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Eine lebensgroße Puppe von Friedrich Wilhelm Raiffeisen. Am 30. März wäre er 200 Jahre alt geworden.

© Thomas Frey/dpa

Schwund der Filialen: Das Bankensterben auf dem Land

In den 1970er-Jahren gab es in fast jedem Dorf eine Filiale der örtlichen Genossenschaftsbank. Geblieben ist oft nur noch ein Geldautomat – oder eine Handy-App.

Der Schrumpfungsprozess im Lager der Volks- und Raiffeisenbanken geht weiter. Im vergangenen Jahr verschwanden 57 Institute, weil sie mit anderen Häusern fusionierten. Am Jahresende zählte der Branchenverband BVR noch 915 Banken, wie dessen neue Präsidentin Marija Kolak am Dienstag in Frankfurt berichtete. Im laufenden Jahr werden es erneut rund 50 weniger sein, deutete sie an. Obwohl die Volks- und Raiffeisenbanken auch mit der Konkurrenz von Direktbanken und Onlinebrokern kämpfen, ist ein solches Institut im Volksbanken-Lager nicht geplant.

„Eine genossenschaftliche Direktbank wird es nicht geben“. Man werde aber die Digitalisierung der Geschäfte und Angebote weiter vorantreiben, alle Zugangswege anbieten und nahe am Kunden bleiben, auch über die App. „Eine Bank in der Tasche ist auch eine Form von Nähe“, meint Kolak.

1970 gab es in Deutschland noch rund 7100 Volks- und Raiffeisenbanken, im Jahr 2000 waren es 1800, seitdem hat sich die Zahl noch einmal halbiert. Wie weit der Schrumpfungsprozess noch gehen werde, lässt Kolak, zuletzt Vorstandsmitglied der Berliner Volksbank, offen. Mit der Verringerung der Banken sinkt logischerweise auch die Anzahl der Filialen – im vergangenen Jahr um rund sechs Prozent oder 622 auf 10 193. Auf dem Höhepunkt waren es im Jahr 1991 noch mehr als 20 800.

Das Gebäude der Raiffeisenbank in Gmund am Tegernsee.
Das Gebäude der Raiffeisenbank in Gmund am Tegernsee.

© Peter Kneffel/dpa

Zahl der Kunden stabil

Neben den Filialen betreiben die Volks- und Raiffeisenbanken noch 3600 Ableger, die nur mit Automaten bestückt sind. Die Zahl der Beschäftigten ging im vergangenen Jahr um drei Prozent auf 146 500 zurück, bedingt vor allem dadurch, dass Mitarbeiter das Rentenalter erreichten. Durch den Schrumpfungsprozess sanken 2017 auch die Verwaltungs- und Personalkosten und konnten so zusammen mit höheren Provisionseinnahmen den weiter rückläufigen Zinsüberschuss mehr als ausgleichen. Stark gefragt waren Immobilienkredite für Privatkunden bei einem Plus von gut fünf Prozent auf 233 Milliarden Euro. Insgesamt stieg der Kreditbestand auf den Rekordwert von fast 560 Milliarden Euro. Auch die Kundeneinlagen erhöhten sich um vier Prozent auf 662 Milliarden Euro. Der Nettogewinn der Institute erhöhte sich um rund fünf Prozent auf knapp 1,6 Milliarden Euro.

Obwohl die Banken an der Gebührenschraube gedreht haben und zum Teil sogar Geld verlangen, wenn Kunden vom eigenen Konto am Geldautomaten Bares abheben, ist die Zahl der Kunden nach Angaben von BVR-Vorstandsmitglied Andreas Martin bei 30 Millionen stabil geblieben. 2017 seien sogar 50 000 Girokonten neu eröffnet worden.

Gegen europäische Einlagensicherung

Größte Bedenken hat der BVR gegen die geplante europäische Einlagensicherung. Damit wären, so BVR-Vorstandsmitglied Gerhard Hofmann, gravierende Folgen für Verbraucher und für kleine und mittelständische Unternehmen verbunden. Zum einen sinke die Sicherungsgrenze für Einlagen auf 100 000 Euro (aktuell geht sie bei deutschen Instituten in die Millionen), zum anderen hafteten deutsche Einleger mit, wenn Banken in anderen Euroländer in Schieflage gerieten und deren Kunden entschädigt werden müssten.

Für den genossenschaftlichen Bankensektor steht dabei die bewährte Institutssicherung auf dem Spiel. Dabei garantieren die Institute nicht für die jeweiligen Kundeneinlagen sondern insgesamt für die Geldhäuser der Gruppe. „In 84 Jahren hat der genossenschaftliche Bankensektor noch nie staatliche Hilfe in Anspruch genommen, noch nie hat ein Einleger Geld verloren. Für uns ist die Institutssicherung ein Kulturgut, dass wir nicht für eine europäische Lösung aufgeben“, so Hofmann.

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