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Smalltalk lernen: Redekunst

Keine Angst vor Banalitäten: Smalltalk ist ein Eisbrecher für jedes Gespräch. Und darum so wichtig für die Karriere.

Erstmal ans Buffet, dann ist man beschäftigt. Der Kongress ist zwar spannend, aber leider kennt man keinen der anderen Teilnehmer. Und zu welchem Grüppchen soll man sich bloß gleich stellen mit seinem Teller? Und was soll man sagen? Jeder kennt solche oder ähnliche Situationen, in denen Smalltalk gefordert ist mit Menschen, die man entweder gar nicht oder nur kaum kennt. „Es ist die größte Angst von allen, dass das Gespräch ungewollt ist und man auf Ablehnung stößt“, sagen Ilona Quick und Renate Birkenstock. Seit zehn Jahren beschäftigen sie sich mit dem Thema und arbeiten als Smalltalk-Coaches für Firmen in Berlin. Dabei sei es die Ausnahme, an einen Gesprächsmuffel zu geraten. „Smalltalk ist der Einstieg für ein Verhandlungs- oder Fachgespräch oder einfach um Kontakte zu knüpfen“, sagen sie. Und darum eine wichtige Schlüsselqualifikation für die Karriere. „Ohne Smalltalk ist beruflicher Erfolg kaum möglich“, schreibt Karriereberaterin Svenja Hofert in ihrem Buch „Karrieretipps für jeden Tag“. „No big talk without small talk“, ist das Motto von Quick und Birkenstock, also kein wichtiges Gespräch ohne die kleine Plauderei am Anfang. Man müsse es nur üben und ein paar einfache Regeln befolgen – „dann klappt das schon“. Jeder kann das lernen und sich so Vorteile im Beruf verschaffen. Laut einer IBM-Studie entscheidet über den Karriereerfolg zu 60 Prozent die Bekanntheit, zu 30 Prozent das Image und nur zu zehn Prozent die Qualifikation. Wer also mit niemandem spricht, wird nicht gesehen – egal wie gut man ist.

WAS GEHT UND WAS NICHT
Aber kann man mit einem potenziellen Kunden oder dem Chef tatsächlich über das Wetter reden? Das ist doch viel zu oberflächlich, denken viele. Und verkrampfen in solchen Situationen. Doch sie liegen falsch. Es geht darum, Gemeinsamkeiten zu finden und so eine positive Stimmung und Sympathie zu erzeugen. Und sich dadurch den Zugang zum Gegenüber zu erschließen – sei es der Chef, ein Kunde oder ein neuer Kontakt. Das gelingt am ehesten über naheliegende Themen, die für jeden interessant sind. „Mit dem Wetter liegen Sie nie falsch“, schreibt Svenja Hofert. Andere Themen könnten die Anreise sein oder der Ort, an dem man sich befindet. Reisen, Urlaub, gesellschaftliche Ereignisse oder Genüsse wie Essen und Trinken funktionieren auch immer.

„Gut ist es, Gemeinsamkeiten zu suchen und einander in seinen Ansichten zu bestätigen“, sagt auch Frank Naumann, der das Buch „Die Kunst des Smalltalk: Leicht ins Gespräch kommen, locker Kontakte knüpfen“ geschrieben hat. Er rät, thematisch erstmal an der Oberfläche zu bleiben, „um gegebenenfalls ohne Gesichtsverlust voneinander wieder scheiden zu können, wenn man schon an der Oberfläche keinen gemeinsamen Punkt findet.“ Smalltalk ist das Aufwärmen, man sollte nie mit Sachinformationen starten – es braucht das lockere Wort davor, dazwischen und danach, betont auch Svenja Hofert.

„Vor allem hochausgebildete Fachkräfte meinen oft, es sei zu banal, sich mit Geplänkel aufzuhalten“, sagt Ilona Quick. Stattdessen kämen sie lieber gleich zur Sache. Doch genau das sei falsch. Die Trainerinnen betonen: Es gehe darum, das Eis zu brechen, eine gemeinsame Basis zu schaffen, um dann auf ein Anliegen zu kommen. Svenja Hofert rät, ein Interesse am Gesprächspartner zu zeigen, indem man genau zuhört und auf das Gesagte eingeht. Ganz wichtig: authentisch bleiben. „Der andere merkt, wenn man sich verstellt“, sagt Renate Birkenstock. Ein häufiger Fehler sei es, kleine Meinungsverschiedenheiten lange ausdiskutieren zu wollen, statt großzügig darüber hinweg zu sehen und lieber zu einem einvernehmlichen Thema zu wechseln, sagt Frank Naumann. Auch die Berliner Trainerinnen Quick und Birkenstock warnen vor Themen mit Streitpotenzial: Politik, Religion, Krankheit, aber auch jammern und negative Äußerungen über die eigene Firma seien zu vermeiden.

