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Arbeit in einem Coworking-Space: Gründerinnen sind mutiger geworden.

© imago/Westend61

Schwierige Bedingungen: Nur wenige Frauen wagen Start-up

Nur 15 Prozent der deutschen Start-ups werden von Frauen gegründet. Dabei sieht eine aktuelle Studie großes Potenzial.

Eine stille Wohnung, kein Kindergeschrei, keiner, der etwas von einem will. Wenn die Kinder mal nicht zuhause sind, konzentrierter und länger arbeiten. Doch statt um 18 Uhr ist erst um 22 Uhr Feierabend. Vielen Gründerinnen geht das so. Auch Verena Pausder, Gründerin des Start-ups Fox & Sheep und dreifache Mutter. „Frauen sammeln zuerst Berufserfahrung, legen Geld zur Seite und entscheiden sich dann entweder für die Familie oder die Unternehmensgründung. Beides miteinander zu verbinden ist eher die Ausnahme als die Regel“, sagt sie.

Die deutsche Gründungsszene erschwert es Frauen immer noch, erfolgreich ein Start-up zu etablieren. Und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf spielt für Frauen eine größere Rolle als für Männer. Beide Erkenntnisse stammen aus dem Female Founder Monitor, der vom Bundesverband Deutsche Startups am Donnerstag veröffentlicht wurde.

Nach wie vor werden demnach nur 15,1 Prozent der deutschen Start-ups von Frauen gegründet. Der Anteil von Gründerinnen lag 2018 im Vergleich zum Vorjahr bei 14,6 Prozent. Ein Stillstand zeichnet sich ab. Damit ist Deutschlands Start-up-Szene nicht alleine. An den Standorten der innovativsten Start-ups zeichnet sich ein ähnliches Bild ab: Der Anteil der Start-up-Gründerinnen im Silicon Valley liegt zum Beispiel bei 16 Prozent, in London sind es 15 Prozent und in Tel Aviv acht Prozent.

Mütter mit Kindern arbeiten knapp sechs Stunden weniger als Gründerinnen ohne Kinder. Ob die von Müttern gegründete Start-ups darunter leiden? Verena Pausder sieht das nicht so. „Frauen mit Kind sind wahnsinnig effizient, denn sie takten ihren Tag konsequent durch und wissen zu jeder Zeit, wo ihre Prioritäten liegen. Ich glaube also nicht, dass das ein Wettbewerbsnachteil ist. Im Gegenteil: Etwas Abstand und ein frischer Blick auf die Dinge ist ein absoluter Mehrwert für ein Startup.“, heißt es in der Studie.

Die Untersuchung beleuchtet auch die Ursachen für den geringen Anteil an Gründerinnen in der Szene. Im Vergleich zu Männern gründen Frauen wesentlich häufiger allein und im Durchschnitt kleinere Start-ups. Frauen sei es wichtiger, ein finanziell abgesichertes Unternehmen zu haben, anstatt im Markt aktiver zu sein und zu wachsen. Dadurch besäßen von Frauen gegründete Start-ups auch weniger Kapital, so die Studie.

Berufstätige Mütter takten ihren Tag konsequent

An der Untersuchung, die zum zweiten Mal durchgeführt wurde, nahmen 3747 Personen teil, darunter waren 556 Gründerinnen (15,1 Prozent) und 3181 Gründer. Das erklärte Ziel der Studie ist es, Frauen zu motivieren, mehr Unternehmertum zu wagen. Gründerinnen werden in ihrem Vorhaben durch Internetportale, die bundesweite Gründerinnenagentur und weitere Beratungsangebote unterstützt.

Eine weitere Ursache dafür, dass Frauen in Start-ups unterrepräsentiert sind, sieht der Bundesverband in traditionellen Rollenbildern. Diese schreiben Frauen weniger wirtschaftliche, innovative Fähigkeiten und Führungskompetenzen zu. Dadurch würden Investoren Frauen und ihre Start-ups weniger zutrauen und ihnen deshalb weniger finanzielle Unterstützung zusagen - Basis einer Start-up-Gründung. Außerdem assoziieren Investoren klassischerweise den Erfolg eines Start-ups mit aggressivem Handeln und dem Fokus auf schnellem Wachstum.

Verena Pausder wünscht sich von der Politik, dass Elterngeld nicht nur zu bekommen, wenn man sich entscheide, zu Hause zu bleiben. „Stattdessen sollte man es auch für eine gewisse Zeit dafür nutzen können, die Betreuung des Kindes zu Hause zu organisieren, während man wieder arbeiten geht. Das führt nämlich dazu, dass Frauen früher zurück in ihren Job können und gleichzeitig ihr Kind im ersten Jahr zu Hause betreuen lassen können“, sagt sie.

Ein positives Beispiel ist das Berliner Social Start-up CorrelAid, das sich für die Beteiligung von Frauen aktiv einsetzt. Seit 2015 hat der Verein für seine Projekte und Gremien eine 50-prozentige Frauenquote festgesetzt. Für Johannes Müller, Gründer von CorrelAid, ist die Quote wichtig „vor allem in Bereichen, in denen Frauen noch unterrepräsentiert sind“. Sein Start-up arbeitet im Bereich der Datenanalyse. Wenn es für ein Projekt nicht genug Bewerberinnen gäbe, würde das Team aktiv und versuchen, Frauen anzusprechen und zu einer Bewerbung zu ermutigen.

Gründerinnen sind mutiger geworden

Der Female Founder Monitor zeigt auch Veränderungen zum Vorjahr: Gründerinnen achten im Vergleich zu 2017 bewusster nicht nur auf die finanzielle, stabile Lage ihrer Gründung, sondern auch darauf, das Potenzial auszuschöpfen und zu wachsen. Hinzu kommt, dass Gründerinnen mutiger geworden sind, sich mit ihrem Start-up auch international zu vernetzen. Das scheint finanzielle Erfolge zu haben: Von Frauen geführte Start-ups planen mehr Kapital aufzunehmen als im Vorjahr.

Und wie steht es nun um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf? Laut Studie seien Gründerinnen wesentlich stärker familiär eingebunden und würden dadurch flexibler ihre Arbeit einteilen können. Das gilt auch für Verena Pausder. Als Mutter und verheiratet mit einem Gründer-Ehemann wird sie häufig nach der Vereinbarkeit von Familie und Beruf gefragt. Ihr Mann hingegen kaum. Gründerszene und Familie funktioniere zusammen, sagt sie. Ihr sei es vor allem wichtig zu zeigen: „Auch als Mann ist es möglich, zu gründen und sich gleichzeitig um seine Familie zu kümmern. Jeder Mann, der mehr macht, entlastet eine Frau.“

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