitzins, zu dem sich Banken bei der EZB Geld leihen, steht seit Jahren bei null Prozent, den Zins, den die Institute für Einlagen bei der EZB zahlen müssen, ist mit minus 0,5 Prozent negativ. Auch die von Draghi angestoßenen billionenschweren Anleihekäufe drücken den Zins. Die einen profitieren, die anderen legen deshalb drauf.

Sparer in Deutschland sehen sich als Verlierer. Banken und Sparkassen gewähren auf Einlagen keine Zinsen mehr. Sparbücher werfen als Folge der EZB-Politik nichts mehr ab, Tagesgeldkonten im Schnitt der Finanzberatung FMH zufolge nur noch 0,06 Prozent. Bei einst für hohe Zinsen bekannten Instituten ist es noch weniger.

Die ING etwa gewährt gerade noch 0,001 Prozent – für 10.000 Euro gibt es im Jahr Zinsen von lächerlichen zehn Cent. Unter Berücksichtigung der Inflationsrate verlieren Sparer Geld. Einer aktuellen Berechnung der Comdirekt-Bank lag der Realzins im vergangenen Jahr bei minus 1,29 Prozent. Damit hätten Sparer Verluste von 30,3 Milliarden Euro hinnehmen müssen – 365 Euro pro Bundesbürger.

Bezogen auf den Zeitraum von 2010 bis 2018 kommt die DZ Bank auf einen Betrag von 332 Milliarden Euro. 90 Kreditinstitute verlangen mittlerweile, so das Finanzportal Biallo, auch von Privatkunden für größere Guthaben auf Giro- und Sparkonten Zinsen analog zur EZB von 0,5 Prozent – in deren Spargebrauch eine Verwahrgebühr.

Versicherungen in Schwierigkeiten

Auch für Versicherungen wird es immer schwieriger, eine vernünftige Rendite zu erwirtschaften. Die Durchschnittsverzinsung sinkt. Laut DZ Bank haben Verbraucher bei ihren Lebensversicherungen (und bei Anleihen) von 2010 bis 2018 Einbußen in Höhe von rund 316 Milliarden Euro hinnehmen müssen.

Ähnlich kritisch ist die Situation bei Pensionskassen. Mehr als 30 stehen seit längerem unter verschärfter Beobachtung der Finanzaufsicht BaFin. Sie müssen darlegen, wie sie ihre Zusagen an Pensionäre einhalten können.

Auch Sparkassen bleiben nicht verschont

Auch die Banken und Sparkassen ringen mit der Zinspolitik der EZB. Vor allem mit dem negativen Zins, den sie dort für Einlagen zahlen müssen. Den hat die Notenbank im Oktober von minus 0,4 weiter auf minus 0,5 Prozent gedrückt – immerhin verbunden mit Freibeträgen. Seit der Einführung der Negativzinsen im Jahr 2014 haben Kreditinstitute in Euroland insgesamt 25 Milliarden Euro an die EZB überwiesen. 8,25 Milliarden davon entfielen auf deutsche Banken, zeigt eine Analyse des FinTechs Deposit Solutions.

Auch die Sparkassen leiden unter den niedrigen Zinsen.
Auch die Sparkassen leiden unter den niedrigen Zinsen.

© picture alliance / dpa

Im vergangenen Jahr seien es fast 2,5 Milliarden Euro gewesen. Immerhin sorgen die Freibeträge nach Angaben des Bundesverbandes Deutscher Banken in diesem Jahr für eine Entlastung von rund 500 Millionen Euro.

Kreditnehmer stehen dagegen auf der Gewinnerseite. Für Ratenkredite sind derzeit FMH zufolge nur rund vier Prozent Zinsen zu entrichten. Das sorgt für Entlastung bei Anschaffungen von Möbeln, weißer Ware oder eines Autos.

Negative Zinsen für Baufinanzierungen?

Noch größer sind die Vorteile für Immobilienkäufer und Häuslebauer. Finanzierungen für fünf Jahre sind laut FMH schon für einen Zins von 0,49 Prozent und im Schnitt für 0,77 Prozent zu bekommen. Bei zehn Jahren liegt die Spanne zwischen 0,60 und 1,39 Prozent bei 15 Jahren reicht sie von 0,73 bis 1,80 Prozent. Zeitweilig wurde im vergangenen Jahr sogar über negative Zinsen bei Baufinanzierungen debattiert. Laut DZ Bank summieren sich die Einsparungen für Kreditnehmer zwischen 2010 und 2019 auf insgesamt rund 290 Milliarden Euro.

Auch Aktienanleger profitieren von der ultralockeren Geldpolitik der EZB. Weil Sparanlagen und Anleihen praktisch keinen Zins mehr abwerfen – die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe ist derzeit mit rund minus 0,25 Prozent sogar negativ – werden Aktien und Aktienfonds immer attraktiver.

Das hat den Deutschen Aktienindex Dax im vergangenen Jahr um 25 Prozent nach oben getrieben. Die Entwicklung hat sich 2020 fortgesetzt. Am 22. Januar erreichte das wichtigste deutsche Börsenbarometer mit 13640 Punkten ein neues Allzeithoch.

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