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Traumhaus im Süden. In den Toplagen sind die Preise nicht so stark gefallen.

©  dpa

Spanien: Ein Ferienhaus für 15 000 Euro

In Spanien stehen eine Million Immobilien zum Verkauf – Eigentümer und Banken locken mit Schnäppchen.

Madrid - Sie hängen an Bauzäunen, Balkonen und Balustraden, in Orange, Rot, Gelb oder Weiß: „Se vende – Zu verkaufen“ steht auf unzähligen Plastikschildern. Ein Wald aus Offerten, die das ganze Ausmaß der Immobilienkrise widerspiegeln, die Spaniens Wirtschaft seit drei Jahren im Würgegriff hat und die noch lange nicht überwunden ist.

Es ist ein Crash, der jenem unkontrollierten Bauboom in den vergangenen Jahrzehnten folgte, der Preise und Immobilienbestand in schwindelerregende Höhen getrieben hatte. Nun ist Spaniens Immobilienfiesta vorbei, die Branche steht vielerorts vor dem Ruin. „Der Immobilienmarkt liegt am Boden“, resümiert ein Sparkassen-Filialchef bekümmert, der seinen Namen lieber nicht nennen will, weil sich auch sein Institut verspekulierte. Dies sei freilich für Interessenten keine schlechte Zeit, um sich unter der südlichen Sonne nach einer Immobilie umzusehen, sagt der Mann.

Im Schnitt seien die Preise seit Beginn der Krise Ende 2007 um mindestens 20 Prozent gefallen – und sie könnten noch weiterpurzeln. Kaum ein Mehrfamilienhaus, an dem nicht eine Offerte klebt. In vornehmen Siedlungen genauso wie in Arbeitervierteln, auf Mallorca, den Kanarischen Inseln und an der Costa Blanca, in der spanischen Hauptstadt Madrid ebenso wie in der Provinz. Wohnungen und Villen werden von den Bauherren verkauft, die auf einem Immobilienberg sitzen geblieben sind. Oder von den vielen privaten Eigentümern, die ihre Kredite nicht mehr zurückzahlen können und mit einem Notverkauf der Schuldenfalle entkommen wollen. Oder Geldinstitute verkaufen Häuser und Wohnungen, weil sie nach der Pleite tausender Baufirmen und Makler sowie der Pfändung säumiger Hypothekenzahler so schnell wie möglich neue Besitzer für die einkassierten Immobilien finden müssen, um ihre aus dem Lot geratenen Bilanzen zu sanieren.

Man muss nur einmal die Internetportale der bekannten spanischen Sparkassen „Caixa“, „Caja Madrid“, „Caja Mediterraneo“ oder des mallorquinischen Instituts „Sa Nostra“ durchblättern, um einen Eindruck von der Schlussverkaufsstimmung zu bekommen: „Bis zu 60 Prozent billiger“, „Jetzt ist der beste Moment zum Kaufen“, locken die Institute. Oder: „Früher 350 000 Euro, jetzt 210 000 Euro”, „100-prozentige Finanzierung“. Der Kunde ist in Zeiten der Krise – in der viele Immobilien angeboten, aber nur wenige verkauft werden – wieder König. Der Verhandlungsspielraum ist groß. „Machen Sie uns Ihren Preisvorschlag“, lockt etwa die „Caixa“ für den Fall, dass dem Kunden die „38 Prozent Preisnachlass“ für eine 88 Quadratmeter große Altbauwohnung in der Madrider Innenstadt noch nicht genug sein sollten.

Für Traumvillen am Strand, Luxuswohnungen mit Meerblick oder Ferienimmobilien in guter Lage sind die Preise freilich nicht ganz so ins Rutschen geraten. Es gibt Nachlässe, aber deutlich geringere. Das gilt auch für die beliebte Ferieninsel Mallorca, wo zwar ebenfalls Schnäppchen warten, diese aber nicht ganz so breit gestreut sind, weil in dem Urlaubsparadies der Markt etwas weniger als andernorts eingebrochen ist.

Doch auch auf den Balearischen Inseln, zu denen neben Mallorca noch Ibiza, Menorca und Formentera zählen, stehen annähernd 50 000 Wohnobjekte leer. In ganz Spanien werden derzeit schätzungsweise eine Million Immobilien zum Verkauf angeboten – vielleicht sogar mehr. Nach einer Studie des Internet-Immobilienportals „pisos.com“ bewegt sich das Preisspektrum der Angebote derzeit zwischen 15 000 und 15 Millionen Euro. Für 15 000 sei etwa ein kleines renovierungsbedürftiges Dorfhäuschen in der nordspanischen Rotwein-Region Rioja zu haben. Für 15 Millionen eine 2600 Quadratmeter große Luxusvilla am Stadtrand der Hauptstadt Madrid. Doch angesichts der weiterhin hohen Arbeitslosigkeit von derzeit 20 Prozent in Spanien und empfindlichen Einkommensverlusten in fast allen Familien verspüren die meisten Spanier derzeit wenig Lust, sich in neue Immobilienabenteuer zu stürzen.

Derweil steigt die Nachfrage von Interessenten aus anderen europäischen Ländern, vor allem für Immobilien an den Küsten, steil an. Nicht nur wer kaufen will, hat Chancen, gute Angebote zu finden. Auch das langfristige Mieten von Immobilien kann interessant sein. Immer mehr Objekte werden zur „Miete mit späterer Kaufoption“ offeriert. Tausende leer stehende Ferienwohnungen und Chalets an der Mittelmeerküste werden von den Eigentümern teilweise sogar derart günstig zur Dauermiete angeboten, dass dies auch für ausländische Spanienfreunde eine bedenkenswerte Alternative zum Kauf ist – und zudem vergleichsweise risikolos. Ralph Schulze

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