ÜBEN, ÜBEN, ÜBEN

Den meisten Menschen fällt es nicht leicht, mit Fremden ins Gespräch zu kommen. Es gibt zahlreiche Coaches, Ratgeber oder auch kostengünstige Volkshochschulkurse, um das zu lernen. Am besten bucht man Gruppenseminare, damit man in Rollenspielen den Smalltalk üben kann. Über die Internetseite www.emagister.de findet man etwa Kurse, die in Berlin stattfinden. Auch Firmen schicken ihre Angestellten zu solchen Schulungen oder engagieren Trainer, die ins Unternehmen kommen.

Die Berliner Trainerinnen Quick und Birkenstock raten, nach dem Seminar mindestens drei Mal am Tag Smalltalk zu üben – im privaten Bereich. Damit man die Angst verliert, auf Menschen zuzugehen und das Selbstbewusstsein steigt. Sie empfehlen, Situationen zu wählen, die unverfänglich sind. Etwa an der Fleischer- oder Käsetheke. Man wäre überrascht, wie positiv die Erfahrungen sein würden, sagen sie. Denn meist freuten sich die Menschen, wenn sie angesprochen würden und auch mal ein bisschen Plaudern könnten. Auch eine Party, eine Vernissage oder ein Essen bei Freunden mit Gästen, die man nicht kennt, sind Gelegenheiten zum trainieren. Alles, damit man lernt, sich mit dem Smalltalk wohlzufühlen.

IM FAHRSTUHL

Nach ein bisschen Übung auf privatem Parkett kann man sich in beruflichen Situationen ausprobieren. Für den Anfang eignen sich kurze Gespräche mit einem natürlichen Ende. Im Fahrstuhl etwa oder auf dem Weg zum Parkplatz. Zuerst gilt es, die Gesprächssituation zu deuten: Wie viel Zeit hat man, wirkt das Gegenüber sehr gestresst? Der gemeinsame Gang zum Parkplatz oder eine Fahrstuhlfahrt sind also nicht geeignet, eine komplexe Idee vorzustellen. Die Trainerinnen Quick und Birkenstock empfehlen folgende Strategie: Nach einem unverfänglichen Gespräch über Offensichtliches wie das Wetter oder die Feierabendplanung sei es eine hervorragende Gelegenheit, sich mit Namen und Funktion in der Firma vorzustellen – falls das Gegenüber einen nicht kennt. Damit sei auch die Basis geschaffen, gegebenenfalls anzumerken, dass man gerne mal über eine Idee oder Anliegen sprechen würde. Mit dem Öffnen der Fahrstuhltür hat die Situation ein natürliches Ende gefunden und man kann sich unkompliziert verabschieden.

AUF FREIEM PARKETT
Anders ist es auf einem Kongress. Dies ist eine gute Gelegenheit, neue Kontakte zu knüpfen und Fachgespräche zu führen. Der Smalltalk ist wieder der Eisbrecher und Türöffner. Etwa in der Mittagspause, in der sich sowieso alle an Stehtischen versammeln. „Die Kaffeetasse ist ein gutes Alibi, um einen Tisch anzusteuern, denn man muss die ja irgendwo abstellen“, sagt Ilona Quick. Der erste Tipp: eine Gruppe mit einer ungeraden Zahl auswählen. Stehen drei Menschen zusammen, kann man sich erstmal mit einem unterhalten und die anderen zwei führen ihr Gespräch weiter. Die richtige Strategie ist laut den Berliner Smalltalk-Trainerinnen, erstmal zuzuhören, Blickkontakt herzustellen und sich ansprechen zu lassen. Oder sich in einer Gesprächspause ins Gespräch einzuklinken – aber nicht sofort, nachdem man sich dazu gestellt hat. Nun sei wieder der Moment gekommen, sich mit seinem Namen vorzustellen und eine kleine Info zu sich geben. Über oberflächliche Themen, das Aufgreifen von vorher Gesagtem oder Fragen an das Gegenüber kann man das Eis brechen. Allerdings sollte man nicht die ganze Zeit an einem Menschen oder einer Gruppe kleben, sondern weitere Kontakte knüpfen.

Anders als im Fahrstuhl muss man jetzt das Gespräch aktiv beenden. Auch hier gilt: Ehrlichkeit. Galant sei es, das Gespräch nochmal zusammenzufassen, die Qualifikation des anderen als Anlass für weiteren Kontakt nach dem Kongress zu nehmen, die Visitenkarten zu tauschen, sich für das nette Gespräch zu bedanken und sich zu verabschieden. Etwa mit den Worten, dass man sich hoffentlich nochmal später auf der Veranstaltung begegne. „Man kann auch sagen, dass man jemanden gesehen hat, den man kennt und mit dem auch noch gerne Plaudern würde“, sagt Birkenstock. Oder dass man noch zirkulieren wolle, um die anderen Teilnehmer kennen zu lernen. Das sei besser als eine Ausrede zu erfinden, um das Gespräch zu beenden. Alternativ könne man die neue Bekanntschaft auch einfach mitnehmen zu seinem Bekannten.

Und wer doch mal an einen Gesprächsmuffel gerät: das ist nicht die eigene Schuld.

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